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# taz.de -- Möglicher Lieferstopp für russisches Gas: Wappnen für den Ernstf…
> Mit Ausrufen der Frühwarnstufe bereitet sich die Bundesregierung auf
> einen russischen Lieferstopp für Erdgas vor. Doch ob der kommt?
Bild: Noch volles Rohr: der Erdgasspeicher Rehden in Niedersachsen
Berlin taz | Die ganz akute Gefahr scheint erst mal abgewendet zu sein:
Gaslieferungen aus Russland müssten nicht schon in dieser Woche in Rubel
bezahlt werden, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwochmittag mit.
Eigentlich wollte Moskau ab 1. April sein Erdgas nur noch gegen die eigene
Währung verkaufen, was die EU-Staaten gezwungen hätte, Rubel bei der
russischen Zentralbank einzutauschen und damit gegen die eigenen Sanktionen
zu verstoßen. Nachdem die G7-Staaten dies am Montag abgelehnt hatten, galt
ein kurzfristiger Stopp der Lieferungen als möglich.
Am Mittwoch aber hieß es nun aus dem Kreml, die Umstellung der Zahlungen
auf Rubel solle schrittweise erfolgen. Damit ist die Drohung mit einem
Lieferstopp weniger akut – aber nicht vom Tisch.
Die Bundesregierung hat am Mittwoch darum auch formal damit begonnen, sich
auf geringere Gaslieferungen vorzubereiten: Wirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) rief am Morgen die sogenannte Frühwarnstufe des
[1][Notfallplans Gas] aus; das ist vorgesehen, wenn „konkrete,
ernstzunehmende und zuverlässige Hinweise“ vorliegen, dass sich die
Gasversorgungslage verschlechtern könnte. Daraus folgt, dass ab sofort alle
relevanten Daten zur Gasversorgung täglich veröffentlicht werden, im
Wirtschaftsministerium ein Krisenstab eingerichtet wird und Unternehmen
Vorbereitungen für Einschränkungen treffen sollen.
Zu diesen kommt es aber erst, wenn die nächsten beiden Stufen des
Krisenplans ausgerufen werden: Bei der Alarmstufe wird die Gasversorgung
durch marktgetriebene Mechanismen reduziert; bei der Notfallstufe greift
der Staat direkt ein und entscheidet, wer auf Gas verzichten muss.
## Heizkraftwerke und Krankenhäuser
„Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe“, sagte Habeck. „Dennoch müs…
wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens
Russlands gewappnet zu sein.“ Dabei müssen private Verbraucher, auf die
etwa ein Drittel des deutschen Verbrauchs entfällt, nicht befürchten, dass
ihnen das Gas abgestellt wird; sie sind gesetzlich besonders geschützt,
ebenso wie Heizkraftwerke, die Fernwärme liefern, und wichtige öffentliche
Einrichtungen wie Krankenhäuser. Allerdings drohen auch privaten
Verbrauchern deutlich höhere Kosten. Habeck rief darum zum sparsamen Umgang
mit Gas auf. Zudem helfe das, die Abhängigkeit von Russland zu verringern.
„Jede Kilowattstunde ist ein Beitrag“, sagte der Grünen-Politiker.
Wenn es tatsächlich zu einem Mangel käme, müsste vor allem die Industrie
mit Einschränkungen rechnen; sie verbraucht ebenfalls rund ein Drittel des
Erdgases. Teilweise würden die Unternehmen die Produktion von sich aus
herunterfahren, weil sie bei den hohen Gaspreisen nicht mehr wirtschaftlich
ist; in geringem Ausmaß ist das auch jetzt schon der Fall. Wenn das Gas
trotzdem nicht langt, entscheidet die Bundesnetzagentur in Abstimmung mit
dem Wirtschaftsministerium und den Netzbetreibern, wer auf Gas verzichten
muss.
Entscheidendes Kriterium ist dabei, wo es Auswirkungen auf die Versorgung
mit lebenswichtigen Gütern gäbe und welche Folgen ein Ausfall von
Vorprodukten für andere Wirtschaftszweige hätte – und damit auch für
Arbeitsplätze. Hinter den Kulissen, so ist zu hören, machen viele Branchen
bereits Druck, um weiterhin versorgt zu werden.
„Ein sinnvoller Schritt“ ist das Ausrufen der Frühwarnstufe aus Sicht des
Bundesverbands der Deutschen Industrie. „Die Wirtschaft arbeitet bereits
mit Hochdruck daran, wo es möglich ist, russisches Gas durch andere
Brennstoffe wie Öl und Kohle zu ersetzen“, sagte BDI-Präsident Siegfried
Russwurm. Der Umstieg sei aber schwierig und brauche Zeit. Auch der
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft begrüßte die Entscheidung.
„Obwohl aktuell noch keine Mangellage vorliegt, ist es notwendig, dass alle
Beteiligten für den Fall einer Lieferunterbrechung einen klaren Fahrplan zu
ihren Rechten und Pflichten haben“, erklärte Geschäftsführerin Kerstin
Andreae.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte derweil, dass die Ampelkoalition trotz
der drohenden Gasknappheit zu wenig tue, um den Verbrauch zu verringern.
„Während die Bundesregierung die Frühwarnstufe ausruft, wird heute die
200.000ste Gasheizung seit Regierungsbeginn eingebaut“, erklärte die
Klimaschutz-Referentin Elisabeth Staudt. Der Vorschlag der Grünen, neue
Gasheizungen ab 2023 zu verbieten, war in der letzten Woche aus dem
Entlastungspaket der Koalition gestrichen worden.
30 Mar 2022
## LINKS
[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/notfallplan-gas-bundesrepubl…
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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