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# taz.de -- Petersberger Klimadialog: Nebenbei auch Menschenrechte
> Die Situation politischer Gefangener in Ägypten war dem Treffen mit dem
> ägyptischen Präsidenten beim Petersberger Klimadialog nur am Rande Thema.
Bild: Sana Seif bei dem Protest gegen den Besuch von Al-Sisi in Berlin
taz | Sanaa Seif hatte mehr erwartet. Die Aktivistin – seit der Revolution
am Tahrirplatz politisch aktiv und seitdem dreimal in ihrer Heimat im
Gefängnis – reist seit Wochen durch die Hauptstädte des Westens und wirbt
dort für ihre Sache: Der internationale Druck auf das Regime in Kairo müsse
steigen. Es geht ihr um die Menschenrechtslage im Land im Allgemeinen, im
Speziellen aber auch um das Schicksal ihres Bruders [1][Alaa Abd
el-Fattah]. Der Blogger, aktuell im Hungerstreik, ist einer der
prominentesten politischen Gefangenen des Landes.
Beim Petersberger Klimadialog war all das am Montag und Dienstag eher am
Rande Thema. Als Gastgeberin der nächsten Weltklimakonferenz im November
war die ägyptische Regierung auch Co-Gastgeberin der Veranstaltung.
Präsident Abdel Fattah al-Sisi nahm teil, wurde von [2][Olaf Scholz (SPD)]
auch im Kanzleramt empfangen. „Die deutsche Regierung hätte Fortschritte in
der Menschenrechtspolitik von vornherein zur Bedingung für die Teilnahme
machen können“, sagt Seif, die am Rande des Klimadialogs ebenfalls nach
Berlin gereist war, am Dienstagmittag. „Zumindest aber hätte die
Bundesregierung das Thema während des Besuchs deutlicher ansprechen
können.“
Zur Sprache kamen die Menschenrechte während der Veranstaltung in erster
Linie im Hintergrund. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) berichtete
davon am Nachmittag, als sie zum Ende des Klimadialogs an einem Panel mit
Vertreter*innen der Zivilgesellschaft teilnahm: Während eines
bilateralen Gesprächs mit al-Sisi habe sie „natürlich auch über
Menschenrechte geredet.“ Übergeben habe sie dem ägyptischen Präsidenten
eine Liste mit Namen politischer Gefangener, die zu Unrecht im Gefängnis
säßen. Während Baerbocks Eröffnungsrede am Montag und während einer
Pressekonferenz mit ihrem ägyptischen Amtskollegen Samih Schukri am
Dienstag war die Menschenrechtslage dagegen kein Thema.
Kanzler Scholz erwähnte die Situation in seiner eigenen Pressekonferenz mit
al-Sisi nebenbei. „Was die Frage der Menschenrechte betrifft, so war sie
ein Thema unseres Gesprächs. Der Präsident und ich, beide haben wir darüber
berichtet“, sagte er. Deutschland stehe bereit, „die Chancen, Rechte und
Freiheiten der Menschen in Ägypten zu fördern“. Gesprächiger war da al-Sisi
selbst, der den soeben gestarteten „Nationalen Dialog“ in seinem Land
anpries.
Einladung nach Ägypten
Im Rahmen einer Gesprächsreihe will das Regime Vertreter*innen
verschiedener politischer Strömungen an einen Tisch bringen und eine
Debatte unter anderem über den wirtschaftspolitischen Kurs des Landes
eröffnen. Die Initiative soll als Beleg für den liberalen Geist des
ägyptischen Systems dienen. „Erlauben Sie mir, Sie und alle Leute, die sich
für dieses Thema interessieren, einzuladen“, sagte al-Sisi im Kanzleramt an
die Presse gerichtet. Man werde dann schon sehen, wie groß man in Ägypten
die Menschenwürde schreibe.
„Der Nationale Dialog ist ein Witz, das weiß jeder“, sagt dagegen die
Aktivistin Seif, die die Gesprächsreihe des Präsidenten als
„White-Washing-PR“ bezeichnet – genauso wie die Gastgeberschaft der
Klimakonferenz im November, die größte internationale Veranstaltung seit
Bestehen des Regimes. Seifs Hoffnung: dass sich westliche Regierungen dort
klarer zur Menschenrechtslage äußern werden – ebenso wie teilnehmende
Klimaaktivist*innen aus dem Ausland. „Wir werden keinen Zugang zum
Gipfel haben, sie schon. Wenn sie nicht Teil von al-Sisis Propaganda werden
wollen, müssen sie sich äußern.“
19 Jul 2022
## LINKS
[1] /15-Jahre-Haft-fuer-aegyptischen-Blogger/!5040319
[2] /Petersberger-Klimadialog/!5865552
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Annalena Baerbock
Ägypten
Klimaschutzziele
Klimakonferenz in Dubai
UN-Menschenrechtsrat
Schwerpunkt Klimawandel
Annalena Baerbock
Weltklima
Ägypten
Lesestück Recherche und Reportage
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