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# taz.de -- Verwerfungen im spanischen Nationalteam: Rebellion gegen den Trainer
> 15 spanische Fußballnationalspielerinnen verkünden aus Protest gegen
> Jorge Vilda per E-Mail ihren Rücktritt. Der Verband unterstützt den
> Coach.
Bild: Spaniens Trainer Jorge Vilda begutachtet die Aufwärmübungen seiner Spie…
Vor zwei Monaten scheiterte Spanien [1][unglücklich im Viertelfinale der EM
in England.] Ohne Weltfußballerin Alexia Putellas, gegen die
Gastgeberinnen, nach einem wohl regelwidrigen Gegentor und Verlängerung.
Kann passieren. Und ist für sich genommen sicher kein Grund für eine
historische Rebellion.
Was aber dann? Das fragt sich Spanien, seit 15 Nationalspielerinnen am
Donnerstag in wortgleichen E-Mails an den Verband RFEF darum baten, „bis
die aktuelle Situation sich ändert“, nicht mehr zur Länderauswahl berufen
zu werden: „Die jüngsten Vorkommnisse …, die Ihnen bekannt sind,
beeinträchtigen auf starke Weise meinen emotionalen Zustand und also meine
Gesundheit.“
Die RFEF selbst steckte die Nachricht sowie die Namen der Spielerinnen am
späten Abend an die Medien durch, gefolgt von einem gepfefferten
Kommuniqué: Gar nichts werde sich ändern, außer dass die Protestlerinnen
für alle Zeiten verbannt bleiben, so sie nicht „ihren Fehler eingestehen
und um Entschuldigung bitten“.
Es geht, so viel ist klar, um Nationaltrainer Jorge Vilda. Bereits die
letzte Zusammenkunft Anfang September war von Berichten über das zerrüttete
Verhältnis geprägt worden. In getrennten Pressekonferenzen verschwiegen die
Streitparteien daraufhin mehr, als sie erklärten. „Wir glauben, dass es
interne Aspekte gibt, die sich ändern müssen“, sagte Kapitänin Irene
Paredes eher allgemein, aber geradezu mit Grabesstimme. Ihre
Stellvertreterinnen, Jenni Hermoso und Patri Guijarro, berichteten von
einem „allgemeinen Unbehagen in der Mannschaft“. Auf die Zukunft
angesprochen betonte Paredes freilich mehrfach: „Ich gehe davon aus, dass
es Veränderungen geben wird.“
## Viele offene Fragen
Nun stehen Anfang Oktober die nächsten Partien an, und die 15 Abtrünnigen
vermochten offenbar immer noch keine Zeichen dieser Veränderungen zu
erkennen. Ob sie nur einen Abgang von Vilda akzeptiert hätten oder auch
einen Wandel in Training und Teamkultur, gehört zu den vielen offenen
Fragen. Bis zum Freitagmittag hatte sich keine Spielerin geäußert, um die
Hintergründe der Mail zu erklären. Als halbwegs gesichert gilt nur, dass es
nicht um Missbrauchsvorwürfe geht.
Vilda, 41, ist auch Sportdirektor der Nationalelf und verfügt insofern über
eine gefährliche Machtfülle im spanischen Frauenfußball, den beim Verband
viele andere immer noch links liegen lassen – oder nur zu politischen
Spielchen mit der spanischen Liga benutzen wie kürzlich beim Zank um die
Bezahlung der Schiedsrichterinnen, der den Start der Profiliga, Liga F,
[2][mit einem Streik verhinderte.]
Bei seinem Teil der Pressekonferenz vor drei Wochen zeigte sich der Trainer
„getroffen“ vom Widerstand der Spielerinnen, sah sich aber „in der Lage,
die Situation zu begradigen“, und bezeichnete sich als „dialogbereite
Person“. Tatsächlich wirkt er nach außen nicht wie ein harter Knochen aus
reaktionären Zeiten – anders als sein Vorgänger Ignacio Quereda, der über
drei Jahrzehnte die Nationalelf geleitet hatte und 1996 auch einen Aufstand
von – so die Quellen kurioserweise – 15 Spielerinnen überlebte, ehe ihn
2015 ein Brief von allen 23 Nominierten der Frauen-WM doch aus dem Amt
beförderte.
Auch bei der aktuellen Generation gibt es lebendige Tradition von
Selbstbewusstsein der Spielerinnen. Sowohl Real Madrid als auch der FC
Barcelona wechselten vergangenes Jahr auf Druck der Profis ihren Trainer –
Barça sogar nach einem Champions-League-Sieg. Nun stellen die Katalaninnen
den Kern der Opposition gegen Vilda. Zu den Absenderinnen der Mail gehören
Schlüsselspielerinnen wie Guijarro, Aitana Bonmatí oder Mapi León. Von
Barcelona fehlen indes Weltfußballerin Alexia Putellas, die wegen eines
Kreuzbandrisses nicht berufen werden kann. Sowie die inzwischen wohl
konfliktmüde Paredes. Beide sollen sich im August jedoch telefonisch beim
Verband für eine Ablösung Vildas eingesetzt haben.
Die übrigen Unterzeichnerinnen spielen bei Atlético Madrid oder in
Manchester, in Bilbao und San Sebastián. Nur Spielerinnen der noch jungen
Frauenabteilung von Real Madrid finden sich nicht darunter. Das nährt
Spekulationen, wonach auch eine allzu vertrauliche Nähe von Vilda und
Verband zum königlichen Frauenprojekt zu den Irritationen geführt hat.
Genaueres wird man erst erfahren, wenn eine der 15 ihren Standpunkt
erklärt. Bis Freitag äußerte sich nur eine Spielerin, die sich als „Nummer
16“ bezeichnet – [3][die US-amerikanische Frauenfußballikone Megan
Rapinoe]. In einer Solidaritätserklärung forderte sie für die Kolleginnen:
„Sie müssen gehört werden.“
23 Sep 2022
## LINKS
[1] /England-im-Halbfinale-der-Heim-EM/!5865896
[2] /Streik-im-spanischen-Frauenfussball/!5877655
[3] /Rapinoe-Rackete-Thunberg/!5611644
## AUTOREN
Florian Haupt
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Frauenfußball
Spanien
Rebellion
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