| # taz.de -- Ukraine-Debatte im Abgeordnetenhaus: Dem Armageddon ein Ende setzen | |
| > Im Parlament beklatschen alle Fraktionen den ukrainischen Botschafter, | |
| > der mehr Unterstützung fordert. Die sagt ihm Regierungschefin Giffey zu. | |
| Bild: Der Ukrainer Andrij Melnyk sprach als erster Botschafter überhaupt im Ab… | |
| Wenn man es gut meinte mit Kai Wegner an diesem Donnerstagvormittag, könnte | |
| man sagen: Man hat es als CDU-Fraktionschef in der Opposition auch nicht | |
| leicht bei einer Debatte zur Ukrainekrise, wenn selbst kritische | |
| Hilfsinitiativen den Senat loben. Aber so wie sein Parteifreund Friedrich | |
| Merz im Bundestag, [1][der ein Nato-Eingreifen nicht ausschloss], isoliert | |
| sich im Abgeordnetenhaus auch Wegner. Der fordert von Regierungschefin | |
| Franziska Giffey (SPD) Dinge, die bereits auf dem Weg oder angekündigt | |
| sind. | |
| Der Ukrainekrieg und der Umgang mit Flüchtlingen bilden das zentrale Thema | |
| der Plenarsitzung, zu deren Beginn der ukrainische Botschafter Andrij | |
| Melnyk spricht. Es ist eine Premiere: Nie zuvor soll dort ein Botschafter | |
| geredet haben. Von Melnyk ist harte Kritik an der deutschen Außenpolitik zu | |
| hören: Die habe Putins „aggressive Politik salonfähig gemacht“. Inständig | |
| fordert Melnyk mehr Unterstützung – „wir kämpfen auch für Ihre Freiheit�… | |
| In Anlehnung an die Luftbrücke von 1948/49 ruft er nach einem solchen | |
| Versorgungskorridor, „nur diesmal auf dem Landweg“. Während seiner Rede | |
| hält er Bilder von getöteten Kindern hoch – „Bitte helfen Sie uns, diesem | |
| Armageddon [endzeitlicher Schlachtort in der Bibel, d. taz] ein Ende zu | |
| setzen.“ | |
| Dafür beklatschen ihn alle Fraktionen einschließlich der AfD. Deren Reihen | |
| aber sind schwach besetzt, nur 8 der 13 Fraktionsmitglieder sind da. Nicht | |
| dabei: [2][Gunnar Lindemann], der sich gegen die Ukraine gewandt hatte. | |
| Während aber FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja erkennt, dass das kein | |
| Vormittag zur Parteiprofilierung ist, und zu einer gemeinsamen | |
| Kraftanstrengung aufruft, verkämpft sich CDU-Mann Wegner. Der | |
| Sozialsenatorin wirft er vor, die Tragweite der Krise unterschätzt zu | |
| haben, den Senat insgesamt kritisiert er, weil der nicht am Feiertag, | |
| sondern erst Mittwochabend tagte. Auch gegen Menschenhändler, die die Lage | |
| der Flüchtlinge ausnutzen, passiere zu wenig. | |
| ## Giffey kontert CDU-Kritik | |
| All das kann Franziska Giffey wenig leicht kontern. Tragweite nicht | |
| erkannt? Die jetzige Situation habe sich vor zwei Wochen niemand vorstellen | |
| können. Keine Koordination? Eine Stabsstelle sei längst eingerichtet. | |
| Menschenhändler? Am Vorabend hat sie gemeinsame Leitstellen von Polizei und | |
| Feuerwehr an Haupt- und Busbahnhof angekündigt. | |
| 1.000 Betten in Unterkünften muss der Senat derzeit laut Giffey täglich | |
| organisieren, über 8.000 sollen es insgesamt schon sein. Sie lobt das große | |
| ehrenamtliche Engagement – „ohne das wäre es nicht gegangen.“ Nachdem | |
| Giffey am Mittwoch ein Ankunftszentrum am Exflughafen Tegel angekündigt | |
| hat, legt sie nun nach: Das Messegelände soll zur Unterkunft werden, auch | |
| den Exflughafen Tempelhof beziehe man in die Überlegungen ein. | |
| [3][Turnhallen wie 2015] will sie nicht belegen. | |
| Generell sagt Giffey dem ukrainischen Botschafter Unterstützung zu, spricht | |
| von zwei Sattelzügen mit Hilfsgütern, die man mit Vivantes schon auf den | |
| Weg gebracht habe. Merklich berührt, mit fast brechender Stimme, schließt | |
| Giffey Richtung Melnyk mit einem segensartigen Gruß. Den will sie selbst | |
| erst jüngst von einer Ukrainerin gelernt haben: „Ich wünsche Ihnen einen | |
| friedlichen Himmel.“ | |
| 10 Mar 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Merz-Aeusserung-zum-Ukrainekrieg/!5839405 | |
| [2] https://plus.tagesspiegel.de/berlin/russische-propaganda-verbreitet-berlins… | |
| [3] /Ehemalige-Notunterkuenfte-in-Turnhallen/!5470216 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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| schwieriger. |