# taz.de -- “Tatort“ aus Zürich „Schattenkinder“: Visuell krass | |
> Der neue „Tatort“ aus Zürich spart nicht an brutalen Szenen. Die heiße | |
> Spur führt zu einer Frau, die Menschen zu Kunstobjekten degradiert. | |
Bild: Ermittlerinnnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (C… | |
Diesen neuen, durchaus [1][empfehlenswerten Krimi] aus Zürich hätte ich vor | |
Kurzem sicher mit anderen Augen gesehen. Aber der Krieg in der Ukraine mit | |
all den überaus schrecklichen Bildern verändert meine Sehgewohnheiten. Nun | |
denke ich gleich zu Beginn: Muss das jetzt echt sein? Die Story [2][im | |
Tatort] „Schattenkinder“ ist mir zu krass, auch visuell. | |
Wir sehen Max (Vicent Furrer) mit langen, blonden Haaren in einem Video bei | |
einer Therapiesitzung – oder einer Art Beichte? „Glaub mir, Wunden können | |
heilen“, sagt eine weibliche Stimme aus dem Off, die wissen will, warum der | |
junge Mann nie „darüber“ gesprochen hat? „Mein Vater wollte es nicht“, | |
kommt als Antwort. | |
In der nächsten Szene hängt Max in einer leeren Lagerhalle von der Decke. | |
Sein Vater wurde durch ein Foto und einen anonymen Chat dorthin gelotst. | |
Der regungslose Körper ist vollständig in Folie gewickelt. Das sieht aus | |
wie ein Kokon. Oder wie eine zweite Haut. | |
Der Vater, ein erfolgreicher, leider emotionsloser Schönheitschirurg (!), | |
erkennt seinen Sohn kaum wieder: Max, nun kahlgeschoren, ist im Gesicht mit | |
archaisch anmutenden Ornamenten tätowiert, und auch seine Hornhaut ist | |
tätowiert. Die dunklen, starren Augen verstören. Ein Ritualmord? Oder die | |
bizarre Inszenierung eines Selbstmordes? | |
## Ein bisschen zusammenraufen | |
Die beiden Ermittlerinnen, [3][Isabelle Grandjean] (Anna Pieri Zuercher) | |
und Tessa Ott (Carol Schuler) finden schnell eine Verbindung des Toten zu | |
einer gerade schwer angesagten – ergo: gut verkaufenden – Künstlerin namens | |
Kyomi. | |
Die hat eine Schar von jungen, psychisch labilen Leuten um sich geschart, | |
zu denen auch der tote Max gehörte. Wie eine Art Heilsbringerin verehrt, | |
führt Kyomi lange Interviews mit Max und den anderen, um deren Traumata | |
freizulegen und zu heilen. Aber nicht im herkömmlichen Sinne. Sie werden zu | |
(Kunst-)Objekten. Ungeheuerlich. | |
Das Ermittlerinnenduo muss sich in seinem dritten Einsatz immer noch etwas | |
zusammenraufen. Das ist eine parallele Geschichte, die hier aber passt, | |
weil da eben zwei unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Tessa | |
fühlt sich von der charismatischen Künstlerin angezogen, auch sexuell, und | |
geht gewissermaßen auf Tuchfühlung. Sie versucht, sich in die krude | |
Denkweise von Kyomi hineinzuversetzen. | |
Isabelle aber wird immer skeptischer und nimmt lieber den geldgeilen | |
Galeristen der Künstlerin unter die Lupe. Könnte der aus dem Tod von Max | |
Kapital schlagen? | |
13 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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