# taz.de -- Kampf um ukrainische Hafenstadt: Mariupol will nicht kapitulieren | |
> Die Stadt ist von Russland zerstört worden, aber Tausende ukrainische | |
> Soldaten und Zivilisten verschanzen sich weiter im Stahlwerk Asowstal. | |
Bild: Die Stadt zerstört, das Stahlwerk Asowstal in Mariupol aber steht | |
BERLIN taz | Immer wieder verkündet Russland die Eroberung der ukrainischen | |
Hafenstadt Mariupol, und immer wieder erweist sich diese Behauptung als | |
voreilig. Nach fast zwei Monaten Krieg ist die einst 400.000 Einwohner | |
zählende Stadt am Schwarzen Meer zwar [1][fast vollständig zerstört], nach | |
ukrainischen Angaben sind über 20.000 Bewohner getötet worden und in | |
verlustreichen Straßenkämpfen haben die russischen Soldaten allmählich | |
immer größere Teile des Stadtgebiets unter ihre Kontrolle gebracht. | |
Aber noch immer harren rund 800 ukrainische Soldaten – manche Quellen | |
sprechen sogar von bis zu 2.000 – und etwa 1.000 Zivilisten auf dem | |
riesigen Gelände des Asowstal-Stahlwerks aus, eine regelrechte | |
Industriestadt am Hafen, die ebenfalls unter den täglichen Luft- und | |
Raketenangriffen schwer gelitten hat, aber praktisch kaum einzunehmen ist. | |
Die Verteidiger von Mariupol haben das einst größte Stahlwerk Europas zu | |
einer Festung ausgebaut, zitiert der britische BBC-Rundfunk den | |
Militäranalysten Justin Crump: „Da gibt es Atombunker, Tunnel. Es ist | |
gebaut, um einen Atomkrieg überstehen zu können. Sie können es sehr gut | |
verteidigen, sie haben über 50 Tage Zeit gehabt, um es zu befestigen und | |
Fluchtwege zu bauen. Wenn sie nicht ausradiert werden, werden sie sehr | |
lange da bleiben.“ | |
## Ultimatum ergebnislos verstrichen | |
Am Sonntag hatte Russland den verbleibenden ukrainischen Kämpfern im | |
Stahlwerk ein Ultimatum gesetzt, sich zu ergeben und ihre Waffen | |
niederzulegen. Andernfalls werde man sie töten, hieß es. Das Ultimatum | |
verstrich ergebnislos. Mariupol sei „nicht gefallen“, sagte Ukraines | |
Regierungschef Denys Schmyhal: Man werde „bis zum Ende kämpfen“. | |
Ukrainische Quellen fürchten, Russland könne geächtete Waffen einsetzen, um | |
auf einen Schlag alle Menschen im Stahlwerk zu töten. | |
Mariupols Polizeichef Michajlo Werschinin bestätigte in der Nacht zum | |
Montag dem Lokalfernsehen, auch die Zivilisten im Stahlwerk wollten sich | |
nicht ergeben: „Sie trauen den Russen nicht. Sie sehen, was in der Stadt | |
vor sich geht, und bleiben deswegen auf dem Werksgelände.“ In den | |
vergangenen Wochen sind immer wieder russische Zusagen, humanitäre | |
Korridore für Zivilisten zur Flucht aus Mariupol einzurichten, gebrochen | |
worden. Eine unbekannte Anzahl von Menschen ist außerdem aus Mariupol nach | |
Russland verschleppt worden. | |
Die Schlacht um Mariupol bindet nach wie vor einen erheblichen Teil der | |
russischen Invasionsstreitmacht im Süden der Ukraine. Sie kündigten für den | |
Montag einen kompletten Lockdown für die Stadt an, um eine „Filtrierung“ | |
der Bewohner durchführen zu können – dabei werden alle junge Männer im | |
kampffähigen Alter festgenommen und entweder verschleppt oder erschossen. | |
Erst wenn die Kämpfe in Mariupol enden, kann Russland mit seiner immer | |
wieder angekündigten Großoffensive zur Eroberung des gesamten [2][Donbass] | |
beginnen. Im Nordosten des Gebiets sind US-Berichten zufolge die ersten aus | |
dem Gebiet um Kiew abgezogenen russischen Kampfverbände eingetroffen; sie | |
sollen aber in einem so schlechten Zustand sein, dass mit ihnen allein | |
wenig anzufangen sei, so das Institute for the Study of War. Russland habe | |
daher auch Einheiten, die turnusmäßig nach Syrien entsandt werden sollten, | |
Richtung Donbass abkommandiert. | |
## Detonationen in Kiew | |
In anderen Gebieten der Ukraine setzt Russland derweil seine Luftangriffe | |
fort. Ein Reuters-Reporter berichtete am Montagmorgen von mehreren | |
Detonationen in Kiew. Auch in den Regionen Lwiw im Westen der Ukraine und | |
Dnipr im Osten waren Explosionen zu hören. | |
In der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw schlug laut | |
Staatsanwaltschaft am Montagvormittag eine Granate auf einem Spielplatz | |
ein, eine Frau und ein Mann wurden getötet. Einen weiteren Toten sowie | |
sechs Verletzte gab es nach Angaben des Direktors eines medizinischen | |
Nothilfezentrums bei einem Angriff auf ein humanitäres Hilfszentrum. | |
Bereits am Sonntag waren bei russischen Angriffen in Charkiw nach | |
Behördenangaben sechs Menschen getötet worden. Präsident Wolodimir Selenski | |
sagte in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag, in Charkiw seien | |
allein in den vergangenen vier Tagen 18 Menschen getötet und 106 Personen | |
verletzt worden. (mit dpa, rtr) | |
18 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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