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# taz.de -- Mangelnde Diversität in deutschen Medien: Faule Repräsentation
> Der Autorin Sophie Passmann wird vorgeworfen, die Stimmen von BIPOC nicht
> ernst zu nehmen. Doch sie hat Recht mit Kritik an Medien und Redaktionen.
Bild: Scheinwerfer ist an, Kamera läuft: Doch wer nun dahinter steht, muss dri…
Es wird aktuell sehr viel über weißen Feminismus gesprochen. Den Anstoß gab
[1][ein Interview], das die Autorin Sophie Passmann dem Schweizer Magazin
Annabelle gegeben hat.
Darin sagte sie unter anderem: „Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus
eine Schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen
Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein
Standard reproduziert wird: Wer spricht am lautesten, am funkiesten in ein
Interview-Mikrofon hinein? Ohne dabei irgendetwas [2][gegen Rassismus]
getan zu haben.“
In diesem Text soll es nicht um das Interview selbst gehen, denn dazu ist
schon sehr viel gesagt worden. Ich würde lieber über einen Aspekt des
Interviews sprechen, der mich schon lange umtreibt und offen gestanden
langsam wütend macht: [3][die mangelhafte und faule Repräsentation]
sogenannter marginalisierter Gruppen in den deutschsprachigen Medien.
Ich schließe mich Passmanns Kritik an Redaktionen zu großen Teilen an,
obwohl ich die Formulierung „laut, funky“ etc. aus verschiedenen Gründen
unglücklich finde, und möchte hier meine Wut darüber teilen: als Schwarze
Frau, die als Kolumnistin, Redaktionsleiterin, Podcasterin, gelegentliche
Moderatorin und Schauspielerin vor der Kamera und hinter den Kulissen
wirkt.
## Sehr betroffen
Als deutsche Redaktionen und Sender [4][Schwarze Menschen] und Rassismus
entdeckt haben, das muss um 2020 gewesen sein, wurden sie nervös. Und wie
sie nicht müde zu betonen wurden, sehr betroffen. Wir müssen was machen!
Das geht doch so nicht. Anna, ich bin entsetzt. Und traurig. Und erwähnte
ich schon: betroffen?
Also wurden Schwarze Menschen vor die Kamera gezerrt: Komm, erzähl uns doch
mal deine schlimmste Rassismuserfahrung. Mensch, das ist wirklich so
passiert? Heftig. Gut, dass wir nicht so sind, wie die schlimmen Rassisten,
von denen du berichtest, schließlich geben wir dir Raum, um über sie zu
sprechen.
Weiße Menschen klopften sich nach der Aufzeichnung gegenseitig auf die
Schulter: Heute haben wir erfolgreich was gegen Rassismus getan. Morgen
dann wieder normale Themen mit normalen Menschen. Dass die vielen Schwarzen
Menschen, die da vor das Mikro gezerrt werden, auch anderes können, als
„nur“ über Rassismuserfahrung zu sprechen, passt nicht so recht ins Bild.
Was bedeutet es eigentlich für Kreative, denen großzügig ein Platz am
Tisch, aber bitte am Schwarzen Tisch für die Schwarzen Geschichten,
angeboten wird? Oder denen nur dann eine Plattform gegeben wird, wenn sie
über Rassismuserfahrungen sprechen sollen?
## Wie denn jetzt am besten?
Eine befreundete Autorin und Regisseurin erzählte mir, wie ihr die Regie
für eine Schwarze Geschichte angeboten wurde, die sie mit einer anderen
marginalisierten Frau teilen sollte. Dass diese Frauen auch für andere Jobs
infrage kämen, bei denen sie ihren Stuhl an dem besagten Tisch nicht
miteinander teilen müssten, kam gar nicht in Frage.
Hört sich für mich eher nach Charity an als nach Zusammenarbeit auf
Augenhöhe. Mensch, Anna, egal wie man es macht, man macht es falsch. Wie
soll man es denn jetzt am besten machen?
Na ja, diese Nachricht wird einige schockieren, aber man könnte Schwarze
Regisseure, Journalisten, Schauspieler für alles Mögliche anfragen. Auch
für andere Themen. Dafür müsste man aber Schwarzen Menschen und „ihren“
Geschichten zugestehen, dass sie genauso universell sind wie „weiße“
Geschichten.
## Keine echte Teilhabe
Anderes Beispiel: Ich sprach neulich mit einem potenziellen Auftraggeber
über ein Unterhaltungsprojekt, das sie kreativ und inhaltlich super fanden,
aber letztlich ablehnten, weil das Geld in diesem Jahr fehlte.
Der potenzielle Auftraggeber sagte mir, dass es noch einen anderen Topf
gebe, aber da gehe es um Projekte mit Rassismusbezug.
Ich bin sehr irritiert, dass das jetzt die Schlussfolgerung aus den letzten
Debatten ist: Ideen von Schwarzen Menschen werden finanziert und finden
eine Plattform, aber nur, wenn es um Rassismus geht.
Das ist keine echte Teilhabe und alles andere als nachhaltig. Mich
beschleicht langsam das Gefühl, dass es nicht um echte Teilhabe geht,
sondern darum, weiße Redaktionen und Entscheider progressiv erscheinen zu
lassen. Ohne fundamental etwas an den Strukturen zu ändern, die nach wie
vor rassistisch sind.
27 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.annabelle.ch/leben/sophie-passmann-ich-kann-buecher-schreiben-u…
[2] /Migrationsgeschichte-im-Journalismus/!5864360
[3] /Diversitaet-in-den-Medien/!5807304
[4] /Kaempferischer-Black-History-Month/!5828996
## AUTOREN
Anna Dushime
## TAGS
Diversität
Schwerpunkt Rassismus
Medien
GNS
Schwarze Deutsche
Schwerpunkt Rassismus
RBB
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TV-Krimi
Repräsentation
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