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# taz.de -- Eritrea und Äthiopien kooperieren: Aufmarsch gegen Tigray
> Berichte über eine Offensive Eritreas nähren die Sorgen über eine
> Eskalation des Krieges in der äthiopischen Region Tigray.
Bild: 8. Mai 2021: Ethiopische Regierungssoldaten nördlich von Mekelle
Berlin taz | Erneut soll Eritrea in den Krieg eingegriffen haben, den sich
Äthiopiens Zentralregierung seit 2020 mit den abtrünnigen Machthabern der
an Eritrea angrenzenden Region Tigray liefert. Die in Tigray herrschende
TPLF (Tigray-Volksbefreiungsfront) erklärte am Dienstag, am Morgen habe
eine „Großoffensive“ der äthiopischen und eritreischen Armeen begonnen, �…
die Tigray-Armee ein für alle Mal in die Knie zu zwingen und unser Volk
auszulöschen“. In diesem „völkermörderischen Krieg“ seien „reguläre
Armeeeinheiten aus ganz Äthiopien, Amhara-Spezialkräfte, Fano
(Amhara-Territorialmilizen, d. Red.) und die gesamte Armee und
Reservestreitmacht Eritreas mobilisiert“.
Während Eritreas und Äthiopiens Regierungen sich dazu nicht geäußert haben,
bestätigte Mike Hammer, US-Sonderbeauftragter für das Horn von Afrika, in
der Nacht zum Mittwoch, dass die USA die eritreischen Truppenbewegungen
beobachten und für „extrem besorgniserregend“ halten. „Die Anwesenheit
eritreischer Truppen in Äthiopien dient bloß dazu, die Dinge zu
verkomplizieren und eine bereits tragische Situation anzuheizen“, sagte er.
Auch andere Länder wie Kanada verurteilten das mutmaßliche Eingreifen
Eritreas.
Eritrea war bereits beteiligt, als Äthiopiens Armee im November 2020 die
Kontrolle über Tigray übernahm, nachdem die TPLF-Regionalregierung mit der
Zentralregierung gebrochen hatte. Eritreische Soldaten wurden damals für
Kriegsverbrechen an Zivilisten verantwortlich gemacht, auch an Flüchtlingen
vor der eritreischen Militärdiktatur in Lagern in Tigray.
Eritreas Regierung ist historisch mit der TPLF aus jener Zeit verfeindet,
als sich beide Länder 1998 bis 2000 einen blutigen Grenzkrieg mit über
70.000 Toten lieferten. Damals war die TPLF tonangebend in Äthiopiens
Regierung. Erst unter Ministerpräsident Abiy Ahmed, der nicht zur TPLF
gehört und seit 2018 regiert, söhnten sich die beiden Regierungen aus – und
die TPLF in Tigray verblieb als ihr gemeinsamer Gegner.
## Alle Männer unter 55 eingezogen
[1][Die Kämpfe in Tigray flammten am 24. August neu auf]. Am 11. September
erklärte sich die TPLF bereit, die Friedensvermittlung der Afrikanischen
Union (AU) zu akzeptieren. Äthiopien reagierte darauf vergangene Woche mit
[2][Luftangriffen auf Tigrays Hauptstadt Mekelle].
Berichte über eine Generalmobilmachung in Eritrea kursieren seit dem
Wochenende. Der BBC-Monitoringdienst für die lokale Sprache Tigrinya
berichtete am Samstag, seit zwei Tagen würden alle Männer unter 55 Jahren
eingezogen – in Eritrea gilt eine allgemeine Wehrpflicht. Reservisten in
mehreren Städten seien über öffentliche Aushänge und Botschaften angewiesen
worden, sich zum Dienst zu melden und Decken und Wasserbehälter
mitzubringen. Es wurde von Konvois in Richtung äthiopische Grenze
berichtet. Eritreas Regierung sagte zum BBC-Bericht, nur eine „winzige
Zahl“ von Reservisten sei einberufen worden.
Ausgerechnet in der Woche der UN-Vollversammlung stellt das Vorgehen
Eritreas, so es sich im vorgeworfenen Ausmaß bestätigt, eine klare
Eskalation dar. Eritrea gehört zur kleinen Gruppe von UN-Mitgliedstaaten,
die im Krieg in der Ukraine Russland unterstützen, und wirft den Vereinten
Nationen seit Jahren Feindseligkeit vor.
Auch Äthiopiens Regierung macht in diesen Tagen Front gegen die UNO. Sie
reagiert empört auf den am Montag veröffentlichten Bericht einer
UN-Untersuchungskommission zu Kriegsverbrechen im Tigray-Krieg. Der Bericht
der drei UN-Experten aus Kenia, den USA und Sri Lanka, die der
UN-Menschenrechtsrat Ende 2021 beauftragte, benennt „außergerichtliche
Hinrichtungen, Vergewaltigung, sexualisierte Gewalt und Aushungerung der
Zivilbevölkerung als Methode der Kriegsführung“.
Der Bericht wirft beiden Seiten Verbrechen vor – der TPLF Tötungen beim
Vorstoß ins äthiopische Kernland im Sommer 2021, Äthiopien unter anderem
die „systematische Verweigerung“ humanitärer Hilfe für Tigrays
Zivilbevölkerung. Da Äthiopiens Regierung der Gruppe nicht erlaubt habe,
die Hauptstadt Addis Abeba zu verlassen, seien weitere Untersuchungen
nötig.
Es gebe „keinen einzigen Beweis“ für die Vorwürfe, sagte dazu Äthiopiens
UN-Botschafter Zenebe Kebede in New York und wies den Bericht als
„widersprüchlich und parteiisch“ zurück. Auf Twitter schimpfte Abiy Ahmeds
Sicherheitsberater Redwan Hussien, der UN-Bericht sei schlechter noch als
CNN-Reportagen, „wirr und irrig“.
21 Sep 2022
## LINKS
[1] /Schwere-Kaempfe-um-Tigray/!5873579
[2] /Konflikt-in-Aethiopien/!5877299
## AUTOREN
Dominic Johnson
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