| # taz.de -- Neues Album von Zola Jesus: Mit dem Scheitern wachsen | |
| > Zola Jesus kombiniert ihren Gothic-Pop mit klassischen Elementen. Auf | |
| > ihrem Album „Arkhon“ beschäftigt sie sich mit Fragen der Macht. | |
| Bild: Zola Jesus mit ihrem Gothic Pop | |
| „Arkhon“, der Titel des neuen Albums von Zola Jesus ist ein rätselhafter | |
| Begriff. Es sein denn, man ist des Altgriechischen mächtig ist und weiß | |
| bereits: Das Wort steht für Macht oder auch für Herrscher. Auf jeden Fall | |
| ist der Begriff für die Musikerin, geboren 1989 als [1][Nika Roza Danilova] | |
| in Phoenix, Arizona, im Südwesten der USA, eher negativ besetzt. Die | |
| US-Künstlerin mit deutsch-slowenisch-ukrainischen Wurzeln hatte das | |
| untrügliche Gefühl, dass Menschen meist dunklen Einflüssen unterliegen. | |
| Dass sie sich korrumpieren lassen, statt tatsächlich ihr wahres Selbst zu | |
| finden. | |
| Folgerichtig heißt der Auftaktsong ihres neues Werks „Lost“. Im Text geht | |
| es um das Verlorensein und die Utopie des Sichwiederentdeckens. Die Basis | |
| der Musik bildet der Gesang eines slowenischen Chores, auf den Zola Jesus | |
| bei Youtube stieß und den sie kurzerhand sampelte. Darüber thront ihre | |
| markante, im Operngesang geschulte Stimme. | |
| Die 33-Jährige versteht es, ihre klassischen Wurzeln mit Gothic-Pop zu | |
| kombinieren. Mal türmt sie gewaltige Industrial-Noisewände mit Goth-Patina | |
| auf, mal fordert sie in der minimalistischen Pianoballade „Desire“ am Ende | |
| einer Beziehung von ihrem Partner Empathie ein. | |
| Verblüffend ist, dass ihre Lieder trotz aller Düsternis nie zu sperrig | |
| klingen. Denn Zola Jesus hat ganz gewiss ein Händchen für Melodien. Als | |
| weiteres Plus entpuppt sich ihr frisch entfachter Sinn für Teamgeist. Zum | |
| ersten Mal suchte sie sich für den kreativen Prozess mit dem Schlagzeuger | |
| Matt Chamberlain und Randall Dunn, der sich als Produzent vor allem in der | |
| Metal- und Indie-Szene einen Namen gemacht hat, künstlerische Mitstreiter. | |
| Somit konnte sie spontaner agieren. Jedenfalls manchmal. | |
| ## Negative Erfahrungen können stärken | |
| Zuweilen haderte sie auch mit sich. Ihren Gesangspart für das düster | |
| pluckernde „The Fall“ nahm Zola Jesus immer wieder neu auf, bevor sie | |
| schließlich doch zur Demo-Fassung zurückkehrte. Die hatte einfach die | |
| richtige Energie für ihre introspektive Selbstanalyse. „I will take the | |
| fall“, singt sie. „Give it all to me.“ Weiter im Text nimmt die Vortragen… | |
| zwar die Schuld für das Scheitern einer Liebe auf sich, schaut aber | |
| trotzdem mit den Worten „Crossing the abyss / Into something new“ nach | |
| vorne. Getreu dem Motto: Negative Erfahrungen können auch stärken. | |
| Zola Jesus horcht oft in sich hinein, daran lassen ihre Titel nicht den | |
| geringsten Zweifel. Im flirrenden „Tone“ beschäftigt sie sich mit ihrer | |
| Intuition. Gut möglich, dass ihr Bauchgefühl während ihrer Kindheit | |
| ordentlich geschärft wurde, als ihre Eltern mit ihr von Phoenix auf ein | |
| ländliches Anwesen mit 40 Hektar Wald in Wisconsin zogen. Dort gab es | |
| nämlich wenig Ablenkung, darum beschäftigte sich die Teenagerin schon | |
| während der Collegezeit daheim mit Musik. | |
| [2][Zola Jesus tüftelte leidenschaftlich gern] mit Keyboards, | |
| Drum-Maschinen und anderen Instrumenten herum. Ihr Debütalbum „The Spoils“ | |
| veröffentlichte sie 2009, damals studierte sie noch an der University of | |
| Wisconsin-Madison Philosophie und Französisch. Inzwischen konzentriert sich | |
| Zola Jesus allerdings auf ihre Musik. Immer wieder wird sie mit [3][Kate | |
| Bush] verglichen – wegen ihrer außergewöhnlichen Stimme. | |
| ## Leise Gänsehautmomente | |
| Bei „Into the Wild“ brilliert sie glasklar, im melancholischen „Dead and | |
| gone“ leuchtet sie Sehnsucht und Wehmut aus. Zu den Orchester-Arrangements | |
| der Geigerin Louise Woodward. In „Sewn“ behauptet sich der Gesang mühelos | |
| gegen ratternden Industrial-Rock. An Stücken wie „Fault“ lässt sich | |
| ablesen, was für eine wichtige Rolle das Schlagzeug auf diesem Album | |
| spielt. Matt Chamberlain, der schon mit David Bowie und Bob Dylan arbeitete | |
| und ein festes Mitglied in der Liveband von Tori Amos ist, gibt hier den | |
| eigenwilligen Rhythmus vor. | |
| Schlussendlich hält sich Zola Jesus an konventionelle Songstrukturen. | |
| Gänsehautmomente bietet sie im Leisen, lärmende Kracher hat sie ebenfalls | |
| im Portfolio. Mitunter klingt sie wie die Gothic-Schwester von Florence | |
| Welch, dann wieder erinnert sie an Lisa Gerard von Dead Can Dance. Eins | |
| kann man Zola Jesus keinesfalls absprechen: ihre Geschmackssicherheit. | |
| Dass sie jetzt noch ein bisschen tiefer in die Möglichkeitenkiste gegriffen | |
| hat, ändert nichts am perfekten Zusammenspiel der einzelnen Elemente. Mit | |
| ihrem sechsten Album ist Zola Jesus musikalisch und textlich immer noch | |
| State of the Art. | |
| 22 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dagmar Leischow | |
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