| # taz.de -- Verbundenheit in Krisenzeiten: Ein Herbst mit Wärme und Licht | |
| > Müdigkeit ist zu einer permanenten Erkenntnis geworden. Wir alle sehnen | |
| > uns bei den vielen Krisen nach einer Ruhe, die bleibt. | |
| Bild: Der kommende Herbst trägt eine unbekannte Ambivalenz in sich | |
| Müdigkeit ist nicht nur ein körperlicher Zustand, sie ist mittlerweile auch | |
| eine [1][permanente Erkenntnis] geworden. Mir wird das gerade jetzt | |
| bewusst, wo plötzlich Melancholie und Grau einkehren nach einem zu | |
| schnellen Sommer. Und unsere Körper erschöpft sind von den Lasten der | |
| Krisen. Wir alle sehnen uns nach einer Ruhe, die bleibt. | |
| In Zeiten kollektiver Unsicherheit ist das gar nicht so einfach, denn ein | |
| ständiges Unbehagen ist anstelle der Ruhe in unser Leben getreten. Und | |
| dieses Unbehagen gleicht einem Körper, der die Last seiner Krisen auch nur | |
| noch schwer tragen kann. Ohne dieses Unbehagen persönlich zu kennen, glaube | |
| ich, dass es einen Wunsch hat: sich vom heraneilenden Herbst mit dem kalten | |
| Wind dorthin treiben zu lassen, wo Wärme und Licht ein kleines bisschen | |
| greifbarer scheinen. Aber das Unbehagen ist selbst [2][zu müde] geworden. | |
| Dafür war es nie bereit – und wir mit ihm auch nicht. | |
| Der kommende Herbst trägt eine unbekannte Ambivalenz in sich. Das Leben | |
| wird teurer und kälter als je zuvor, die Pandemie ist längst nicht vorbei, | |
| es spielt ein Lied vom Bekannten und Unbekannten zugleich. Besonders jetzt | |
| ist der Herbst Hoffnung für die, die eine solidarische und soziale Wende in | |
| den Wind singen. Sie stellen sich gegen diejenigen, die die kommenden | |
| Monate als längst überfällige Gelegenheit nutzen möchten, um die | |
| Gesellschaft mit falschen Perspektiven in eine Vergangenheit zu bewegen, | |
| von der wir uns richtigerweise wegbewegten. | |
| Ich verbringe viel Zeit im Versuch zu begreifen, was um uns passiert. Die | |
| Welt gerät aus den Fugen, aber das will ich nicht. Denn auch, wenn das | |
| Klischee sich wie ein Schal um meine Gedanken legt, so glaube ich, [3][dass | |
| Liebe, nein, Verbundenheit uns in die Utopie trägt]. Und diese Suche das | |
| eigentliche Ziel in diesem Herbst ist. | |
| Wir alle haben Menschen, die der Kälte trotzen und zu lieben nicht | |
| vergessen haben. In ihnen finden wir eine Zuflucht zur ausgestreckten Hand, | |
| die immer da war, Menschen, die eine Decke der Sicherheit über uns legen, | |
| die wir glaubten verloren zu haben. [4][Menschen, die einander sehen und | |
| begreifen], schützen und lieben. Sich gemeinsam politisch gegen den Wind | |
| stellen, der für Menschen wie uns nichts Gutes verspricht. Gemeinsam | |
| träumen wir von einer Welt, die die Kälte besiegt. | |
| Dürfen wir trotz allem Hoffnung haben? Wir müssen. Denn auch wenn die | |
| Ausweglosigkeit durch die kalten Wände dringt, muss sie zu einer Hoffnung | |
| führen. Zu einer Utopie, die wir alle spüren und die niemanden zurücklässt. | |
| Der kommende Herbst ist unsere Notwendigkeit. Er darf unser Frühling | |
| werden. In der Verbundenheit die Wärme zu finden, um das kalte Unbehagen zu | |
| überstehen – für uns und auch für alle, die gerade überall auf der Welt | |
| [5][kämpfen und leiden, das ist unsere Chance]. Die Wärme ist es, die uns | |
| sagt: Die Welt ist sehr schwer, aber ich halte dein Herz. Und damit uns. | |
| 28 Sep 2022 | |
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| [4] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/18209/solidaritaet/ | |
| [5] /Proteste-fuer-Frauenrechte-in-Iran/!5883553 | |
| ## AUTOREN | |
| Fikri Anıl Altıntaş | |
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