# taz.de -- Kabinett billigt Infektionsschutzgesetz: Die Länder sind am Zug | |
> Das Infektionsschutzgesetz gibt den Ländern die Entscheidungshoheit über | |
> viele Coronamaßnahmen. Weiter wird über Maskenpflicht im Flieger | |
> diskutiert. | |
Bild: Faust drauf: Gesundheitsminister Lauterbach (r.) und Justizminister Busch… | |
BERLIN taz | Das Wort, das nach der Pressekonferenz zum | |
Infektionsschutzgesetz im Ohr klingt ist „Oder“. Am Mittwoch hat das | |
Bundeskabinett in Berlin den Gesetzesvorschlag von Bundesjustizminister | |
Marco Buschmann (FDP) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) | |
beschlossen. Die meisten Coronamaßnahmen liegen dabei in der Verantwortung | |
der Länder – diese können im Herbst und Winter neue Regeln verhängen – o… | |
nicht. | |
Dem Kabinettsbeschluss sind viele Diskussionen vorangegangen. Vorgestellt | |
wurde das neue Infektionsschutzgesetz durch die beiden zuständigen Minister | |
[1][bereits Anfang August]. Anschließend wurde es von der | |
[2][Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder] diskutiert. Gelten soll | |
es ab dem 1. Oktober und bis zum 7. April 2023. Zuvor muss es noch im | |
Bundestag und Bundesrat beraten werden. | |
Die Pläne Buschmanns und Lauterbachs sehen vor, dass die Länder ab Oktober | |
[3][wieder eine Maskenpflicht] in Innenräumen vorschreiben können, wenn | |
wegen steigender Infektionszahlen eine Überlastung des Gesundheitswesens | |
droht. Dieses Szenario hält Lauterbach für äußerst wahrscheinlich, er gehe | |
davon aus, dass „wir im Oktober Schwierigkeiten bekommen werden.“ | |
Bundesweit einheitlich soll lediglich eine Maskenpflicht im Fernverkehr der | |
Bahn und beim Fliegen gelten sowie in Krankenhäusern und | |
Pflegeeinrichtungen. Dort soll außerdem eine Testpflicht für Beschäftigte | |
und Besucher gelten. Lockdowns und Schulschließungen werden ausdrücklich | |
ausgeschlossen. | |
## „Moderate Regeln“ oder „effektiver Schutz“? | |
Am meisten Kritik hatte es an geplanten [4][Ausnahmen bei der | |
Maskenpflicht] gegeben. In öffentlich zugänglichen Innenräumen sollten nach | |
den ersten Plänen bei Kultur- und Sportveranstaltungen und in Restaurants | |
tagesaktuell getestete, frisch geimpfte und frisch genesene Menschen davon | |
befreit sein. Die Impfung oder Infektion hätte dann höchstens drei Monate | |
her sein dürfen. | |
Als Reaktion auf die Kritik sollen mögliche Ausnahmen bei der Maskenpflicht | |
nun den Gastronom*innen überlassen werden. Generell könne die | |
Gastronomie ihr Hausrecht verhängen und eigene Regeln aufstellen, sagte | |
Buschmann. Sinnvoll wäre in seinen Augen eine Maskenpflicht in Behörden, da | |
diese von allen Menschen, auch vulnerablen Gruppen, aufgesucht werden | |
müssten. | |
Buschmann betonte, dass die Maßnahmen nicht darauf abzielten jede einzelne | |
Infektion zu verhindern, sondern das gesamte Pandemiegeschehen möglichst | |
gering zu halten. Ihm sei es wichtig, den Menschen angesichts der | |
schwierigen Lage mit der Inflation und der Energiekrise etwas Normalität zu | |
ermöglichen. Die Arbeit von Minister Lauterbach und ihm selbst lobte er als | |
„sehr transparent“ und bescheinigte sich selbst eine „Verfahrensklugheit.… | |
Wie schon Anfang August sprach Buschmann von „moderaten Regeln“ und | |
Lauterbach von „effektivem Schutz“. | |
Angesichts der Mühe, die die Minister hatten, die Stufenplänen und vielen | |
Regeln in der Pressekonferenz zu erläutern, wirkte Lauterbachs Satz „Die | |
Regeln müssen einfach gehalten sein“ etwas deplatziert. Wie hart der | |
Regelkatalog zwischen den Ministern umkämpft war, dazu äußerten sich beide | |
nicht. Doch während Lauterbach erneut [5][vor Long-Covid-Fällen] warnte und | |
mit einer „massiven Coronawelle im Herbst“ rechne, sprach Buschmann davon, | |
dass er sich auch wünschen würde, „dass der ganze Mist“ bald vorbei sei. | |
Aufgrund von Expert*innenmeinung halte er die getroffenen | |
Schutzmaßnahmen aber für wichtig. | |
Lob für das Gesetz kam von den stellvertretenden Vorsitzenden der | |
SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt und Dirk Wiese: „Die heute vom | |
Kabinett beschlossenen Vorkehrungen bilden eine gute Grundlage, um | |
Deutschland winterfest zu machen und um eine gute Vorsorge zum Schutz der | |
vulnerablen Gruppen zu treffen.“ | |
Kritik äußert Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der | |
FDP-Bundestagsfraktion. „Wir brauchen EU-weit einheitliche Maßnahmen. | |
Wichtig ist, dass die Maßnahmen nachvollziehbar, praxistauglich und | |
transparent sind. Gerade was die verschärfte Maskenpflicht im Fern- und | |
Flugverkehr anbelangt, sehe ich Nachbesserungsbedarf. Das zeigen auch die | |
Bilder aus dem Regierungsflugzeug“, so Ullmann gegenüber der taz. Ullmann | |
spielt damit auf die gerade neuentfachte Diskussion um eine einheitliche | |
Regelung der Maskenpflicht an. | |
## Debatte um Maskenpflicht im Flieger | |
Ausgelöst hatten den neuen Streit die jüngsten [6][Bilder von der | |
Flugreise] von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister | |
Robert Habeck (Grüne) nach Kanada. Die Delegation reiste im Flugzeug ohne | |
Maskenpflicht. Die Bundesregierung begründete das damit, dass in dem | |
Flieger der Luftwaffe andere Regeln gelten und keine Maskenpflicht | |
herrsche. Alle Teilnehmende der Reise mussten zuvor einen negativen | |
PCR-Test vorlegen und auch geimpft sein. | |
Dass für den Flieger der Luftwaffe andere Regeln gelten als für den | |
Linienbetrieb [7][führte zu Unverständnis.] Die Opposition klagte über | |
Ungleichbehandlung und Doppelmoral. | |
Von sich aus erwähnten sowohl Lauterbach als auch Buschmann die Debatte um | |
den maskenlosen Flug am Mittwoch nicht. Auf Nachfrage sagte Lauterbach, | |
dass sich bei dem Flug an die Regeln der Luftwaffe gehalten wurde. | |
Ausnahmen für Getestete in anderen Flugzeugen seien nicht vorgesehen. | |
Buschmann äußerte mehr Verständnis für die Empörung. „Mein Gefühl ist, … | |
sich das Kabinett damit noch beschäftigen wird“, sagte Buschmann. | |
„Politisch würde ich uns als Bundesregierung empfehlen, dass überall die | |
gleichen Regeln gelten.“ Es könne sonst „das Gefühl entstehen, das wir uns | |
die eigenen Regeln selbst nicht zumuten wollen“, ergänzte der | |
Justizminister. | |
24 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Linda Gerner | |
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