# taz.de -- Morddrohung gegen Linken-Abgeordneten: Cindi Tuncel bleibt standhaft | |
> Der Bremer Linken-Abgeordnete Cindi Tuncel bekommt im Netz sehr direkte | |
> Morddrohungen auf kurdisch und türkisch. Für den Jesiden eine neue | |
> Qualität. | |
Bild: Will weiter machen: Cindi Tuncel | |
HAMBURG taz | Am 17. Juli 2022 bekommt Cindi Tuncel eine Nachricht auf | |
Instagram. Der Account, von dem der Text stammt und mit dem Tuncel nicht | |
befreundet ist, schreibt ihm auf Kurdisch und auf Türkisch: „Guten Abend, | |
Genosse. Der Tod wird dich finden.“ | |
Dass der Linken-Abgeordnete der Bremer Bürgerschaft Anfeindungen bekommt, | |
ist für ihn nicht neu. Die Direktheit, mit [1][der er nun bedroht] wird, | |
sei aber „eine andere Qualität“. Er selbst vermutet hinter dem Account | |
türkische Faschisten. Nach seiner Anzeige ermittelt nun der Staatsschutz | |
der Bremer Polizei. | |
Seit Jahren wird Tuncel vor allem aus rechtsradikalen Kreisen angegriffen. | |
2019, kurz vor der letzten Wahl, hatten Unbekannte sein Büro in | |
Bremen-Osterholz angegriffen. Er selbst wollte [2][den Vorfall damals] | |
nicht zu sehr thematisieren: „Ich wollte nicht, dass es so aussieht, als ob | |
ich damit Wahlkampf mache.“ | |
Tuncel, der 1977 in der Türkei geboren wurde, stammt aus einer kurdischen | |
und jesidischen Familie. Als der Konflikt zwischen der Befreiungsbewegung | |
PKK und der türkischen Armee eskaliert und immer mehr Kurd:innen getötet | |
werden, flieht die Familie nach Europa. 1985 gelangen sie nach Bremen. Die | |
Hilfe vor Ort ist ihm im Gedächtnis geblieben: „Zu sehen, was damals fremde | |
Menschen für einen getan haben, hat mich sehr geprägt“. | |
## Solidarität von allen Demokrat:innen | |
Tuncel wächst in Hemelingen auf, einem benachteiligten Stadtteil im | |
Südosten der Stadt. Auch wenn das nicht einfach gewesen sei, hätten ihm vor | |
allem die Schule und der Fußball geholfen. | |
Später studiert er Soziale Arbeit und engagiert sich im ebenfalls | |
benachteiligten Stadtteil Tenever. Die soziale Not, die dort zu sehen ist, | |
aber auch die positiven Entwicklungen, motivieren ihn, politisch aktiv zu | |
werden. 2005 tritt er der PDS bei, ab 2007 ist er Mitglied der Linkspartei. | |
2011 wird er erstmals in die Bremer Bürgerschaft gewählt. | |
Nach anfänglicher Skepsis wird Tuncel heute auch von vielen konservativen | |
Abgeordneten geschätzt. Als letzte Woche die Morddrohung publik wurde, | |
bekam er Anrufe und Solidaritätsbekundungen von allen demokratischen | |
Parteien. | |
Heute lebt Tuncel mit seiner Frau und vier Kindern in Tenever. Bei der | |
nächsten Wahl möchte er unbedingt wieder antreten. Zwar habe er seine | |
„Ursprungsheimat“ 1985 verlassen müssen, doch sei er hier heimisch | |
geworden. „Demokratie gibt’s nicht umsonst“, sagt er. „Die Drohung | |
motiviert mich, auch weiterhin meine Arbeit zu machen.“ | |
27 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Einschuechterungsversuch-von-rechts/!5591464 | |
[2] /Politikerin-ueber-Umgang-mit-Drohmails/!5668851 | |
## AUTOREN | |
David Wasiliu | |
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