Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gefühlskarussell in der Bundesliga: Jubel, Trubel, Eierkuchen
> Warum gibt es denn kein Wort für voreilige Freude, der die große
> Ernüchterung folgt? Es gibt doch auch Fußball.
Bild: Vorzeitiger Freude: Augsburgs Mergin Berisha (r.) ahnte noch seinem Treff…
Freude, Vorfreude, Freudenfest, Freudentränen, Freudentaumel,
freudestrahlend – wie diese kleine Auswahl zeigt, gibt es eine Menge
deutscher Wörter, mit denen der Zustand großer Entzückung beschrieben
werden kann. Gut, und natürlich die Schadenfreude, die aber an diesem
Spieltag nicht angebracht ist und deswegen ignoriert wird.
Was es dagegen nicht gibt, ist ein Wort für voreilige Freude, der große
Ernüchterung folgt. Das ist erstaunlich, denn schließlich wird in
Deutschland seit 1874 Fußball gespielt. Voreilige Freude geht so:
Irgendwann nach dem Anpfiff fällt ein Tor, und alle stellen sich an, als ob
das Spiel sofort danach abgepfiffen wird. [1][Fans fallen einander höchst
beglückt und derart wahllos in die Arme], dass die Umarmung durchaus den
Blödmann oder die Blödfrau vom spießigen Deppenfanklub treffen kann,
vollkommen egal, Toooooor!
Der Stadionsprecher annonciert den Treffer wie den Gewinn der
Fußballweltmeisterschaft, während die örtliche Prominenz wohlwollend
klatscht. Und der Torschütze läuft außer sich vor Ekstase ungeordnet über
das Spielfeld, gern auch mit über den Kopf gezogenem Trikot, prallt aber
meistens nicht mit anderen Spielern, Kameras oder der Bande zusammen, was
für sich betrachtet noch einmal ein separater Grund zu Freude ist.
Solche Szenen werden nur wenig später für grenzenloses Mitleid (oder
Schadenfreude, aber – wie gesagt – die ignorieren wir ja heute) sorgen,
wenn die 1:5-Niederlage des ursprünglich so bejubelt in Führung gegangenen
Vereins noch einmal in all ihrer ganzen Pracht im Fernsehen vorgeführt
wird.
## Grundkurs Coolness für Augsburg
Eigentlich wäre es schon sinnvoller, mit dem Freudengetaumel zu warten, bis
der Glücksgrund auch wirklich eingetreten ist, aber Menschen freuen sich
halt einfach gern, und deswegen wird auch weiterhin zum Beispiel nach
Wahlen und Toren gefeiert, obwohl das tatsächliche Ende nicht absehbar ist.
Womit wir [2][zum FC Augsburg kommen], einem Verein, gegen den nicht sehr
viel vorliegt, außer in der Zweitliga-Saison 1982/83 [3][den MSV Duisburg]
gleich zweimal geschlagen zu haben, aber andererseits stieg Augsburg damals
zur Strafe gleich wieder in die Bayernliga ab, und man soll ja nicht allzu
nachtragend sein.
Was war das für eine große Freude nach den drei Toren. Aber nur bis zur
gelb-roten Karte, nach der das Unglück seinen Lauf nahm. Nun soll der FCA
lernen, cool zu sein, erklärte Geschäftsführer Stefan Reuter nach dem 3:3,
was eine interessante Vorstellung ist, so ein Grundkurs Coolness für
absolute Anfänger, denn voreilig gefreut wird sich mutmaßlich auch
weiterhin.
23 Oct 2022
## LINKS
[1] /Halbfinale-Europa-League/!5592094
[2] /Kolumne-Press-Schlag/!5096111
[3] /Neues-aus-Bundesliga-Bundeslaendern/!5659484
## AUTOREN
Elke Wittich
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Gefühle
FC Augsburg
Kolumne Press-Schlag
Kolumne Kulturbeutel
FC Bayern München
FC Bayern München
Kolumne Frühsport
## ARTIKEL ZUM THEMA
Start der Bundesliga: Elend ohne Supershow
Die Männerbundesliga wird wenig feierlich mit einem Bayernsieg und einem
Punkt für Augsburg eröffnet. Der Beginn erinnert ein bisschen an Silvester.
Kreative Fußballfans: Kunst und Verbrechen
Bei Schalke gibt es Kunst zu sehen – schöner, als es die Polizei erlaubt.
Andernorts ist gar nichts erlaubt, nicht einmal das betreten der Stadt.
Es kriselt beim FC Bayern: Ausgleich der Gerechtigkeit
… und der Herbst ihres Missvergnügens: Die Bayern schlingern wie
jahreszeitüblich durch die Liga.
Remis im Bundesliga-Spitzenspiel: Was erlauben Union
Bayern München kann gegen Union Berlin ausnahmsweise nur einen Punkt holen.
Schon macht das Wort „Bayernkrise“ die Runde.
Tratsch beim Männerfußball: Fenster mit Mängeln
RB Leipzig lebt von Wettbewerbsverzerrung bei Transfers und beklagt sie
nun. Und natürlich wundert sich auch der FC Bayern vornehmlich über andere.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.