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# taz.de -- Spannungen zwischen Serbien und Kosovo: Krise vorerst abgewendet
> Militante Proteste gegen verschärfte Einreisebedingungen für Serben im
> Kosovo wecken Angst vor Eskalation. Kosovo stellt die Maßnahmen zurück.
Bild: In Mitrovica, Kosovo: Polizisten sichern eine Brücke
Pristina dpa/afp | Nach Spannungen im Norden des Kosovos nahe der Grenze zu
Serbien hat Pristina zugesagt, eine umstrittene Maßnahme zu geplanten
Grenzkontrollen vorerst zu verschieben. In Zusammenarbeit mit
internationalen Bündnispartnern, verspreche seine Regierung, werde sie die
Umsetzung der Maßnahmen um 30 Tage aussetzen, teilte Ministerpräsident
Albin Kurti in der Nacht zum Montag bei Twitter mit. Voraussetzung sei die
Entfernung aller Barrikaden und die Wiederherstellung einer kompletten
Freizügigkeit.
Die Regierung verurteile „die Blockade von Straßen im Norden des Kosovos“
sowie das Abfeuern von Schüssen durch bewaffnete Personen, hieß es in einer
Mitteilung. Pristina machte Belgrad für „aggressive Handlungen“ im Laufe
des Nachmittags und Abends verantwortlich.
Im überwiegend serbisch bevölkerten Norden des Kosovos hatten militante
Serben am Sonntag Barrikaden errichtet. Unbekannte hätten zudem Schüsse in
Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben, verletzt worden sei dabei
niemand, sagte die Polizei in Pristina am späten Sonntagabend.
Zu den Spannungen kam es, weil die kosovarischen Behörden ab diesem Montag
(00.00 Uhr) an den Grenzübergängen keine serbischen Personaldokumente mehr
anerkennen wollten. Serben mit derartigen Papieren müssen sich an der
Grenze ein provisorisches Dokument ausstellen lassen. Nach kosovarischer
Lesart handelt es sich um eine Maßnahme, die auf Gegenseitigkeit beruht.
Kosovarische Bürger müssen sich schon seit längerer Zeit beim
Grenzübertritt nach Serbien ein provisorisches Dokument ausstellen lassen,
weil die serbischen Behörden die kosovarischen Papiere nicht anerkennen.
Zudem sollten neue Regeln für die Nummernschilder von Autobesitzern gelten.
## EU begrüßt Verschiebung der Maßnahmen
Kurti und die politische Führung hätten Kontakt mit US-amerikanischen und
europäischen Vertretern gehalten und zugesagt, den Start der geplanten
Maßnahmen im Grenzverkehr nun auf den 1. September zu verschieben, hieß es
in der Regierungsmitteilung weiter. Zuvor hatten sich der
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie der US-Botschafter im Kosovo, Jeff
Hovenier, für einen Aufschub ausgesprochen.
Borrell begrüßte die Verschiebung der Maßnahmen in der Nacht zum Montag.
„Erwarte, dass alle Blockaden sofort entfernt werden“, schrieb er auf
[1][Twitter]. Noch offene Probleme sollten über einen von der EU
vermittelten Dialog gelöst werden. Eine Normalisierung der Beziehungen
zwischen dem Kosovo und Serbien sei essenziell für deren Weg in die
Europäische Union.
Die Sicherheitslage im Norden des Kosovos sei angespannt, hatte die
Nato-Mission KFOR am Sonntagabend [2][mitgeteilt]. Sie beobachte die
Situation genau und sei gemäß ihrem Mandat „bereit, einzugreifen, sollte
die Stabilität gefährdet sein.“ Die Nato-geführte Mission konzentriere sich
jeden Tag darauf, ein sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit für alle
Menschen im Kosovo zu garantieren.
Russland, das als [3][Verbündeter Serbiens] gilt, warf dem Kosovo
unterdessen „Provokationen“ vor. Die Sprecherin des Außenministeriums in
Moskau, Maria Sacharowa, sagte laut einer Mitteilung vom Sonntagabend
zudem: „Eine solche Entwicklung der Ereignisse ist ein weiterer Beweis für
das Scheitern der Vermittlungsmission der Europäischen Union.“
Russland hat europäischen Staaten in der Vergangenheit immer wieder eine
angeblich jahrelang misslungene Mediation in Bezug auf die Ukraine
vorgeworfen und seinen Ende Februar begonnenen Angriffskrieg gegen das
Nachbarland auch in diesem Kontext gerechtfertigt.
Militante Serben blockierten am Sonntag die Zufahrtswege zu zwei
Grenzübergängen nach Serbien mit Barrikaden. Das heute fast ausschließlich
von Albanern bewohnte Kosovo hatte früher zu Serbien gehört. 2008 hatte es
sich für unabhängig erklärt. Serbien erkennt die Eigenstaatlichkeit des
Kosovos nicht an und beansprucht dessen Staatsgebiet für sich. Im Rahmen
der internationalen Mission ist auch die Bundeswehr seit 1999 im Kosovo
stationiert.
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hatte zuvor am Sonntag erklärt,
die Lage im Kosovo sei für die dort lebenden Serben und für Serbien „noch
nie so komplex“ gewesen. Die Atmosphäre sei „am Siedepunkt“.
1 Aug 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/JosepBorrellF/status/1553876818721128449
[2] https://twitter.com/NATO_KFOR/status/1553852357972316160/photo/1
[3] /Pro-Putin-Demonstrationen-in-Belgrad/!5839511
## TAGS
serbische Minderheit im Kosovo
Kosovo
Serbien
Nato
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kosovo
Westbalkan-Staaten
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