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# taz.de -- Frauenfußball als Goodwill-Projekt: Zu viel Liebe ist auch keine L…
> Der Frauenfußball wurde während der EM schier erdrückt vor Zuneigung.
> Dabei gibt es nun wahrlich schon genug Hype und Hysterie rund um den
> Fußball.
Bild: Kabinen-Kanzler: Olaf Scholz besucht das DFB-Team und verspricht etwas
So viel Liebe war selten. Der Fußball der Frauen ist schier erdrückt worden
vor Zuneigung. Toll, diese Mädels! Super, diese Frauen! Es war ein
Lovestorm ohnegleichen, der in den vergangenen dreieinhalb Wochen über die
Medien durch das Land geschickt worden ist. Ist es echte Liebe? Nur eine
Liebelei, weil gerade kein Männerturnier den Sommer geprägt hat? Oder ist
alles ganz anders, und es gibt gar keine echte Zuneigung zum Frauenfußball?
Man weiß es nicht.
Klar, [1][die Verbände jubilieren über den Erfolg des Turniers],
präsentieren stolz Zuschauerrekorde und TV-Quoten, wie sie noch keine EM
der Frauen zuvor gesehen hat. Sie versprechen sich neue Mitglieder für ihre
Klubs an der Basis, eine neue Kundinnenschar für die Produkte, die das
Fußballbusiness verkauft, Trikots, Sponsorenplätze und Übertragungsrechte.
Trainerinnen und Spielerinnen schwärmen vom Geist des Turniers, der die
Mädchen inspirieren sollte, auch Fußball zu spielen. Und beinahe allüberall
wird in diesen Jubelgesang aus der Fußballwelt eingestimmt.
Für den Fußball wäre es gewiss schön, wenn mehr Mädchen sich den Klubs
anschließen und kicken würden. Aber wenn man die Jubelchöre der vergangenen
drei Wochen Revue passieren lässt, könnte man glatt glauben, die Welt wäre
eine bessere, [2][wenn mehr Frauen Fußball spielen würden]. Warum
eigentlich?
## Naiver Glaube an das Gute
Weil sie so schön fair sind, war immer wieder zu hören, weil sie nicht so
viel auf den Rasen rotzen, weil sie sich nicht mit schmerzverzerrtem
Gesicht über den Platz wälzen, wenn sie den Windhauch einer vorbeilaufenden
Gegenspielerin gespürt haben. Nicht einmal das Finale dieser
Europameisterschaft mit all dem Zeitgeschinde und dem eitlen Siegtorjubel
von Chloe Kelly hat diesen naiven Glauben an das Gute im Frauenfußball
erschüttern können.
Das Turnier jedenfalls wurde als Dauerwerbesendung für den Frauenfußball
inszeniert, ganz so, als seien die Mädchen auf Abwegen unterwegs, die es
wagen, etwas anderes zu machen, als Bälle mit den Füßen zu treten. Sollen
wirklich all die Heranwachsenden, deren Eltern es sich leisten können,
ihrem Nachwuchs den Traum vom Ponyhof zu ermöglichen, von den Pferderücken
herabsteigen und sich ein Fußballtrikot überstreifen?
Für Eltern, die einen Buben großzuziehen haben, ist es schier unmöglich,
ihn vollständig vom Fußball fernzuhalten, ihm den Weihnachtswunsch nach
einem Trikot des Lieblingsspielers vom Lieblingsverein zu verwehren. Sollen
bald noch mehr Fanartikel unter dem Baum Weihnachten zum heiligen Fest der
Fußballverbände und Klubs machen? Das muss doch wirklich nicht sein.
Für Buben ist es schon lange nicht mehr normal, sich nicht für Fußball zu
interessieren. Müssen jetzt auch Mädchen auf dem Schulhof zu Opfern werden,
weil sie vielleicht lieber ein Buch lesen, Basketball spielen oder turnen,
weil sie lieber ein Musikinstrument lernen oder einfach nur rumhängen
wollen, statt ihre Freizeit voll und ganz dem Fußball zu unterwerfen?
Der Fußball erdrückt schon jetzt die anderen Sportarten, sogar die
olympischen. Eine bessere Sportwelt braucht weniger Fußball – nicht mehr.
Und für eine bessere Welt braucht es wahrscheinlich überhaupt keinen
Fußball, auch keinen von Frauen gespielten.
1 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.dfb.de/frauen-nationalmannschaft/start/
[2] https://www.dfb.de/frauen-im-fussball/strategie-2027/
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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