# taz.de -- Reformbewegungen bei den Katholiken: Lasst Frauen sprechen von der … | |
> Wird Deutschlands katholische Kirche nun von synodaler Aufbruchstimmung | |
> ergriffen? Die Beharrungskräfte sind groß, doch der Druck der Basis | |
> steigt. | |
Bild: Pink und laut: Aktivistinnen von Maria 2.0 protestieren in Köln gegen ei… | |
BERLIN taz | „Frauen an die Macht – Männer in die zweite Reihe“, „Frau… | |
Leitung in Kirche“, „Macht.Frau.Religion“, „Die Päpstin“. Und: „Le… | |
Regenbogenfamilie“, „‚OutInChurch‘ – Für eine Kirche ohne Angst“, … | |
liebt Trans“: So lesen sich die Titel einiger Diskussionen und | |
Veranstaltungen beim Katholikentag in Stuttgart 2022. Moment mal: Frauen an | |
die Macht und Kirche ohne Angst? Was ist da los bei den Katholiken? | |
In der katholischen Kirche tut sich etwas, eben ausweislich des Programms | |
des 102. Katholikentags vom 25. bis 29. Mai 2022. Zwar sehr viel weniger | |
und sehr viel langsamer, als sich das Reformkatholik:innen wünschen. | |
Aber im 21. Jahrhundert soll die Kirche nicht mehr so erstarrt, so | |
männerlastig, so ausgrenzend bleiben wie bisher. | |
Erst recht nicht, wenn sich um sie herum die Welt verändert und die | |
Gesellschaft nach mehr Gleichstellung ruft: Frauen in Führungspositionen, | |
Väter an die Wickeltische, gleiche Bezahlung für gleiche Jobs, Anerkennung | |
von queeren Personen, gleiche Rechte für Familien, die nicht aus Vater, | |
Mutter, Kind(ern) bestehen. | |
## Allein 2020 über 200.000 Austritte | |
Nun könnten der katholischen Kirche die Forderungen der Gesellschaft | |
weitgehend egal sein, schließlich hat die Institution ihren eigenen Kosmos | |
mit eigenen Regeln und eigenem Tempo, erwachsen aus über 2000-jähriger | |
Geschichte. Aber wenn immer mehr Gläubige die Kirche verlassen – allein | |
2020 über 221.000 Menschen – und das mit verkarsteten Strukturen, | |
Menschenverachtung und Ausgrenzung Andersseiender begründen, bleibt der | |
Kirche wohl nichts anderes übrig, als sich zu bewegen. | |
Den Anstoß zur Veränderung gab 2010 ein Skandal, der die katholische Kirche | |
seitdem nicht mehr loslässt: Tausendfache sexuelle Gewalt an Kindern und | |
Jugendlichen in der Obhut katholischer Einrichtungen wurde ruchbar, | |
öffentlich und endlich Thema. | |
Seit Pater Klaus Mertes ([1][siehe unser Interview hier]), damals Rektor | |
des Berliner Canisius-Kollegs, die Missbrauchsfälle an seiner Schule | |
öffentlich gemacht hatte und damit den Stein zur Veränderung ins Rollen | |
brachte, ist die Kirche nicht nur in der Pflicht, die Fälle aufzuarbeiten, | |
sondern auch, sich so zu verändern, dass Machtmissbrauch in der Kirche | |
keine Chance mehr hat. | |
An dieser Stelle kommt die Kirche jedoch an den Frauen nicht vorbei. Es | |
sind vor allem Frauen, die den kirchlichen Modernisierungsprozess | |
ankurbeln, kirchliche Strukturen leben mehrheitlich von weiblichen | |
Mitarbeiterinnen und ehrenamtlichen Kräften: in Kitas, Gemeinden, | |
Beratungsstellen, karitativen Einrichtungen. Die Kirche ist einer der | |
größten Arbeitgeber des Landes. Allerdings sind Frauen vor allem an der | |
Basis beschäftigt und tätig, also jenseits der institutionellen Macht. | |
Genau das dulden Frauen nicht länger, sie wollen Einfluss und | |
Entscheidungsteilhabe. | |
## Gegensatz zur dienenden und schweigenden Frau | |
Es war eine Frage der Zeit, bis sich eine Initiative wie Maria 2.0 | |
gründete. Vor genau drei Jahren gingen mit einer Aktionswoche in Münster | |
Katholikinnen auf die Straße und forderten, sexualisierte Gewalt | |
aufzuarbeiten, Frauen ins Priesteramt zu berufen, homosexuelle | |
Lebensentwürfe anzuerkennen. 2.0 ist der Gegensatz zu Maria 1.0 als | |
Idealbild der dienenden und schweigenden Frau und steht für Neuanfang: | |
Alles auf null stellen! So zumindest formulierte es Lisa Kotter, die | |
Initiatorin von Maria 2.0. | |
Vor einem Jahr haben 150 Katholikinnen ihren Wunsch, Priesterin zu werden, | |
in einem Buch festgehalten, Überschrift: „Schweigen war gestern: Maria 2.0 | |
– Der Aufstand der Frauen in der katholischen Kirche“. Ein lebendiges | |
Plädoyer für einen Aufbruch. | |
Die Frauen drängen darauf, dass das Priesteramt sich endlich für Frauen | |
öffnen möge, eine schreibt sogar dem Papst. Das unterstützen einige Männer, | |
darunter Johannes Eckert, Benediktinerabt von Sankt Bonifaz in München. Im | |
Deutschlandfunk plädierte er im vorigen Sommer klar für die Priesterweihe | |
von Frauen, diese sei „absolut wünschenswert“. Und wann kommt die? Eckert | |
sagt: „Vielleicht in näherer Zeit.“ | |
25 May 2022 | |
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[1] /Interview-mit-Jesuitenpater-Klaus-Mertes/!5853716 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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