# taz.de -- AfDler scheitert mit Klage gegen die taz: Den Namen zu Recht genannt | |
> Der Initiator eines Beamten-Netzwerks in der AfD klagte gegen die Nennung | |
> seines Namens in der taz. Damit ist er gescheitert. | |
Bild: Hofiert wie ein Staatsgast: Tino Chrupalla (re.) mit Außenminister Serge… | |
Der in dem [1][Bericht] benannte Thorsten Althaus hat versucht, der taz die | |
Nennung seines Namens zu untersagen. Das Kammergericht Berlin hat jetzt | |
angekündigt, seine Berufung gegen die Klageabweisung zurückzuweisen | |
(Hinweisbeschluss vom 7. 3. 2022 zum Az. 10 U 53/21). | |
Ein Exzerpt aus dem Beschluss: | |
Der Kläger ist allein in seiner Sozialsphäre betroffen. Eine die | |
Privatsphäre betreffende Offenbarung persönlicher Lebenssachverhalte kann | |
bei der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei nur so lange angenommen | |
werden, als der Betroffene lediglich eine passive Mitgliedschaft innehat | |
und sich nach außen hin nicht offen zur Mitgliedschaft bekennen will. Denn | |
zu der in Art. 9 Abs.1 GG grundrechtlich verbürgten Vereinsfreiheit gehört | |
auch die freie Entscheidung, ob die Mitglieder mit der Mitgliedschaft oder | |
den Grundsätzen der Vereinigung in die Öffentlichkeit treten wollen (BGH, | |
Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 262/10 – Juris, dort Rn. 16). Hier folgt die | |
Zugehörigkeit zur Sozialsphäre aber daraus, dass der Kläger nicht nur – zum | |
Berichterstattungszeitpunkt jedenfalls auf lokaler Ebene – seine politische | |
Karriere verfolgt, sondern parteiintern als einer der verantwortlichen | |
Initiatoren des zu gründenden Arbeitskreises hervorgetreten ist. Auf die | |
Frage, ob es öffentlichkeitswirksame Auftritte gegeben hat, kommt es dann | |
nicht an (BGH, a.a.O.), ebenso wenig darauf, ob sich der Kläger sonst | |
innerhalb der Partei um eine Trennung der beruflichen Sphäre von dem | |
parteiinternen Engagement bemüht hat. | |
Da das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten | |
nicht überwiegt, greift die Berichterstattung nicht rechtswidrig in seine | |
Sozialsphäre ein. Entgegen der Annahme der Berufung kommt es bei der | |
Abwägung der widerstreitenden verfassungsrechtlich geschützten Positionen | |
nicht darauf an, ob auch ohne Identifizierung ohne Gehaltsverlust hätte | |
berichtet werden können. Vielmehr muss der Einzelne grundsätzlich | |
Einschränkungen seiner Rechte hinnehmen, wenn und soweit solche | |
Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden | |
und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem | |
Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenzen des Zumutbaren noch | |
gewahrt sind (BGH, a.a.O. Rn. 18 m.w.N.). | |
Die Behauptung wahrer Tatsachen, die Vorgänge aus der Sozialsphäre | |
betreffen, muss grundsätzlich auch dann hingenommen werden, wenn sie | |
nachteilig sind, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht keinen Anspruch | |
darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es genehm | |
ist. Für Berichterstattungen über die berufliche Sphäre des Betroffenen | |
gilt, dass der Einzelne sich in diesem Bereich von vornherein auf die | |
Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit wegen der | |
Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, einstellen muss. | |
Wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der | |
Kritik an seinen Leistungen aus. Zu einer solchen Kritik gehört auch die | |
Namensnennung. Die Öffentlichkeit hat in solchen Fällen ein legitimes | |
Interesse daran zu erfahren, um wen es geht und die Presse könnte durch | |
eine anonymisierte Berichterstattung ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht | |
erfüllen. Insoweit drückt sich die Sozialbindung des Individuums in | |
Beschränkungen seines Persönlichkeitsschutzes aus. Denn dieser darf nicht | |
dazu führen, Bereiche des Gemeinschaftslebens von öffentlicher Kritik und | |
Kommunikation allein deshalb auszusperren, weil damit beteiligte Personen | |
gegen ihren Willen ins Licht der Öffentlichkeit geraten (BGH, Urt. v. | |
21.11.2006 – VI ZR 259/05 – Juris, dort Rn. 14, NJW-RR 2007, 619; Urt. v. | |
20.01.1981 – VI ZR 163/79 – Juris, dort Rn. 29). | |
Nichts anderes gilt, wenn die Belange der beruflichen Tätigkeit – wie hier | |
– nicht nur in einen Konflikt mit der politischen Orientierung geraten | |
könnten, sondern der Betroffene initiativ wird, und als einer der | |
Protagonisten der parteiinternen Initiative aus dem aktiven höheren Dienst | |
als Oberstudienrat heraus als Repräsentant der Berufsgruppe der Lehrkräfte | |
an die Parteiöffentlichkeit geht, um Mitbetroffene zur Gründung eines | |
Arbeitskreises aufzurufen. Die Beklagte brauchte dies nicht zu | |
verschweigen. Denn mit der Herstellung eines Bezuges zwischen | |
Parteimitgliedschaft und Beamtenstatus hat der Kläger den aktuellen Anlass | |
für die Berichterstattung selbst gesetzt. | |
Eben dies ist der von der Berufung vermisste „Mehrwert“; einer | |
überregionalen Bekanntheit bedarf es dafür nicht. Der Kläger hat durch die | |
Beteiligung an dieser Initiative zu seiner namentlichen Benennung mehr | |
Anlass gegeben als es ein stilles Parteimitglied tut. Er muss es deshalb | |
auch hinnehmen, als einer der Träger der Initiative benannt und in das | |
Licht der Öffentlichkeit gestellt zu werden. | |
Zu den hinzunehmenden Folgen der eigenen Entscheidungen und | |
Verhaltensweisen gehören auch solche Beeinträchtigungen, die sich aus | |
nachteiligen Reaktionen Dritter auf die Offenlegung wahrer Tatsachen | |
ergeben, solange sie sich im Rahmen der üblichen Grenzen individueller | |
Entfaltungschancen halten und konkrete Nachteile beruflicher Art nicht | |
ersichtlich sind (BGH, Urt. v. 20.12.2011, a.a.O. Rn. 20). | |
Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung | |
wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre regelmäßig erst überschritten, wo | |
sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu | |
dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht, schwerwiegende | |
Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen | |
verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale | |
Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind. (vgl. nur BVerfG, | |
Beschluss vom 29.06.2017 – 1 BvR 3487/14 – Juris, dort Rn. 14 m.w.N.). | |
Solche Belange vermag die Berufung nicht aufzuzeigen. Der Beklagten steht | |
es als meinungsbildendes Medium zu, sich offen und kritisch gegen die AfD, | |
ihre Mitglieder und deren konkrete Pläne zu positionieren. Die vom Kläger | |
aufgezeigten Nachteile ergeben sich aus der Thematisierung einer von ihm | |
federführend mitgetragenen Initiative und nicht daraus, dass er ohne Grund | |
und Anlass aus einem Kreis gleichermaßen in Betracht kommender Personen | |
hinausgehoben und der Öffentlichkeit vorgeführt wird. | |
Das Landgericht Berlin ist auch von einer zutreffenden Tatsachengrundlage | |
ausgegangen. Es ergibt sich aus dem unstreitigen Tatbestand des | |
angefochtenen Urteils, dass das parteiinterne Anschreiben sich nicht an | |
alle Parteimitglieder, sondern an diejenigen richtete, die sich im | |
öffentlichen Dienst befinden. Die in den Entscheidungsgründen gewählte | |
Formulierung grenzt die Aktivitäten des Klägers eingangs der weiteren | |
Erörterungen von den Belangen eines stillen Parteimitglieds ab. Dass die | |
nach außen gerichteten Bemühungen des Klägers sich entgegen der | |
einleitenden Formulierung nicht auf „alle Parteimitglieder“, sondern auf | |
die Angehörigen des öffentlichen Dienstes bezogen, ist zutreffend. Diese | |
Unrichtigkeit ist jedoch ohne Auswirkung auf die Würdigung geblieben. Denn | |
diese geht davon aus, dass das Engagement des Klägers sich an einen | |
beschränkten Adressatenkreis gerichtet hat. Das ergibt sich nicht nur aus | |
dem erweiterten Zusammenhang, namentlich der das zentrale Thema des | |
gesamten Artikels bildenden Vernetzung von betroffenen AfD-Mitgliedern zu | |
einem „Beamtennetzwerk“, sondern auch aus dem engeren Kontext, insbesondere | |
den zur Gewichtung der jeweiligen Belange angestellten Ausführungen des | |
Urteils, mit denen die innerparteilichen Bemühungen als auf die | |
Berufsgruppe des öffentlichen Dienstes bezogen in die Abwägung eingestellt | |
worden sind. | |
Johannes Eisenberg ist Rechtsanwalt in Berlin. Er vertritt die taz | |
regelmäßig. | |
25 Mar 2022 | |
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