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# taz.de -- Verhältnis zwischen Türkei und Syrien: Die Aussöhnung beginnt
> Regime und Opposition in Syrien müssten sich annähern, so der türkische
> Präsident. Der unterstützte bisher die Opposition, die sich verraten
> fühlt.
Bild: Oppositions- statt offizieller syrischer Fahne: Proteste gegen Erdogans K…
Istanbul taz | Seit mehr als zehn Jahren gehört der türkische Präsident
Recep Tayyip Erdoğan zu den erbittertsten Gegnern des syrischen Diktators
Baschar al-Assad. Doch nun sind in Ankara neue Töne zu hören.
Vor gut einer Woche überraschte der türkische Außenminister Mevlüt
Çavuşoğlu auf eine Frage zur Syrienpolitik seiner Regierung mit einer so
noch nie gehörten Ansage: „Wir müssen die Opposition und das Regime in
Syrien irgendwie versöhnen“, sagte er. Sonst werde es nie einen
„dauerhaften Frieden“ geben.
Am Freitag letzter Woche deutete auch Erdoğan selbst an, dass ein
weitreichender Wechsel in der Syrienpolitik der Türkei bevorstehen könnte.
In Bezug auf Syrien sagte er auf der Rückreise von seinem Treffen mit dem
ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski und UN-Generalsekretär António
Guterres, ein politischer Dialog zwischen Staaten dürfe niemals abgebrochen
werden. Die Aussage seines Außenministers wiederholte er: „Die Opposition
und das Regime in Syrien müssen sich versöhnen.“
Schon die Aussagen von Çavuşoğlu hatten innerhalb der syrischen Opposition
für große Empörung gesorgt. In den von der Türkei kontrollierten Gebieten
in Nordsyrien kam es zu Demonstrationen und Protesten von bisher mit der
Türkei verbündeten syrischen Milizen. Sogar türkische Fahnen wurden
verbrannt.
## Die Türkei versorgte die „Freie Syrische Armee“ mit Waffen
Ein in Istanbul lebender syrischer Oppositioneller, George Sabra,
twitterte, wenn Erdoğan sich mit Assad aussöhnen wolle, sei das seine
Sache, die Syrer kämpften aber für eine andere, für die sie einen hohen
Preis bezahlt hätten und weiterhin zahlen würden.
Bislang wurde die sunnitische syrische Opposition von der Türkei weitgehend
unterstützt. Erdoğan ließ die „Freie Syrische Armee“ mit Waffen und Geld
versorgen und machte auch vor der Unterstützung radikal-islamistischer
Assad-Gegner nicht halt, wenn es nur dem Regime in Damaskus und den Kurden
in Syrien schadete.
Nachdem Assads Macht von Russland gesichert wurde, konzentrierte sich
Erdoğan darauf, zumindest eine autonome kurdische Zone in Nordsyrien zu
verhindern.
vDarum ging es auch, als Erdoğan im Mai dieses Jahres ankündigte, seine
Armee erneut nach Syrien zu schicken, um die kurdischen YPG-Milizen [1][aus
einer 30 Kilometer tiefen Zone entlang der Grenze] zurückzudrängen. Daraus
ist bislang nichts geworden. Nicht nur die mit den kurdischen Milizen in
einer Anti-IS-Allianz verbündeten USA sind dagegen, sondern vor allem
Assads wichtigster Verbündeter, Wladimir Putin. [2][Einem erneuten
türkischen Einmarsch in Syrien] will das russische Staatsoberhaupt nicht
zustimmen.
## Erdoğan ist mit dem Unmut der türkischen Bürger konfrontiert
Stattdessen solle sich Erdoğan im „Anti-Terror-Kampf“ endlich mit Assad ins
Benehmen setzen, sagte Putin zu Erdoğan bei dessen [3][Besuch in der
russischen Hafenstadt Sotschi] Anfang August noch einmal nachdrücklich.
Seitdem redet die türkische Regierung davon, dass sich Opposition und
Regime in Syrien versöhnen sollten. Dahinter scheint allerdings mehr zu
stecken als nur ein taktisches Spiel im Vorfeld eines neuen Feldzuges.
Erdoğan, der in der Vergangenheit schon häufiger bewiesen hat, dass er
politische Positionswechsel auch radikal vollziehen kann, scheint
angesichts des Scheiterns seiner Syrienpolitik bereit, nun weitreichende
Konsequenzen zu ziehen.
Statt mit Hilfe der syrischen Opposition und der Unterstützung der
syrischen Flüchtlinge, die er in der Türkei aufgenommen hat, zu einem
Mitspieler um die Macht in Damaskus zu werden, ist Erdoğan mit dem massiven
Unmut seiner Bürger konfrontiert. Angesichts der Wirtschaftskrise häufen
sich Stimmen, welche die rund vier Millionen syrischen Flüchtlinge in der
Türkei wieder „nach Hause“ schicken wollen. Auch die Kontrolle der Kurden
in Syrien ist mit dem weiter fest im Sattel sitzenden Assad wohl wesentlich
einfacher.
Dazu kommt, dass der größte Teil der arabischen Welt sich damit abgefunden
hat, dass Assad wohl an der Macht bleibt. Auch in Europa und den USA hat
niemand ein Interesse daran, dass der Bürgerkrieg wieder aufflammt.
So wird in den türkischen Medien bereits darüber spekuliert, ob es
demnächst zu einem Treffen zwischen Erdoğan und Assad kommt. Die
Außenminister der beiden Länder, Çavuşoğlu und Feisal al-Mekdad haben das
bereits im November letzten Jahres getan, wie Çavuşoğlu jüngst beiläufig
zugab. Das Terrain für ein Treffen von Erdoğan mit Assad scheint
vorbereitet.
25 Aug 2022
## LINKS
[1] /Rolle-der-Tuerkei-im-Syrien-Krieg/!5869386
[2] /Putin-und-Erdogan-zu-Besuch-im-Iran/!5869276
[3] /Erdoan-spricht-mit-Putin-in-Sotschi/!5872712
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
Schwerpunkt Syrien
Recep Tayyip Erdoğan
Baschar al-Assad
Syrischer Bürgerkrieg
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Türkei
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