| # taz.de -- Bundespräsidentenwahl in Österreich: Generationswechsel steht bev… | |
| > Alexander Van der Bellen bleibt Bundespräsident. Er steht für Stabilität | |
| > – aber sein Rückhalt war unter den Jüngeren geringer als im Durchschnitt. | |
| Bild: Alexander Van der Bellen am Wahltag in Wien | |
| Alexander van der Bellen [1][ist als österreichischer Bundespräsident klar | |
| wiedergewählt] – mit voraussichtlich 56 Prozent. Unklar war vorher, ob es | |
| schon im ersten Wahlgang reichen würde. Schließlich hatte er sechs | |
| Gegenkandidaten, die ihn von rechts und links attackierten. | |
| Als ehemaliger Parteichef der Grünen war er vor sechs Jahren von außen | |
| gekommen. Nie zuvor hatte jemand anderer als ein von ÖVP oder SPÖ | |
| aufgestellter Politiker das Amt bekleidet. Jetzt trat er mit der | |
| wohlwollenden Unterstützung fast aller Parteien als „Systemkandidat“ an, | |
| bekam also stellvertretend den Frust all jener zu spüren, die sich von der | |
| Regierung oder der Politik im Allgemeinen unverstanden oder schlecht | |
| behandelt fühlen. | |
| Wenn der 78-jährige Van der Bellen also schon im ersten Wahlgang relativ | |
| deutlich gewonnen hat, so ist das seiner souveränen Amtsführung zu | |
| verdanken und erklärt sich aus dem Wunsch der Bevölkerung nach Stabilität | |
| in stürmischen Zeiten. Er hat das Land mit sicherer Hand durch [2][die | |
| Ibiza-Krise] geführt. Er ließ nicht zu, dass aus einer der innenpolitischen | |
| Turbulenzen eine Staatskrise erwuchs, und ging mit seinen durchaus weit | |
| gefassten Vollmachten immer zurückhaltend um. Angesichts der | |
| Korruptionsskandale attestierte er seinen Landsleuten, was inzwischen zum | |
| geflügelten Wort wurde: „So sind wir nicht.“ Vielleicht etwas voreilig. | |
| Jedenfalls verlor er nie seinen Humor. | |
| Mehr als zwei Amtszeiten sieht die Verfassung nicht vor. Spätestens in | |
| sechs Jahren werden die Traditionsparteien SPÖ und ÖVP darüber nachdenken | |
| müssen, warum sie bisher keine geeigneten Frauen für das höchste Amt | |
| hervorgebracht haben. Die völlige Abwesenheit von Kandidatinnen ist in | |
| diesem Wahlkampf schmerzhaft aufgefallen. Nicht verändert hat sich, dass | |
| ein Drittel der Wählerschaft rechts wählt. Und noch immer gewinnt man mit | |
| den Stimmen der über Sechzigjährigen. Das ist die größte Bevölkerungsgruppe | |
| und die, die für das Althergebrachte stimmt. In diesem Fall war das Van der | |
| Bellen. | |
| Die Wachablöse steht aber bevor: Von den unter Dreißigjährigen, also der | |
| Generation, die in Zukunft die Politik bestimmen wird, vertrauen nur 14 | |
| Prozent der Politik. Sie hätten Van der Bellen in eine Stichwahl mit | |
| [3][Dominik Wlazny, dem 35-jährigen Punk-Musiker und Chef der Bierpartei], | |
| gezwungen. Marco Pogo, wie er sich als Künstler nennt, bekam in dieser | |
| Wählergruppe 20 Prozent, Van der Bellen 47. Inhaltlich vertritt Wlazny | |
| ähnliche Positionen wie die Grünen, die sich in der Regierung mit der ÖVP | |
| stark verbraucht haben. Sie sind nicht mehr die Partei der Jungwähler. Auch | |
| bei ihnen sollte das Wahlergebnis einen Nachdenkprozess auslösen. | |
| 10 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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