| # taz.de -- Kampagne der Berliner Wasserbetriebe: Sparen ist the real shit | |
| > Die Berliner Wasserbetriebe haben eine Kampagne zum Wassersparen | |
| > gestartet – und fürchten sich dabei vor allzu radikalen Forderungen. | |
| Bild: Den Klimawandel nass machen? Geht nur mit kürzerem Duschen | |
| Berlin taz | Sparen, sparen, sparen: Bewusster Verzicht auf Konsum und | |
| Energieverbrauch steht wieder ganz weit oben auf der Tagesordnung – den | |
| allgegenwärtigen Krisen sei, nun ja, Dank. Weil der Preis immer mehr, aber | |
| längst nicht alles regelt, versuchen Politik, Verwaltung und | |
| Versorgungsunternehmen, durch allerlei Angebote das Bewusstsein der | |
| VerbraucherInnen zu schärfen. Gerade hat die Senatsverwaltung für Umwelt | |
| und Klimaschutz eine [1][Aktionswoche „Berlin spart Energie“ angekündigt]. | |
| Dabei gibt es vom 10. bis 14. Oktober Beratung und Best-Practice-Beispiele: | |
| von artenschutzgerechter Hausdämmung bis zur Förderung von kommunalen | |
| Lastenrädern. | |
| Und auch die Berliner Wasserbetriebe (BWB) rufen nach vielen Jahren mal | |
| wieder zum sparsamen Umgang mit der nassen Ressource auf. [2][Angekündigt | |
| hatte das Unternehmen eine Kampagne schon vor einem halben Jahr] – denn auf | |
| einen langjährigen deutlichen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs nach der | |
| Wende folgt längst, auch wachstumsbedingt, ein erneuter Anstieg, während | |
| gleichzeitig längere Trockenperioden den Grundwassernachschub gefährden. | |
| Zum Teil hängt das eng miteinander zusammen, etwa wenn die heißen | |
| Sommermonate immer mehr GartenbesitzerInnen zum Kauf – und natürlich zur | |
| Befüllung – eines Pools motivieren. | |
| Der ganz große Wurf ist die Kampagne unter dem Motto „Jeder Tropfen zählt“ | |
| vielleicht noch nicht. Kurze Spots, die auch als Kinowerbung laufen, nutzen | |
| das alte Teekesselchen-Wort „Hahn“ und lassen einen [3][ausnehmend | |
| hässlichen Zeichentrick-Hahn] (also einen mit Schnabel, Kamm und Federn) | |
| Wasser speien. Und weil die NutzerInnen beim Zähneputzen oder Duschen eben | |
| nicht ans schwindende Grundwasser denken, muss das arme Tier ganz schön | |
| röcheln und würgen. „Wasser kommt nicht aus dem Hahn“, heißt es dann noc… | |
| was irgendwie selbst in den Spots nicht stimmt, aber egal. | |
| Beim Zähneputzen oder Einseifen besser nichts laufen lassen: solche | |
| Ratschläge hatten freilich schon in den 1980er Jahren einen gepflegten | |
| Bart. Dass jetzt wieder darauf zurückgegriffen wird, lässt einerseits | |
| darauf schließen, dass viele sich immer noch nicht daran halten – wobei das | |
| auch daran liegen kann, dass die Aufrufe zum sparsamen Umgang mit | |
| Trinkwasser selbst für einige Jahrzehnte versiegt waren. Andererseits sind | |
| sie merkwürdig unentschlossen, denn ein bisschen mehr ist ja schon drin. | |
| Auf der Webseite der Wasserbetriebe [4][stehen dann auch tatsächlich ein | |
| paar radikalere Ideen], wie der Alltag wasserärmer bewältigt werden kann. | |
| Zum Beispiel, dass Wannen- ein Vielfaches von Duschbädern verbrauchen und | |
| eingeschränkt werden sollten. Oder das hier: „Kleidung, die man nur einmal | |
| getragen hat, muss nicht immer gleich in die Waschmaschine. Auslüften wirkt | |
| Wunder. Flecken kann man ausbürsten und oft ohne Komplettwäsche entfernen.“ | |
| Sowieso schone es die Klamotten, wenn man sie seltener in die Maschine | |
| stopfe. | |
| ## Sparen oder nicht sparen? | |
| Das mag jetzt manche an den Waschlappen von Winfried Kretschmann erinnern. | |
| Nur: „Spar Wasser, aber mach mich schön nass“, funktioniert eben auch | |
| nicht. Seitens der BWB wiederum erahnt man eine gewisse Unentschlossenheit | |
| im Umgang mit dem Thema, wenn Gesche Grützmacher, „Chefin der | |
| Trinkwasserqualität“ im Unternehmen, nur einen Klick weiter erklärt, man | |
| müsse in Berlin nicht wie in Brandenburg zum Wassersparen aufrufen, weil | |
| „wir im Alltag ja schon im Vergleich zu früheren Zeiten eine Menge Wasser | |
| sparen“, schließlich seien „alle Haushaltsgeräte mittlerweile mit der | |
| entsprechenden Technologie ausgestattet“. | |
| Vielleicht hat sich dieses Statement ab der nächsten Seitenaktualisierung | |
| erledigt. Grundsätzlich aber haben die Wasserbetriebe natürlich das | |
| Problem, dass sie weder Umsatzverluste machen noch bei den Preisen deutlich | |
| anziehen wollen. Und wer weniger Trinkwasser verkauft (und das | |
| entsprechende Abwasser entsorgt), verdient eben auch weniger damit. Wenn | |
| der Senat nun im Rahmen des „Masterplans Wasser“ offenbar eine Reduzierung | |
| des Pro-Kopf-Verbrauchs von 115 auf 110 Litern am Tag anstrebt, muss so ein | |
| Versorger schon anders kalkulieren. Umso besser, dass die einst | |
| privatisierten Wasserbetriebe wieder in kommunaler Hand sind. | |
| Von einem alten Mythos kann man sich mittlerweile jedenfalls verabschieden: | |
| Die Sorge, ein zu geringer Wasserverbrauch kleistere die Kanalisation mit | |
| Sedimenten zu, hat ihre Berechtigung verloren. „Das Problem sehe ich | |
| nicht“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz, „das müssen wir technisch meistern, | |
| und das können wir auch.“ Jedenfalls, wie er hinzufügt, solange die | |
| BerlinerInnen „das Klo nicht mit dem Mülleimer verwechseln“. Passenderweise | |
| gibt es dazu auch schon einen Clip von den Wasserbetrieben, diesmal mit | |
| einem musikalischen Klo. Und was singt es? [5][„I only want the real | |
| shit.“] | |
| 23 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin-spart-energie.de/aktionen-und-events/aktionswoche-2022/p… | |
| [2] /Bilanz-2021-der-Berliner-Wasserbetriebe/!5846467 | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=xoh-0VAUAYo | |
| [4] https://www.bwb.de/de/jeder-tropfen-zaehlt.php | |
| [5] https://www.youtube.com/watch?v=XiZ5EopZztc | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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| Benedikt Lux | |
| Berliner Wasserbetriebe | |
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