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# taz.de -- Überalterung der Gesellschaft: Probleme bei Pflege auf Distanz
> Wer sich um Angehörige kümmert, die weit weg wohnen, verliert viel Zeit
> und Geld. Die Inflation trifft diese Menschen nun ganz besonders.
Bild: Der Pflege von Angehörigen fehlt es an Anerkennung
Berlin taz | Angehörige zu pflegen ist eine Herausforderung. Besonders
kompliziert ist die Situation für Menschen, die weit entfernt von den
Pflegebedürftigen wohnen und sich dennoch um diese kümmern. Sie leiden
nicht nur unter Stress, den langen Fahrten oder hohen Kosten, sondern auch
unter mangelnder Wertschätzung, wie eine [1][neue Studie des Zentrums für
Qualität in der Pflege (ZQP)] zeigt.
Von den Befragten, die länger als 20 Minuten zu pflegebedürftigen
Angehörigen fahren müssen, gaben über 40 Prozent an, mit ihrer Situation
gar nicht zufrieden oder eher unzufrieden zu sein. Bei denen, die über zwei
Stunden fahren müssen, waren es sogar 60 Prozent.
Die Befragten klagten vor allem über großen zeitlichen Aufwand und
berufliche Einschränkungen. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie
darunter leiden, in Notsituationen den Pflegebedürftigen nicht schnell
helfen zu können. 60 Prozent sagten, dass die [2][Coronapandemie] ihre
Situation noch komplizierter gemacht habe.
Für ihren Einsatz fühlen sich viele Pflegende außerdem nicht genug
wertgeschätzt. Knapp 40 Prozent klagten, sie würden von anderen Personen im
Umfeld der Pflegebedürftigen nicht richtig wahrgenommen. Etwa genauso viele
gaben an, dass die pflegebedürftige Person ihnen das Gefühl gebe, sie seien
zu wenig bei ihr.
In Deutschland kümmert sich schätzungsweise ein Viertel der Pflegenden aus
der Distanz um Angehörige. Das ist Ausdruck einer Gesellschaft, in der
immer weniger Menschen dauerhaft an einen Ort gebunden bleiben. „Insgesamt
ist die Gesellschaft mobiler geworden“, sagt auch Studienautor Simon Eggert
zur taz. „Menschen ziehen häufiger als früher an Orte, die von dem Wohnsitz
ihrer Eltern beziehungsweise Elternteile deutlich entfernt liegen.“
## Pflegende reduzieren ihre Arbeitszeit
Werden Eltern dann pflegebedürftig, übernehmen Kinder aus der Entfernung
häufig administrative Angelegenheiten, etwa den Kontakt mit der
Krankenkasse oder mit Pflegediensten, berichtet Ralf Suhr,
Vorstandsvorsitzender des ZQP. „Viele von ihnen sind aber auch direkt vor
Ort im Einsatz und begleiten den Arztbesuch, besorgen Medikamente,
unterstützen im Haushalt oder helfen bei der Körperpflege.“
Das geht ins Geld, insbesondere dann, wenn Pflegende ihre Arbeitszeiten
reduzieren müssen, um sich um die Angehörigen zu kümmern. Weil die
Befragungen für die Studie im Februar durchgeführt wurden, spielen die seit
März drastisch gestiegenen Preise noch nicht in die Ergebnisse hinein. Doch
schon damals gaben etwa 20 Prozent der Befragten an, von finanziellen
Kosten der Pflege belastet zu sein. Inzwischen hat sich die Situation noch
einmal verschärft.
## Steigende Preise sind existenzbedrohend
Kornelia Schmid aus dem Vorstand des Vereins Pflegende Angehörige sagt:
„Für viele Pflegende sind [3][die steigenden Preise] existenzbedrohend.“
Gerade die hohen Benzinkosten seien ein Problem für diejenigen, die lange
Strecken fahren müssen. Hilfsmittel wie etwa Einmalhandschuhe seien schon
seit der Pandemie deutlich teurer geworden, nun drohen wohl weitere
Preisanstiege.
Schmid fürchtet, dass Angehörige im Winter gezwungen sein werden, dort zu
sparen, wo es die Pflegebedürftigen direkt trifft, etwa bei den
professionellen Pflegediensten. Schmids Forderung: „Es braucht ein
einheitliches und gerechtes Entlastungspaket für Pflegende.“
17 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.zqp.de/unterstuetzung-distanz/
[2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[3] /Energiekrise/!t5872932
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
## TAGS
Pflegekräftemangel
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