# taz.de -- Nachruf auf Manfred Frenz: Er machte, dass sich die Welt dreht | |
> Zwei Drittel seines Lebens hat Manni Frenz für die taz gearbeitet – und | |
> mit seinen Anzeigenumsätzen einen Lokalteil erst möglich gemacht. | |
Bild: Im Alter von 65 Jahren nach langer Krankheit gestorben: Manfred Frenz | |
Hamburg taz | Manni Frenz ist tot. Das ist nicht zu fassen. Für uns in der | |
taz nord jedenfalls nicht. Manni war doch immer da. | |
Die meisten von uns wären wohl nie bei der taz gelandet ohne ihn. Weil es | |
Regionalausgaben im Norden vermutlich nicht lange gegeben hätte. Das | |
Projekt taz hamburg war gerade ein paar Monate alt, [1][als das „Plenum“ | |
Manni einstellte], 1981. Er hatte Speditionskaufmann gelernt, konnte also | |
mit Zahlen umgehen – ein Exot unter all den jungen Leuten, die dachten, | |
Worte seien genug, um die Welt zu verändern. | |
Die Buchhaltung des jungen Kollektivbetriebs sollte er machen. Nach ein | |
paar Wochen wurde klar, dass man wohl auch eine Anzeigenabteilung brauchen | |
würde. Ob Manni die wohl nebenbei mit aufbauen könnte? Er konnte. | |
Manni wurde Anzeigenleiter, auch wenn es ihm überhaupt nicht lag, chefig zu | |
werden. Er wusste gar nicht, wozu das gut sein sollte. Wenn alle den | |
gleichen inneren Antrieb hätten wie er, wozu sollte dann einer den anderen | |
Ansagen machen? Dennoch machten er und sein Team die taz hamburg zu einem | |
Scheinriesen auf dem lokalen Anzeigenmarkt. In den besten Zeiten deckten | |
Anzeigen fast ein Drittel der Kosten der Lokalausgabe. Wie bei einer echten | |
Lokalzeitung. | |
## Werben in der taz | |
Dass die entstehenden Alternativbetriebe an der taz nicht vorbeikamen – | |
klar, auch wenn Manni ihnen das erst sagen musste. Aber die Stadtreinigung, | |
in einer damals noch von einer Betonkopf-SPD beherrschten Stadt? Oder der | |
örtliche Atomstromversorger? | |
Denen brachte Manni bei, warum die taz wichtig war: nicht wegen, sondern | |
trotz ihrer Auflage. Etwa, weil sie an WG-Tischen herumgereicht wurde und | |
deswegen viel mehr Leser:innen pro Exemplar hatte als andere Zeitungen. | |
Auch wenn die taz nicht an der Media-Analyse teilnahm, die diese gefühlte | |
Verbreitung hätte belegen können. | |
Natürlich musste er seinen Kunden immer wieder erklären, warum die taz zwar | |
ihr Geld wollte, aber in der Berichterstattung kompromisslos bis | |
rotzlöffelig blieb. Und manchmal auch der Redaktion, warum eine bestimmte | |
Anzeige vielleicht nicht schön, aber eben doch mit den taz-Statuten | |
vereinbar war – und die Leser:innen mündig genug, damit umzugehen. Manni | |
war ein großer Verfechter der Unabhängigkeit von Verlag und Redaktion. | |
Gerade wegen dieser Haltung fand er in der Redaktion offene Ohren. Er war | |
ein genauer und kritischer Leser, mit scharfem Blick auf die Mächtigen in | |
der Stadt. Durch sein Faible für Lokalpolitik regte er oft Themen an, die | |
unter dem landespolitischen Radar zu laufen drohten – [2][unaufgeregt, wie | |
es seine Art war]. | |
## Diskrete Themenvorschläge | |
Manchmal legte er auf Redaktionsschreibtische kleine, sauber | |
ausgeschnittene Zeitungsschnipsel, hinter denen er eine größere Geschichte | |
wusste. Wie im Austausch für die Briefmarken, die er von den Umschlägen | |
mopste, bevor die ihre Adressat:innen erreichten. | |
Briefmarken wünschte er sich bis zuletzt, aber „keine Kaufmarken“! Und | |
Bücher: „Über Hamburg.“ Ob er die nicht alle schon habe? „Am besten was | |
Neues, dann ist das Risiko nicht so groß.“ Dabei war schon klar, dass man | |
ihm mit Hochglanz-Bildbänden nicht kommen musste – eher mit kritischer | |
Lokalhistorie. | |
Fast zwei Drittel seines Lebens hat Manni in der taz verbracht. Wenn er vom | |
Aufhören sprach, haben wir ihn bekniet, weiterzumachen, zuletzt noch mal | |
ein Jahr. „Manni makes the world go round“ war ein geflügeltes Wort, und | |
wir konnten uns nie vorstellen, wer so wie er dafür hätte sorgen können, | |
dass unsere kleine Welt sich weiter dreht. Es fühlt sich schrecklich | |
ungerecht an, dass er seinen Ruhestand nun nicht mehr erlebt. | |
11 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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