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# taz.de -- Nancy Pelosi in Taiwan: Das Schweigen des Präsidenten
> Der Besuch der dritthöchsten Amtsträgerin der USA in Taiwan löst in den
> USA heftige Debatten aus. Nur Präsident Joe Biden sagt nichts.
Bild: In Taiwan gefeiert: Pelosi bei ihrem Besuch im Parlament in Taipeh
New York taz | Mit angehaltenem Atem haben die politisch Verantwortlichen
in der US-Hauptstadt sowie die Makler an der New Yorker Börse den
[1][Taiwan-Trip von Nancy Pelosi] verfolgt. „Ich tue es für die
Demokratie“, begründete die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses in einem
Meinungsbeitrag, der gleichzeitig mit ihrer Landung in Taipeh in der
[2][Washington Post] erschien.
Ebenfalls am Dienstag bestellte die chinesische Regierung den
US-Botschafter in Peking zum Gespräch ein und kündigte See-Manöver mit
scharfer Munition an sechs Punkten rund um Taiwan an, um gegen den Besuch
zu protestieren. Zwei zentrale Akteure allerdings, die auf unterschiedliche
Art von Pelosis Reise betroffen sind, hielten sich mit Kommentaren zurück:
US-Präsident Joe Biden und die Präsidentin von Taiwan, Tsai Ing-wen. Die
Webseite von letzterer war kurz vor Pelosis Ankunft Opfer einer
Cyberattacke geworden.
„Wer mit dem Feuer spielt, wird verbrannt“, soll der chinesische Präsident
Xi Jinping in der vergangenen Woche bei einem seit längerem geplanten
Telefonat zu dem US-Präsidenten gesagt haben. Es war das fünfte Gespräch
der beiden, seit Biden ins Weiße Haus eingezogen ist. Abgesehen von Pelosis
Reiseabsicht hatten sie alle möglichen anderen Themen, die von dem
Ukraine-Krieg bis zu Handels- und Militärischen Fragen im Südchinesischen
Meer reichten.
Biden hatte vor dem Telefonat zu Journalisten gesagt, dass das US-Militär
die Reise von Pelosi zum jetzigen Zeitpunkt für unklug halte. Aber seine
eigene Meinung nannte er nicht. Er griff auch nicht zum Telefon, um
persönlich mit Pelosi zu sprechen. Die [3][Warnungen und Versuche, Pelosi
von der Reise abzuhalten], überließ Biden seinen Sicherheitsberatern, dem
Pentagon und den Geheimdiensten. Mehrere Dutzend ehemalige CIA- und
Militär-Mitarbeiter appellierten öffentlich an Pelosi, nicht nach Taiwan zu
fahren. Doch sie schafften es nicht, Pelosi umzustimmen.
## Washington bemüht sich um Schadensbegrenzung
Warum der US-Präsident und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die
beide Demokraten sind und aus demselben zentristischen Flügel ihrer Partei
kommen, ihre China-Politik nicht miteinander koordinieren, ist ein Rätsel.
Die 82jährige Pelosi ist qua Amt die dritte Person in der politischen
Hierarchie der USA. Sollte dem Präsidenten und der Vizepräsidentin etwas
zustoßen, würde sie automatisch an die Spitze nachrücken. Auch deswegen
interpretiert Peking ihren Besuch als eine Aktion der gesamten Spitze der
US-Politik.
Direkt nachdem Pelosi in Taipeh gelandet war und für ein erstes Foto
posiert hatte, bemühten sich in Washington Bidens Berater um
Schadensbegrenzung und um Erklärungen, die Peking die Verantwortung für
jede weitere Eskalation geben sollten. „Wenn China daraus eine Krise
macht“, sagte Sicherheitsberater Jake Sullivan, „ist das Chinas Schuld“.
Für Washington habe sich nichts verändert. Es halte weiterhin an seiner
Ein-China-Politik fest und es übe sich in „Zurückhaltung“. Doch nicht nur
Peking schickte Militärflugzeuge und -schiffe in die Gewässer rund um
Taiwan. Auch die USA waren mit ihrem Flugzeugträger Ronald Reagan vor Ort.
John Kirby, der Sprecher des nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus,
präzisierte am Dienstag, dass China genau das tue, was Washington erwartet
habe. Und fügte hinzu, dass er nach Pelosis Abreise mit weiteren
militärischen und wirtschaftlichen Reaktionen aus Peking rechne, wobei
unklar sei, ob die sich vor allem gegen Taiwan oder die USA richten werden.
Ebenfalls am Dienstag stiegen an der Wallstreet die Aktienwerte großer
US-amerikanischer Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin, Northrop Grumman
und Raytheon um mehr als zwei Prozent.
Ganz so weit von Pelosi entfernt, wie das Schweigen von der Spitze des
Weißen Hauses vermuten lässt, ist Biden in Sachen China-Politik nicht. Er
hat immer wieder versprochen, „hart“ gegenüber China zu sein. Bei seinem
Amtsantritt lud er als erster US-Präsident den ständigen Vertreter von
Taiwan zu seiner Zeremonie ein.
## Verkehrte Welt in Washington
Zu dem Eindruck von verkehrter Welt in Washington trägt bei, dass Politiker
der Republikanischen Partei der Demokratin Pelosi am Dienstag zu ihrer
Reise applaudierten. Auf dem rechten TV-Sender Fox erklärte ein ehemaliger
CIA-Mann, wie gut es sei, „dass Pelosi sich nicht von einer Diktatur
einschüchtern lässt“.
Die liberale Tageszeitung [4][New York Times] hingegen schalt das
Pelosi-Unternehmen als „völlig rücksichtslos“. Anstatt China zu
provozieren, Xi Jinping einen Vorwand zu liefern und während des Ukraine
Kriegs einen möglichen zweiten militärischen Konflikt in Asien auszulösen,
wäre es im Interesse der USA, wertzuschätzen, dass China einer der
wichtigsten Handelspartner der USA ist und dass es bislang im Ukraine-Krieg
keine Waffen an Putin geschickt habe, schrieb die New York Times.
Bei den zahlreichen asiatischen Amerikanern in Pelosis Wahlkreis in San
Francisco, darunter zahlreiche Taiwanesen, stößt die Reise auf Interesse.
Aber ob sie jenseits des Symbolischen auch einen praktischen Nutzen für die
23 Millionen Einwohner von Taiwan hat, die nur 120 Kilometer vom
chinesischen Festland entfernt leben und vor deren Küsten jetzt chinesische
Militärschiffe kreuzen, ist ein Rätsel. Offen ist zugleich die Frage, warum
die politische Führung in Taiwan die Sprecherin des Repräsentantenhauses
nicht davon abgehalten hat, zu kommen.
3 Aug 2022
## LINKS
[1] /US-Politikerin-Nancy-Pelosi-in-Taiwan/!5867938
[2] https://www.washingtonpost.com/opinions/2022/08/02/nancy-pelosi-taiwan-visi…
[3] /Taiwan-Besuch-von-US-Politikerin-Pelosi/!5869781
[4] https://www.nytimes.com/2022/08/01/opinion/nancy-pelosi-taiwan-china.html
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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