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# taz.de -- Ukraine-Krieg und Kaukasus: Der Krieg entzweit die Nordosseten
> In Russland leben nicht nur Russen. Aber auch bei den anderen
> Nationalitäten im Land gibt es unterschiedliche Meinungen zu den
> aktuellen Ereignissen.
Bild: Frauen gedenken am 15. Jahrestag der tödlichen Belagerung der Schule in …
Russland – das sind nicht nur Russen. Hier leben auch Menschen Hunderter
anderer Nationalitäten. Und obgleich für die ganze Welt alle Bewohner
Russlands Russen sind, ist das bei Weitem nicht so. Ich bin Ossete und lebe
in der Hauptstadt von Nordossetien, in Wladikawkas. Das ist Russland. Und
alle meine Verwandten, nahe und weiter entfernte, alle meine Vorfahren,
sind Bürger Russlands. Und bleiben das auch. (Auf Russisch unterscheidet
man „russkije“, ethnische Russen, und „rossyjane“, Staatsangehörige
Russlands; d. Red.).
Es ist unser Land, mein Land. So wie das von vielen, vielen anderen:
Kabardinern, Balkaren, Tschetschenen, Inguschen, Tscherkessen, Tataren,
Baschkiren, Lesginen, Laken … So könnte ich noch lange aufzählen und würde
trotzdem noch jemanden zu erwähnen vergessen.
Die Einstellungen hier in Ossetien zu dem, was in der Ukraine passiert,
sind unterschiedlich. Die einen unterstützen den Krieg, die anderen nicht.
Die, die ihn unterstützen sind mehr, auf jeden Fall sind sie sichtbarer.
Sich jetzt öffentlich gegen den Krieg zu positionieren, ist schwierig. In
den sozialen Netzwerken hat mittlerweile ein echtes Mobbing begonnen.
Kürzlich wurde zum Beispiel bekannt, dass ein 20-jähriges Mädchen in
Wladikawkas für [1][Flugblätter gegen den Krieg] eine Geldstrafe von
umgerechnet etwa 100 Euro zahlen musste. In den Kommentaren wurde sie von
offenbar ganz gewöhnlichen Menschen angegriffen, und es ist nicht bekannt,
wie es ausgegangen wäre, wenn die Polizei ihren Namen öffentlich gemacht
hätte.
Ich kenne keinen einzigen Menschen, [2][der den Beschuss und die
Bombardierung der Zivilbevölkerung in der Ukraine] gutheißen würde. Hier in
Ossetien ist dies schon deshalb nicht möglich, weil 2004 die ganze Welt
[3][Zeuge des entsetzlichen Terroranschlags in Beslan wurde]
(nordkaukasische Terroristen hielten in einer Schule drei Tage lang über
tausend Geiseln, darunter viele Kinder, fest. Bei der Erstürmung durch
russische Einsatzkräfte starben über 300 Menschen; d. Redaktion)
Damals haben alle verstanden, was getötete Kinder in Friedenszeiten
bedeuten. Darum versuchen jetzt sogar die, die für die „Spezialoperation Z“
(so die offizielle russische Bezeichnung des Angriffskriegs auf die
Ukraine; d. Redaktion) sind, die Informationen über die Opfer in der
Zivilbevölkerung zu verdrängen. Man versucht uns davon zu überzeugen, dass
das alles Fake News seien. Und die Menschen glauben das, weil es einfacher
ist.
Überall hängen Plakate mit dem Buchstaben Z, Politiker und andere
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens versuchen, ihre Unterstützung zu
demonstrieren. Aber ein Level darunter ist die Stimmung deutlich
gedämpfter. Gleichzeitig ärgern sich viele auch über ukrainische Videos von
toten russischen Soldaten. Sie sind so wütend, dass selbst diejenigen, die
gegen den Krieg sind, sagen, dass sie bereit wären, in die Ukraine zu
gehen, um sich zu rächen. Aber wie dem auch sei, niemand wünscht unseren
Soldaten, unter denen Russen, Osseten, Inguschen und Dagestaner sind, den
Tod.
Das Schwungrad des Hasses dreht sich jedoch immer schneller. Es anzuhalten
wird schwer.
Aus dem Russischen von [4][Gaby Coldewey]
Finanziert wird das Projekt durch die [5][taz Panter Stiftung]
19 Mar 2022
## LINKS
[1] /Schuldgefuehle-im-Krieg/!5840834
[2] /Hauptstadt-der-Ukraine-im-Krieg/!5839658
[3] /Todesopfer-nach-Geiselnahme-2004/!5401099
[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/
[5] /!p4550/
## AUTOREN
Boris Epchiev
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