# taz.de -- Nach Gasunfall in Jordanien: War es Fahrlässigkeit? | |
> 13 Menschen verloren im Hafen der jordanischen Stadt Akaba jüngst ihr | |
> Leben. Nun haben Behörden Mängel bei den Sicherheitsvorkehrungen | |
> festgestellt. | |
Bild: Das am Hafen von Akaba ausgetretene Chlorgas ist hochgiftig – 13 Mensch… | |
Amman taz | Seit einer Woche streiken Arbeiter*innen am Hafen von | |
Akaba, einer ruhigen Kleinstadt an der jordanischen Küste. Sie fordern vor | |
allem mehr Sicherheit am Arbeitsplatz, beklagen die Missachtung von | |
Sicherheitsstandards und Mitarbeiterbeschwerden. | |
Nach dem Unfall am Hafen von Akaba, der das Leben von 13 Menschen gefordert | |
hat, ist eine Debatte über Sicherheit am Arbeitsplatz im haschemitischen | |
Königreich entfacht. | |
Akaba liegt an Jordaniens kurzer Küste, die sich über 26 Kilometer am Roten | |
Meer erstreckt, bekannt für ihre Tauchplätze und die Nähe zur israelischen | |
und saudischen Grenze. Vor einer Woche, am 27. Juni, sind jedoch die Bilder | |
von Akabas Hafen um die Welt gegangen. In einem Video, das in sozialen | |
Netzwerken zirkulierte, ist ein Container zu sehen, der gerade von einem | |
Kran auf ein Schiff geladen wird. Plötzlich fällt er zu Boden, eine dichte, | |
gelbe Wolke strömt in die Luft aus. Der gelbe Rauch ist Chlorgas, eine | |
Substanz, die beim Inhalieren innere Verbrennungen verursachen kann. 13 | |
Menschen sterben, mehr als 250 werden verletzt. | |
Jetzt scheint eine erste Untersuchung des Unfalls den protestierenden | |
Hafenmitarbeiter*innen recht zu geben. Wie Innenminister [1][Mazin | |
al-Farrayeh] am Sonntag bekanntgab, zeigen die Ergebnisse die | |
[2][Missachtung verschiedener Sicherheitsvorkehrungen]. So sei das Kabel, | |
das den Container halten sollte, für weniger als ein Drittel des Gewichts | |
passend gewesen. Als der Kran den Container in die Luft hob, soll es sich | |
unter der Last zerrissen haben. | |
## Dokumentation der Ladungen wohl mangelhaft | |
Außerdem sollen für die Aufgaben unpassenden Mitarbeiter*innen | |
beauftragt worden und die Dokumentation der Ladungen mangelhaft gewesen | |
sein. Al-Farrayeh sprach während einer Pressekonferenz am Sonntag von | |
„Nachlässigkeit und Mangel an Respekt für die Sicherheitsvorschriften“. | |
Der Generaldirektor der staatlichen Gesellschaft Akaba Ports Management and | |
Operation und weitere Mitarbeiter*innen sind daraufhin gekündigt | |
worden. Die Anfrage nach einer Stellungnahme an das Unternehmen blieb | |
unbeantwortet. | |
Akabas Hafen ist Jordaniens einziger Hafen und einer der wichtigsten am | |
Roten Meer. 2021 hatte er einen [3][Umsatz von 66 Millionen Dinar], etwa | |
89,2 Millionen Euro, etwa 250.000 Passagiere stiegen dort ein oder aus. 15 | |
Millionen Tonnen an Waren sind dort im vergangenen Jahr umgeschlagen | |
worden. | |
Akaba ist ebenfalls ein beliebtes touristisches Ziel für Touristen, nicht | |
nur wegen des kristallklaren Meereswassers, sondern auch wegen seiner Nähe | |
zur Wüste von Wadi Rum. Mehrere Tausend Touristen besuchen den Ort jedes | |
Jahr. Nach Angaben der jordanischen Regierung haben Tests bewiesen, dass | |
die Luft und das Wasser rund um die Küstenstadt inzwischen wieder sicher | |
sind. | |
## Sicherheit am Arbeitsplatz allgemein ein Problem | |
Die Ergebnisse der Untersuchung liegen nun bei der Staatsanwaltschaft, die | |
in dem Fall ermittelt. Doch für den Jordan Labor Watch, einen Verein des | |
Phenix Center for Economic and Informatics Studies, beschränken sich | |
Jordaniens Probleme bei der Sicherheit am Arbeitsplatz nicht auf den | |
Hafenbereich. „Leider ist die Einhaltung solcher Standards überall in | |
Jordanien sehr niedrig“, sagt Ahmad Awad, Direktor des Phenix Centers. Und | |
fügt hinzu: „Wir respektieren die Ergebnisse der Untersuchung und hoffen, | |
dass die Sicherheitsstandards in Zukunft erhöht werden, aber wir denken, | |
dass die Verantwortung für das Geschehen nicht nur bei dem Unternehmen | |
lag“, sondern auch bei weiteren Menschen und Institutionen. | |
Erst im April hatte ein [4][Bericht des Jordan Labor Watch] in Kooperation | |
mit der deutschen, SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gezeigt, dass es in | |
Jordanien noch mehrere Lücken bei Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz | |
gebe. | |
Am Sonntag, als die Regierungsvertreter die Ergebnisse der Untersuchung | |
ankündigten, [5][streikten Hunderte Hafenarbeiter*innen] weiter. Laut | |
Medienberichten sagte dabei ein Vertreter der Hafenmitarbeitergewerkschaft, | |
Ahmed al-Amayreh, etwa 95 Prozent der 2.300 Mitarbeiter*innen hätten | |
die Arbeit niedergelegt. | |
4 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://moi.gov.jo/En/Pages/The_Minister | |
[2] https://www.jordantimes.com/news/local/aqaba-gas-leak-highlights-safety-con… | |
[3] https://www.jordantimes.com/news/local/aqaba-port-revenues-jd66m-2021 | |
[4] http://labor-watch.net/en/read-news/153084 | |
[5] https://www.al-monitor.com/originals/2022/07/jordan-port-workers-strike-off… | |
## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
## TAGS | |
Jordanien | |
Hafen | |
Chlorgas | |
Arbeitssicherheit | |
Jordanien | |
Jordanien | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Energiekooperationen in Nahost: Fragile Deals gegen den Strommangel | |
Im Libanon ist der Strom seit Jahren knapp. Das nahe Jordanien will helfen | |
– doch Geldmangel und Sanktionen erschweren die Zusammenarbeit. | |
Palästinenser*innen in Jordanien: Die ewig Heimatlosen | |
Mohamed und Alaa sind in Jordanien geboren und aufgewachsen, fühlen sich | |
aber als Palästinenser. Der eine kann nicht zurück, der andere will nicht. | |
Technoszene in Jordanien: Sand und Bässe | |
Jordanien ist eher für seine Felsenstadt Petra berühmt als für | |
Techno-Partys. Doch Techno-Musiker*innen wollen nun raus aus der Nische. |