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# taz.de -- Ehemalige ARD-Vorsitzende Schlesinger: Intendantin verlässt RBB
> Luxusdienstauto, falsche Abrechnungen, krumme Beraterverträge:
> Schlesinger legt nun auch ihr Amt als RBB-Intendantin nieder.
Bild: War seit 2016 Intendantin beim RBB: Patricia Schlesinger
Obwohl Patricia Schlesinger einen Rücktritt als RBB-Intendantin öffentlich
stets ausgeschlossen hat, war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit,
bis sie doch geht. Zu schwerwiegend und vielfältig waren die Vorwürfe gegen
die 61-Jährige, die maßgeblich durch die Recherchen von [1][Business
Insider] veröffentlicht wurden.
Im Anschluss wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Berlin ein
Ermittlungsverfahren gegen die 61-Jährige eingeleitet hat. Ermittelt werde
wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme gegen Schlesinger,
ihren Ehemann Gerhard Spörl und gegen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter
Wolf.
Am Sonntagabend war es so weit: Schlesinger legte ihr Amt als Intendantin
mit sofortiger Wirkung nieder und trat als Chefin des Senders zurück. In
einem Schreiben an die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach,
das der taz vorliegt, heißt es: „Mir fällt dieser Schritt unendlich schwer.
Die persönlichen Anwürfe und Diffamierungen haben aber ein Ausmaß
angenommen, das es mir auch persönlich unmöglich macht, das Amt weiter
auszuüben.“ Am Donnerstag hatte sie bereits [2][ihren Rücktritt als
ARD-Vorsitzende] bekannt gegeben.
Ende Juni veröffentlichte Business Insider, das zum Verlagshaus Axel
Springer gehört, die ersten Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen
Schlesinger, die seit 2016 das Amt der Intendantin innehatte. [3][Stetig
kamen neue hinzu]. Dabei geht es um ein „System aus gegenseitigen
Gefälligkeiten“ zwischen Schlesinger und RBB-Verwaltungsratschef
Wolf-Dieter Wolf. Letzterer soll Schlesingers Ehemann lukrative Aufträge in
seinem Amt als Aufsichtsratschef der Messe Berlin zugespielt haben. Auch
die Vergabe von Berater-Aufträgen für den Bau des digitalen Medienhauses
des RBB wurden kritisiert. Hinzu kommen Anschuldigungen, die einen
Luxusdienstwagen, mögliche fehlerhafte Abrechnungen von dienstlichen
Abendessen in der Privatwohnung sowie eine Gehaltserhöhung betreffen.
Kurz nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe veranlasste der RBB eine
unabhängige Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei, die
Compliance-Beauftragte und die Revision des Senders. Die Ergebnisse sollen
im September oder Oktober vorliegen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte
ihr Verfahren gegen Schlesinger eingestellt.
## Kritik an der Kommunikation – und Aufklärung
An Schlesingers Umgang mit den Vorwürfen gab es viel Kritik. Gerade aus der
brandenburgischen Politik hatte in den vergangenen Wochen vermehrt
Rücktrittsforderungen gegeben, wie von der Grünen-Fraktionschefin Petra
Budke und dem Ausschusschef Daniel Keller (SPD). Auch intern gab es großen
Unmut: Die Freien Mitarbeiter:innen kritisierten, dass sie ein
Großteil der Neuigkeiten nur über die Presse erfuhren; der RBB-Personalrat
war nicht zufrieden mit dem Aufklärungsprozedere.
Schlesingers Rücktritt erfolgte nun 24 Stunden vor der anberaumten
Sondersitzung des RBB-Rundfunkrats. Kurz vorher hatten der Business
Insider, BZ und die Bild neue Details über die dienstlichen Dinner der
Intendantin veröffentlicht. Zudem berichtete die Bild über einen Umbau der
Chefetage im RBB in sechsstelliger Höhe. Vielleicht gaben diese Recherchen
Schlesinger den letzten Impuls zum Rücktritt. Denn drei Tage zuvor hatte
sie diesen noch ausgeschlossen. Bislang hatte die Intendantin die
Anschuldigungen gegen sie zurückgewiesen.
In einer [4][Pressemitteilung des RBB] begründet Schlesinger ihre
Entscheidung nun wie folgt: „Aktuell steht nicht mehr die journalistische
und publizistische Leistung des Senders im Vordergrund, sondern es geht nur
um mögliche und angebliche Verfehlungen der Intendantin. Das bedauere ich
sehr und ich entschuldige mich bei den Beschäftigten des rbb für diese
Entwicklung.“
Eine Entschuldigung an die Mitarbeiter*innen gab es also, eine Analyse
der eigenen Fehler oder eine selbstkritische Reflexion des eigenen
Verhaltens bleibt bislang aus – und wird es für den Moment wohl auch nicht
geben. Unter der Pressemitteilung wurde vermerkt: „Patricia Schlesinger
steht aktuell nicht für weitere Statements oder Interviews zur Verfügung.“
Der Rücktritt Schlesingers wird in der Branche begrüßt. Frank Überall, der
Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), sagte am Montag:
„Wir haben über das Wochenende erlebt, dass immer neue Vorwürfe kommen und
das ist nach meinen Informationen auch noch nicht das Ende der
Fahnenstange. Insofern war es jetzt der richtige Schritt, um Schaden vom
rbb und auch seinen Mitarbeitenden – und auch insgesamt von der ARD und dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk – abzuhalten.“
Die Leitung des RBB übernimmt ab sofort Hagen Brandstäter, der
stellvertretende Intendant.
8 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/geheim-bonus-frisierte-spesenabre…
[2] /RBB-Intendantin-Schlesinger-unter-Druck/!5870038
[3] /Vorwuerfe-gegen-RBB-Intendantin/!5867820
[4] https://www.rbb-online.de/unternehmen/presse/presseinformationen/unternehme…
## AUTOREN
Carolina Schwarz
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