# taz.de -- Nachruf auf Heidi Goëss-Horten: Nicht ohne Arisierung | |
> Kunstsammlerin, Milliardenerbin und Mäzenin von Sport, Tierschutz und | |
> Kunst: Österreichs reichste Frau, Heidi Goëss-Horten, ist gestorben. | |
Bild: Blick in die Ausstellung „Open“ im Privatmuseum „Heidi Horten Colle… | |
Österreichs reichste Frau ist tot. Die Milliardenerbin, Kunstsammlerin | |
und Mäzenin Heidi Goëss-Horten überlebte die Eröffnung ihrer Kunstsammlung | |
in Wien nur um wenige Tage. Dem Festakt am 3. Juni konnte sie aus | |
gesundheitlichen Gründen nicht mehr beiwohnen. | |
Die Erbin von geschätzten 2,9 Milliarden US-Dollar wurde am 13. Februar | |
1941 in Wien als Heidi Jelinek geboren. Der soziale Aufstieg der | |
Stenotypistin führte über eine Hotelbar in Velden am Wörther See, wo die | |
19-Jährige 1960 den 32 Jahre älteren Kaufhausmagnaten Helmut Horten | |
kennenlernte. Das kinderlose Ehepaar führte ein Jetset-Leben zwischen Côte | |
d’Azur, Kärnten und den Bahamas. | |
1969 verkaufte Horten seine Kaufhäuser für 875 Millionen Mark und ersparte | |
sich dank einer Gesetzeslücke 450 Millionen Mark an Steuern. Viel Geld | |
investierten die Hortens in ihre Kunstsammlung, die sie gemeinsam | |
aufbauten. Nach dem Tod Helmut Hortens 1987 heiratete die Witwe noch | |
zweimal, zuletzt 2015 den Blaublütler Karl Goëss. | |
Die Horten Collection, gleich hinter der Albertina in Wien, bietet einen | |
neuen Raum für zeitgenössische Kunst. Derzeit ist dort die Eröffnungsschau | |
mit einer überschaubaren Anzahl von Bildern, Skulpturen und Installationen | |
aus den letzten fünf Jahrzehnten zu sehen: von Andy Warhol und Michel | |
Basquiat bis Franz West und Erwin Wurm. | |
## Rechtspopulisten finanzieren | |
Den Aufstieg des neokonservativen Populisten Sebastian Kurz förderte Heidi | |
Goëss-Horten ab 2018, als der sich noch in einer glücklichen Koalition mit | |
der rechten FPÖ befand, mit insgesamt 931.00 Euro, diskret gestückelt in | |
Tranchen von 49.000 Euro, denn ab 50.000 Euro hätten Spenden dem | |
Rechnungshof gemeldet werden müssen. | |
Dem Vorwurf, ihr erster Ehemann, der Kaufhausmagnat Helmut Horten, habe den | |
Grundstock seines Vermögens während der Nazizeit durch Arisierung | |
aufgebaut, hielt Heidi Goëss-Horten ein jüngst veröffentlichtes Gutachten | |
der Historiker Peter Hoeres und Maximilian Kutzner von der Uni Würzburg | |
entgegen. | |
Darin wird festgehalten, dass das NSDAP-Mitglied Horten zwar „Nutznießer“ | |
der Arisierung gewesen sei, aber keine Notsituation für jüdische | |
Geschäftsleute herbeigeführt oder verschärft habe. „Was die Konditionen der | |
Verkäufe anbelangt“, habe Horten „vergleichsweise fair“ gehandelt. | |
Rechtsextremismusforscherin Natascha Strobl schrieb auf Twitter: „Helmut | |
Horten, damals 27, übernahm 1936 das arisierte Kaufhaus der Gebrüder | |
Alsberg in Duisburg, ließ die Belegschaft antreten und entließ sämtliche | |
jüdischen Angestellten.“ Keinen Zweifel gibt es an der Provenienz der | |
Kunstwerke, die alle nach dem Krieg erworben wurden. Heidi Goëss-Horten | |
starb am Sonntag. | |
13 Jun 2022 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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