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# taz.de -- Entlastungspaket gegen Inflation: Kritik an Lindners Steuer-Plänen
> Wirtschaftsexpert:innen bemängeln, dass der Finanzminister auch
> Wohlhabende entlasten will. Lindner verteidigt die Steuersenkungen
> hingegen.
Bild: Will auch Wohlhabende entlasten: Bundesfinanzminister Christian Lindner a…
Berlin dpa | Bundesfinanzminister Christian Lindner hat seine Pläne für
Steuerentlastungen [1][gegen Kritik] verteidigt. „Das ist sozial
ausgewogen“, sagte der FDP-Chef am Mittwochabend im ZDF-“heute journal“.
„Die starken Schultern werden weiter auch eine große Last tragen. Aber sie
werden eben nicht stärker belastet. Und vor allen Dingen sorgen wir dafür,
dass nicht Menschen, die in Wahrheit keine breiten Schultern haben, durch
die Inflation plötzlich mehr Steuern zahlen.“ Es sei eine „reine
Inflationsanpassung“.
Lindner hatte [2][seine Pläne] am Mittwoch vorgestellt. 48 Millionen Bürger
sollen ab dem kommenden Jahr profitieren, insgesamt geht es um mehr als
zehn Milliarden Euro. Prozentual werden Geringverdiener in dem Vorschlag
deutlich stärker entlastet als Topverdiener – in absoluten Zahlen sieht das
aber anders aus. Die beiden Koalitionspartner Grüne und SPD halten das für
sozial unausgewogen.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel
Fratzscher, bezeichnete die Pläne in der ARD als „sehr unausgewogen“. „70
Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute“,
kritisierte er in den „tagesthemen“. „Menschen mit geringen Einkommen, die
keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts
davon.“ Diese Menschen seien [3][von der Inflation aber besonders
betroffen.]
„Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt
einfach zum falschen Zeitpunkt“, sagte die „Wirtschaftsweise“ Veronika
Grimm der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Prinzipiell sei es zwar richtig,
die sogenannte kalte Progression auszugleichen und die Mitte der
Gesellschaft angesichts der hohen Inflation zu entlasten. „Andererseits
brauchen wir zurzeit eine Entlastung vorwiegend der unteren und mittleren
Einkommen, die die Härten durch die Preissteigerungen nicht allein tragen
können.“
Man müsse versuchen, zielgerichtet untere und mittlere Einkommensgruppen zu
entlasten, bis in die Mitte der Gesellschaft. „Entlastungen mit der
Gießkanne, wie etwa beim Tankrabatt oder einer Mehrwertsteuersenkung, sind
nicht angezeigt“, riet die Erlanger Ökonomin.
## Schleichende Steuererhöhung soll verhindert werden
Der FDP-Chef verwies im ZDF auf andere Maßnahmen der Ampel-Koalition, die
auf Menschen mit geringem Einkommen abzielen. So nannte er die bereits
beschlossenen Entlastungspakete mit einer Einmalzahlung für
Hartz-IV-Empfänger und einem Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger. Er
erinnerte zudem an Koalitionspläne für eine Reform des Wohngelds und den
Umbau von Hartz IV zu einem neuen „Bürgergeld“: „Um die Menschen, die ih…
Bude nicht geheizt bekommen, da kümmern wir uns ja mit dem neuen Wohngeld,
und es gibt Bürgergeld für die Menschen in Grundsicherung.“
Lindners Pläne zielen auf einen Abbau der „kalten Progression“. Damit ist
eine Art schleichende Steuererhöhung gemeint, wenn Gehaltserhöhungen durch
die Inflation aufgefressen werden, aber dennoch zu einer höheren
Besteuerung führen. Dann fallen höhere Steuern an, obwohl die Kaufkraft
real gar nicht steigt. Zusätzlich zu einer Anpassung des
Einkommensteuertarifs sollen auch das Kindergeld und der Kinderfreibetrag
erhöht werden.
Der Deutsche Städtetag warnte vor Steuerausfällen in Milliardenhöhe und
forderte einen Ausgleich für Kommunen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy
sagte der Deutschen Presse-Agentur, mit Lindners Plänen gegen die kalte
Progression seien auch Steuerausfälle für die Kommunen von rund 4,2
Milliarden Euro in den Jahren 2023 und 2024 verbunden. „Diese Mittel fehlen
dann in den städtischen Kassen, die schon durch Begleiterscheinungen des
Ukraine-Kriegs und die Energiekrise gebeutelt sind und vor großen
Haushaltsrisiken stehen.“
Gleichzeitig seien so große Aufgaben wie mehr Investitionen in den
Klimaschutz und in Busse und Bahnen zu stemmen, sagte Dedy. „Bund und
Länder müssen deshalb sicherstellen, dass die Städte die dafür
erforderlichen Mittel trotz Steuerentlastungen zur Verfügung gestellt
bekommen.“
11 Aug 2022
## LINKS
[1] /Lindners-Plan-zum-Inflationsausgleich/!5870587
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[3] /Diakonie-Vorstand-ueber-Entlastungen/!5870570
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