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# taz.de -- Antisemitisches Relief an Kirche: „Abnahme ist kein Tabu“
> Die Wittenberger Kirchengemeinde schließt nicht aus, dass das
> antisemitische Relief „Judensau“ abmontiert werden könnte. Das Schandmal
> beschäftigt die Justiz weiter.
Bild: Die judenfeindlichen Schmähplastik an der Südfassade der Kirche in Witt…
Wittenberg epd/dpa | Die Wittenberger Stadtkirchengemeinde schließt die
Entfernung der judenfeindlichen Schmähplastik an der Südfassade ihrer
Kirche nicht mehr aus. „Die Abnahme ist für uns kein Tabu“, sagte der
Vorsitzende des Gemeindekirchenrats, Jörg Bielig, am Mittwoch in Wittenberg
dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Ein von der Gemeinde einberufenes Experten-Gremium hatte nach fast
zweijähriger Beratung empfohlen, das Reliefs in einen „adäquat
kontextualisierenden Rahmen“ zu bringen. Die Empfehlung war am Dienstag
veröffentlicht worden. Die auch als „Judensau“ bekannte Darstellung aus dem
13. Jahrhundert zeigt unter anderem ein Schwein, an dessen Zitzen Menschen
saugen, die Juden darstellen sollen. Ähnliche Reliefs finden sich auch
[1][an zahlreichen anderen Kirchen in Deutschland] und Europa.
Aufgeschlossen zeigte sich auch ein Sprecher des Landesamtes für
Denkmalpflege und Archäologie von Sachsen-Anhalt. „Wir hatten uns
eigentlich für einen Verbleib der Plastik ausgesprochen“, sagte Alfred
Reichenberger: „Sollte die Entscheidung aber so ausfallen, dass die Plastik
in den empfohlenen Lernort überführt werden soll, dann werden wir uns
dagegen nicht verschließen.“
Bielig bremste indes Erwartungen für eine schnelle Entscheidung. Der
Gemeindekirchenrat komme erst wieder Ende August zusammen und werde zu der
Experten-Empfehlung vorher nicht Stellung nehmen. Ohnehin könne man eine
Entscheidung von so großer denkmalschützerischer und politischer Tragweite
nicht übers Knie brechen. Die Stadtkirche gehöre immerhin zum
Unesco-Weltkulturerbe, betonte Bielig.
## Relief ist eine Verletzung jedes Juden in Deutschland
Derweil wurde am Mittwoch ebenfalls bekannt, dass der Streit um das
„Judensau“-Relief auch weiter die Justiz beschäftigen wird. Ein jüdischer
Mann, der sich von dem Relief beleidigt sieht, kündigte an
Verfassungsbeschwerde einzulegen, nachdem er vor wenigen Wochen [2][mit
seiner Klage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) unterlegen war.] Den Eingang
des Schreibens bestätigte ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts am
Mittwoch in Karlsruhe.
Der „Spiegel“ hatte berichtet, die Anwälte des Klägers forderten, dass das
BGH-Urteil aufgehoben und der Fall zurückverwiesen werde. Das Relief sei
„in Ansehung der damit verbundenen schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung
nicht nur des Beschwerdeführers, sondern jedes Juden in Deutschland zu
entfernen“.
Ein Vertreter des jüdischen Klägers war am Mittwoch zunächst nicht zu
erreichen. Offen ist damit unter anderem, wie der Mann zu der am Dienstag
veröffentlichten Empfehlung des Expertenbeirats steht, das Relief zeitnah
von der Kirche zu entfernen.
27 Jul 2022
## LINKS
[1] /Antijudaistisches-Kirchenrelief-in-Calbe/!5696295
[2] /Antisemitismus-an-Stadtkirche-Wittenberg/!5858128
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