# taz.de -- Ehemaliger Flughafen Tempelhof: Endlich klare Regeln | |
> Ein Berliner Bündnis fordert am ehemaligen Flughafen Tempelhof die „Halle | |
> für alle“. Damit soll die intransparente Vergabe und Mauschelei enden. | |
Bild: Begehrt: Hangars auf dem ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof | |
BERLIN taz | Wir wollen die künftige Entwicklung des Gebäudes thematisieren | |
und in einem Praxislabor ausprobieren“, fasst Muriel Nestler zusammen. Die | |
Bühnenbildnerin vertritt das Transformationsbündnis THF gegenüber dem | |
Berliner Senat. Es besteht aus etwa 30 nachhaltigkeitsorientierten, | |
künstlerischen und urbanistischen Initiativen und will [1][zwei Hangars im | |
kommenden Jahr als Experimentier- und Kunstort nutzen.] | |
Schluss sein soll außerdem mit der politischen Kungelei in Hinterzimmern. | |
Immerhin sah sich der Senat kurz vor der Sommerpause genötigt, zuzusagen, | |
dass ab August 2023 „ein klar geregeltes, transparentes Vergabeverfahren“ | |
für die Nutzung von Räumen im ehemaligen Tempelhofer Flughafen gelten soll. | |
Das Gegenteil war bisher der Fall. Die zuständige Tempelhof Projekt GmbH | |
(TP) vermietet Hallen nicht nur an den Bundespresseball, Veranstalter von | |
Elektroautorennen oder Bands wie Ärzte und Tote Hosen. Immer wieder hatten | |
auch Berliner Politiker*innen nach Gutsherrenart entschieden, wer | |
Räume und ganze Gebäudeteile zu welchen Bedingungen nutzen darf. | |
Den Anfang machte 2009 der damals regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. | |
Er schloss einen lange Zeit geheim gehaltenen Zehn-Jahres-Vertrag mit der | |
Modemesse „Bread & Butter“ ab. Der blockierte nicht nur andere | |
Entwicklungen im ehemaligen Flughafengebäude, sondern erwies sich auch als | |
teures Zuschussgeschäft für die Landeskasse: Die Kosten für die Umbauten | |
überstiegen die Mieteinnahmen deutlich. | |
## Nicht nur die SPD mauschelt | |
Doch nicht allein die SPD mauschelt. Mindestens deutlich danach roch auch | |
die im Sommer 2019 von Mica Moca inszenierte Veranstaltungsreihe | |
„Tempelhofer Wald“. Dafür ließ die von den Linken geführte Senatsverwalt… | |
für Kultur einige Hunderttausend Euro springen. Der Event brachte zwar viel | |
Technik und Stühle in die Hangars, erwies sich aber als kaum besuchtes, von | |
außen gelegtes [2][Strohfeuer]. | |
Das Fass zum Überlaufen brachte im Frühjahr der Umgang mit dem Bonner | |
Kulturmanager Walter Smerling. Der hatte zwei Hangars zur Gratisnutzung vom | |
früheren Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) angeboten bekommen | |
und bezeichnete seine profitorientierte Ausstellung dreist als „Kunsthalle | |
Berlin“. Sogar die Hälfte der Betriebskosten wurden ihm zunächst erlassen. | |
Der Berliner Berufsverband Bildender Künstler (BBK) protestierte und | |
forderte zusammen mit dem Transformationsbündnis THF, die beiden Hangars | |
für ein alternatives Nutzungskonzept der stadtgesellschaftlichen | |
Initiativen zu öffnen. | |
Ende Mai zog Smerlings Kunstausstellung zunächst aus. Dann aber machte die | |
regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey Druck: Ihre Parteifreunde im | |
TP-Aufsichtsrat stimmten dafür, Smerling die Räume bis zum August 2023 zu | |
überlassen, wie es angeblich vertraglich vereinbart war. Die parteilose | |
Aufsichtsrätin Adrienne Göhler trat daraufhin zurück – nicht ohne eine | |
geharnischte Erklärung zu hinterlassen. | |
## Kein schriftlicher Vertrag | |
Der Fehler der freihändigen Vergabe durch Regierungsmitglieder werde „in | |
Vertragstreue umgerubelt, wo sie nur parteiliche Gesichtswahrung meint.“ | |
Dem Vernehmen nach gibt es nicht einmal einen schriftlichen Vertrag, was | |
erklären würde, weshalb Smerling offenbar auf Schadensersatz verzichtet. | |
Nun also möchte das Transformationsbündnis THF im kommenden Jahr für vier | |
Monate die „Halle für alle“ einrichten – ein Gemeingut für kulturelle | |
Teilhabe- und Bildungsmöglichkeiten. „Wir sind grad in der zweiten | |
Verhandlungsrunde über die Finanzierung mit dem Kultursenat,“ berichtet | |
BBK-Sprecherin Zoë Claire Miller. Nebenan soll die von Adrienne Göhler | |
kuratierte Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen – Expeditionen in Ästhetik | |
und Nachhaltigkeit“ gezeigt werden, die seit 13 Jahren um die Welt tourt. | |
Auf jeder Station nimmt sie sechs lokale Künstler*innen neu an Bord und | |
bezieht auch Wissenschaftler*innen ein. | |
19 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Annette Jensen | |
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