# taz.de -- Konflikt zwischen Ruanda und Kongo: Friedenstöne statt Kriegsdrohu… | |
> Die Staatschefs der verfeindeten Länder Ruanda und Kongo haben einen | |
> Waffenstillstand beschlossen. Der bröckelt schon am nächsten Tag. | |
Bild: Rebellen in Rutshuru in der Nähe von Goma | |
KAMPALA taz | „Friede, Stabilität und Vertrauen“ – drei Begriffe, die | |
Kongos Präsident Felix Tschisekedi auf der Pressekonferenz nach dem Treffen | |
mit seinem ruandischen Amtskollegen Paul Kagame in den Raum stellt. Das | |
klingt bereits ganz anders als die Kriegsdrohungen, die er vor dem Treffen | |
der [1][verfeindeten Länder] in Luanda, der Hauptstadt Angolas, zu Beginn | |
der Woche getönt hatte. „Wenn Ruandas Provokation anhält, werden wir nicht | |
herumsitzen und nichts dagegen unternehmen“, hatte er am Montag gewarnt: | |
„Wir sind nicht schwach.“ | |
Die Region atmet zunächst erleichtert auf. Unter Vermittlung des regionalen | |
Staatenbundes ICGLR (Internationale Konferenz der Großen Seen) und dessen | |
Vorsitzenden, João Lourenço, dem Präsidenten Angolas, ist es am Mittwoch | |
gelungen, eine etwaige militärische Eskalation des schwelenden Konflikts im | |
Herzen des Kontinents abzuwenden – vorerst zumindest. | |
Kongo wirft seit Wochen dem Nachbarland Ruanda vor, die [2][Tutsi-Rebellen | |
der M23] (Bewegung des 23. März) zu unterstützen, die im Osten des Landes | |
einen strategischen Landstrich im Dreiländereck rund um die Vulkane erobert | |
haben, wie schon im Jahr 2012. Umgekehrt wirft Ruanda der kongolesischen | |
Armee vor, mit der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur | |
Befreiung Ruandas) zu koalieren, die sich seit über 20 Jahren im Kongo | |
verschanzt hat. Unter ihnen tummeln sich noch immer einige Täter des | |
[3][Völkermordes an den Tutsi in Ruanda] 1994. Auf beiden Seiten waren in | |
den vergangenen Wochen Kriegspropaganda und Hassreden befeuert worden. | |
Jetzt haben die beiden verfeindeten Staatschefs bei ihrem Treffen in Angola | |
einen Fahrplan ausgearbeitet, wie sich die Konflikte lösen lassen könnten. | |
Sieben Seiten umfasst das Dokument. Darin sind Punkte gelistet, die beide | |
Parteien erfüllen müssen. | |
## FDLR als „Ursprung der Spannungen“ | |
Die M23-Rebellen sollen laut den [4][Forderungen des Kongo sämtliche | |
Kampfhandlungen] einstellen und sich aus dem eroberten Gebiet zurückziehen. | |
Dafür erklärt sich Tschisekedi bereit, mit der M23 zu verhandeln. Die | |
Gespräche mit den Rebellen in Kenias Hauptstadt Nairobi waren jüngst | |
gefloppt, als Tschesekedi die Tutsi-Rebbellen zu „Terroristen“ erklärt | |
hatte. Dieser Begriff taucht nun im Fahrplan nicht mehr auf – eine | |
bemerkenswerte Kehrtwende. „Ich hoffe und warte auf einen Prozess, der | |
einen unmittelbaren Waffenstillstand sowie einen Rückzug aus den eroberten | |
Gebieten umfasst“, so Tschisekedi auf der Pressekonferenz in Luanda | |
Ruanda fordert wiederum den „Sieg“ über die Hutu-Miliz FDLR und all ihren | |
Splittergruppen. In der jetzigen Erklärung steht ausdrücklich, die FDLR sei | |
der „Ursprung der Spannungen“ zwischen den beiden Nachbarn und „trage eine | |
Hauptverantwortung für die Unsicherheit im Kongo“. Auch diese Anerkennung | |
ist neu. | |
Beide Staatschefs sichern zu, das vor zwei Jahren gestartete gemeinsame | |
Geheimdienst-Team wiederzubeleben, welches die gegenseitigen | |
Anschuldigungen untersucht. Dieses Team soll auch die „praktischen | |
Modalitäten“ aufsetzen, um die FDLR zu bekämpfen und sich bereits nächste | |
Woche in Luanda treffen. | |
## Bomben trotz Waffenstillstand | |
Angola und die ICGLR-Staaten sollen all diese Aktivitäten unabhängig | |
überwachen. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir unserer | |
Ansicht nach positive Ergebnisse erzielt haben, indem wir uns unter anderem | |
auf einen Waffenstillstand geeinigt haben“, sagte Lourenco auf einer | |
Pressekonferenz. | |
Das Problem bleibt nun die Umsetzung des Abkommens. Dies scheiterte bereits | |
am Donnerstagmorgen, als Kongos Armee anfing, die M23-Positionen zu | |
bombardieren. Die Rebellen schlugen zur „Selbstverteidigung“ zurück, wie | |
sie es nennen. Der M23-Präsident Bertrand Bisimwa sagte der taz: „Die | |
Vereinbarungen betreffen uns nicht. Wir haben nichts unterschrieben.“ | |
Der Grund dafür liegt in der Schwäche von Präsident Tschesekedi: In seiner | |
Armee haben Generäle das Sagen, die keine Einigung mit der M23 wollen. Es | |
ist wahrscheinlich, dass diese den Prozess von Innen heraus sabotieren | |
werden. | |
7 Jul 2022 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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