# taz.de -- Übernahme von Twitter: Elon Musk macht Rückzieher | |
> Musk will den Kurznachrichtendienst doch nicht mehr kaufen – aus | |
> fadenscheinigen Gründen. Der Twitter-Verwaltungsrat will dagegen vor | |
> Gericht gehen. | |
Bild: Elon Musk schärft erneut sein Twitter-Profil | |
San Francisco dpa | Die turbulente [1][Twitter-Übernahme durch Elon Musk] | |
hat die Chaos-Stufe erreicht: Der Milliardär tritt vom Kauf zurück, doch | |
die Firma will den Deal vor Gericht durchboxen. Musks Anwälte begründeten | |
den Rückzieher am Freitag mit angeblich unzureichenden Informationen zur | |
Zahl der Fake-Accounts bei dem Kurznachrichtendienst. Twitter zeigte sich | |
überzeugt, dass man sich in einem Rechtsstreit durchsetzen würde. Die | |
Twitter-Aktie sackte im nachbörslichen Handel am Freitag mehr als fünf | |
Prozent ab. | |
Überraschend kommt Musks Kehrtwende nicht: Musk hatte schon seit Wochen die | |
Twitter-Zahlen öffentlich angezweifelt. Das wurde von Beobachtern als | |
Versuch interpretiert, zumindest den Preis zu drücken. Zu seinem Gebot wäre | |
der Deal mehr als 44 Milliarden Dollar (rund 43 Mrd Euro) schwer, während | |
Twitter an der Börse zuletzt rund 28 Milliarden Dollar wert war. Beobachter | |
hatten spekuliert, dass Musk angesichts der Preisdifferenz nicht mehr | |
gewillt war, an dem ursprünglichen Gebot festzuhalten. | |
Musk hatte im Frühjahr zum Kauf von Twitter angesetzt. Er betonte | |
wiederholt, es gehe ihm dabei nicht um Geld, sondern vor allem darum, die | |
Redefreiheit auf der Plattform zu stärken. So sagte Musk, er würde den von | |
Twitter verbannten ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wieder zurück auf | |
die Plattform lassen. | |
Der Verwaltungsrat des Online-Dienstes sperrte sich zunächst gegen Musks | |
Gebot von 54,20 Dollar je Aktie, akzeptierte es dann aber doch. Als | |
nächstes sollten in den kommenden Monaten die Aktionäre über den Verkauf | |
ihrer Anteile an Musk abstimmen. Musks Preis wäre für viele von ihnen ein | |
guter Deal: Schon vor seinem Rückzieher am Freitag ging das Papier bei nur | |
36,81 Dollar aus dem US-Handel. | |
[2][Musk versuchte schon seit Mitte Mai, angeblich falsche Schätzungen von | |
Twitter zur Zahl der Spam- und Fake-Accounts zum Thema zu machen]. So | |
erklärte er den Übernahmedeal deswegen bereits für ausgesetzt. Musks | |
Anwälte erklärten nun, Twitter habe es seit fast zwei Monaten versäumt, | |
Musk und seinem Beraterstab die benötigten Datenzugänge zur Überprüfung der | |
Angaben zu Fake-Accounts bereitzustellen. Unter anderem seien Abrufe über | |
Schnittstellen begrenzt worden. Musks Seite bezeichnet das als einen Bruch | |
der Vertragspflichten, der eine Auflösung der Kaufvereinbarung | |
rechtfertige. Ob das Gericht in Delaware das genauso sieht, wird von | |
US-Beobachtern angezweifelt. | |
## Twitter: Weniger als fünf Prozent gefälschte Accounts | |
Twitter schätzt – und zwar schon seit einiger Zeit – dass die Zahl der | |
gefälschten Accounts bei weniger als fünf Prozent liegt. Musk zweifelte das | |
an – bereits nachdem er die Übernahmevereinbarung unterschrieben hatte. | |
Twitter will Musk nicht aus dem Kaufvertrag rauslassen. Man halte daran | |
fest, den Verkauf zu dem mit ihm vereinbarten Preis abzuschließen und | |
plane, dafür vor Gericht zu gehen, betonte Verwaltungsratschef Bret Taylor. | |
Musk und Twitter haben eine Strafe von einer Milliarde Dollar vereinbart, | |
falls eine Partei den Deal nicht umsetzen kann. Dabei geht es aber eher um | |
Probleme wie eine gescheiterte Finanzierung als eine Kehrtwende. | |
Musk ist bereits Großaktionär mit einem Anteil von gut neun Prozent, den er | |
vor Ankündigung der Übernahmepläne an der Börse zusammenkaufte. Auch hier | |
gab es Ärger. So hielt Musk die Frist nicht ein, in der das Überschreiten | |
der Beteiligung von fünf Prozent öffentlich gemacht werden muss. Da nach | |
dieser Mitteilung der Aktienpreis hochsprang, wird Musk in einer | |
Anlegerklage vorgeworfen, er habe mit der Verzögerung viel Geld beim Kauf | |
weiterer Aktien gespart. | |
Auch wenn Musk betonte, es gehe bei dem Twitter-Deal nicht um Geld, so | |
hätte er dafür jedoch einen Teil seines Vermögens einsetzen müssen. Der | |
Chef des Elektroautobauers Tesla und der [3][Raumfahrtfirma SpaceX] ist | |
zwar der mit Abstand reichste Mann der Welt – sein auf über 220 Milliarden | |
Dollar geschätzter Besitz besteht jedoch hauptsächlich aus Aktien. Um Geld | |
flüssig zu machen, trennte er sich zum Teil von Anteilsscheinen. Auch | |
wollte er Kredite aufnehmen und andere Geldgeber ins Boot holen. | |
Für Twitter bedeutet die Entwicklung potenziell weitere Monate der | |
Ungewissheit. Der Online-Dienst kürzte bereits seine Ausgaben. | |
Dass versucht wird, Übernahmen in dieser Größenordnung abzublasen, passiert | |
selten, kommt aber vor. So wollte das französische Luxusartikel-Konglomerat | |
LVMH die Übernahme des US-Juweliers Tiffany unter Verweis auf | |
Geschäftseinbrüche in der Corona-Pandemie absagen. Der Streit endete damit, | |
dass Tiffany ein niedrigeres Gebot von 131,5 Dollar pro Aktie statt der | |
ursprünglichen 135 Dollar akzeptierte. | |
9 Jul 2022 | |
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