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# taz.de -- Kinotipps für Berlin: In der Abwärtsspirale
> Lebenswege am Abgrund: „The Princess“ erforscht das Verhältnis Dianas zu
> den Medien. „Amy“ das Umfeld einer von vielen ausgebeuteten Sängerin.
Bild: „Amy“ (2015, R: Asif Kapadia)
Die kultische Verehrung der britischen Prinzessin Diana ist mir immer ein
Stück weit rätselhaft geblieben. Man hätte denken können, den Leuten sei
eine wahrhaftige Marienerscheinung zuteil geworden – und nicht bloß der
Anblick irgendeiner Adelstussi mit großen Ansprüchen und wenig Grips.
Eine Doku über Diana anzuschauen, gehört also nicht gerade zu meinen
Prioritäten. Doch „The Princess“ lohnt sich. Denn hier geht es nicht um das
triste Leben im Königshaus, sondern um Fragen medialer Wahrnehmung.
Der britische Regisseur Ed Perkins hat in einer unkommentierten Montage
ausschließlich Archivmaterialien zusammengestellt, und was ihn dabei
interessiert, ist sowohl der zynische Umgang der Boulevardmedien mit Diana
als auch die geschickte Instrumentalisierung der Presse durch Diana: mit
den richtigen Indiskretionen zur richtigen Zeit und symbolträchtigen
Inszenierungen – während sie sich gleichzeitig über den Mangel an
Privatsphäre beschwerte.
Einfach nur ein Opfer war Diana nämlich sicher nicht. Und wenn, dann nur
Opfer eines bestimmten Umstandes: dass man den Geist namens Medien nicht
wieder in die Flasche bekommt, wenn man ihn einmal in sein Leben gelassen
hat (22. 7., 14.15 Uhr, 26. 7., 14.50 Uhr, [1][B-ware! Ladenkino]).
Als die britische Soul-Sängerin Amy Winehouse 2011 im Alter von 27 Jahren
an einer Alkoholvergiftung verstarb, lagen bereits mehrere Jahre der
Drogen- und Alkoholsucht mit entsprechenden Abstürzen hinter ihr, die von
den Boulevardmedien begierig ausgeschlachtet worden waren.
Den Aufstieg zum internationalen Superstar hatte die Musikerin nicht
verkraftet, und es fand sich niemand, der den letztlich entgleisten Zug
hätte stoppen wollen. Denn schließlich, so lautet einer der Aspekte, die
Regisseur Asif Kapadia in seiner Dokumentation „Amy“ (2015) herausarbeitet,
profitierte das gesamte Umfeld der Sängerin von ihr, solange es überhaupt
noch halbwegs weiterging.
Kapadia zeichnet das Porträt einer sensiblen Künstlerin mit vergleichsweise
geringem Selbstwertgefühl und vielerlei psychischen Problemen, die in einem
obszönen Mediengewitter untergeht, der keinen privaten Schritt mehr
erlaubt. Wer sich darauf einlässt, wird in den emotionalen Sog einer böse
endenden Abwärtsspirale gezogen (23. 7., 21.15 Uhr, THF Cinema im Flughafen
Tempelhof).
Teil 3 britischer Kultfiguren: Den grafischen Künstler Louis Wain kennt man
bis heute durch seine Bilder von vermenschlichten Katzen; eine sentimentale
Erbauung für die Menschen des viktorianischen Zeitalters, in das er 1860 in
London hineingeboren wurde.
Das Biopic „Die wundersame Welt des Louis Wain“ von Will Sharpe stellt ihn
als einen Menschen dar, der mit dem Leben und den damit einhergehenden
Verantwortungen restlos überfordert war. Dass er sich und seine Familie
überhaupt irgendwie durchbrachte, verdankte er Gönnern, die sein
zeichnerisches Talent schätzten; in späteren Jahren erkrankte Wain
(vermutlich) an Schizophrenie und verbrachte seine letzten 25 Lebensjahre
in Anstalten.
Was den Film jenseits der energischen Leistung von Benedict Cumberbatch in
der Titelrolle interessant macht, ist vor allem die gelungene Gratwanderung
zwischen einer liebenswerten Exzentrik, die auch durchaus komische Momente
hervorbringt, und dem Abrutschen in einen pathologischen Zustand (22. 7.,
21.15 Uhr, Open Air Spandau).
20 Jul 2022
## LINKS
[1] https://ladenkino.de/
## AUTOREN
Lars Penning
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