# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Die Vollfettstufe der Künstlichkeit | |
> Wer an David Bowie Geschmack findet, ist vielleicht schon reif für die | |
> wirklich große Oper. Diese Woche gibt es genug Gelegenheit, das zu | |
> überprüfen. | |
Bild: David Bowie findet immer Anhänger. Die ganz große Oper auch | |
Vielen Berliner*innen wird es vielleicht ähnlich gehen. Opernkarten | |
gekauft, erster Lockdown, Gutschrift an die Korkwand gehängt. Neue | |
Opernkarten gekauft, zweiter Lockdown, mehr Gutschriften an der Korkwand. | |
Inzwischen erinnern sich die Kinder kaum mehr an die opernreichen Winter | |
vor Corona. | |
Wie soll man nun, da die Welt in dieser Hinsicht wieder normaler zu werden | |
scheint, wieder anfangen, ohne sich von ihnen vorwerfen lassen zu müssen, | |
man zwinge sie zu einer kotzlangweiligen und schon vor tausend Jahren | |
überholten und überhaupt ganz und gar verstaubten bürgerlichen Kultur? | |
Nun, eine Möglichkeit böte sich schon diese Woche. Am Mittwoch nämlich | |
eröffnet im PalaisPopulaire im historischen Prinzessinnenpalais (Unter den | |
Linden 5) in Kooperation mit dem römischen Nationalmuseum der Künste des | |
XXI. Jahrhunderts die [1][Ausstellung „Opera Opera“]. Die | |
Ausstellungsmacher*innen finden völlig zu Recht, dass es wenige | |
Kunstformen gibt, die derart viel Raum für Interdisziplinarität, für | |
körperlichen Ausdruck, Maskierung, Inszenierung und Künstlichkeit gibt. | |
Man könnte dem abgeneigten Kind zum Beispiel sagen: „Du brichst noch immer | |
in Tränen aus, wenn du an den Tod von David Bowie denkst? Du kaufst dir bei | |
C&A einen Pullover mit Queen-Aufdruck und fühlst dich darin wie der coolste | |
Mensch auf Erden? Du meinst, das wäre bereits die Vollfettstufe der | |
gepflegten Künstlichkeit? Dann schau dir gefälligst mal eine Oper von | |
Rossini oder Verdi an!“ | |
Apropos Verdi: Am Samstag gibt es die Berlin-Premiere von [2][Barrie Koskys | |
„Falstaff“-Interpretation] von Giuseppe Verdi an der Komischen Oper. Zur | |
Erinnerung: Der italienische Sohn eines Gastwirts und Kleinbauern Verdi war | |
ein echter musikalischer Revolutionär; bei kaum einem anderen Komponisten | |
geht es menschlicher, saftiger, ja ganz einfach dramatischer zu. Man hat | |
schon erwachsene Menschen fast einpinkeln sehen, wenn es im dritten Akt | |
seiner Oper „Rigoletto“ in die schäbige Spelunke des hartgesottenen Mörde… | |
Sparafucile geht und noch die unvorbereitetsten Zuschauer*innen ahnen, | |
dass es hier demnächst ans Sterben geht. | |
Wenn es bei Erscheinen dieses Textes möglicherweise keine erschwinglichen | |
Karten zu diesem Fest für Opernfans mehr gibt, macht das nichts. Man muss | |
ja nicht gleich zur Premiere. | |
Außerdem gibt es in dieser Stadt drei große Opernhäuser. In der Staatsoper | |
gibt es so vielleicht noch Karten für Verdis „La Traviata“ am Freitag und | |
in der Deutschen Oper für Mozarts „Zauberflöte“ am Donnerstag und am | |
Samstag. Irgendwo wird sich schon ein Abend finden lassen, um die | |
Erkenntnisse zu vertiefen, wie viel Spaß ein Opernbesuch noch bringen kann. | |
25 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://palaispopulaire.db.com/Exhibitions/current-exhibition/opera-opera-a… | |
[2] https://www.komische-oper-berlin.de/programm/spielplan/2022-04/falstaff/244… | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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