| # taz.de -- Antisemitismus beim Frauenkampftag: Widersprüche machen einsam | |
| > Die Berliner Großdemo am FLINTA-Kampftag ist wichtig, aber spaltet auch. | |
| > Sie wird unterwandert von antisemitischen und transfeindlichen Gruppen. | |
| Bild: Frauenkampftag, FLINTA-Kampftag oder feministischer Kampftag? Hauptsache … | |
| Der 8. März war früher mein Lieblingstag. [1][Feministische Praxis] gilt | |
| das ganze Jahr über, aber es fühlt sich besonders an, bei Frühlingswetter | |
| zwischen zig anderen Feminist_innen zu laufen, laut zu sein und gemeinsam | |
| die Straßen einzunehmen. Es ist einfach unser Tag. | |
| Umso belastender, dass diese Euphorie von Unbehagen verdrängt wurde und | |
| sich Einsamkeit breitmacht. Widersprüchliche Lebensrealitäten und | |
| leidenschaftliche Grabenkämpfe sind schon immer Teil politischer Bewegungen | |
| gewesen. Doch manche Debatten überschatten diesen Tag so sehr, dass die | |
| Nuancen dazwischen nicht brillieren können. | |
| Ein Evergreen: Frauenkampftag, FLINTA-Kampftag oder feministischer | |
| Kampftag? Solange es nicht „Weltfrauentag“ heißt oder mich niemand als | |
| „Frau*“ bezeichnet, kann ich mit allen drei Varianten leben. Ja, „Frau“… | |
| materielle Kategorie sollte nicht verschwinden. Nein, es wird niemaus | |
| „verboten“, sich als Frau zu identifizieren. | |
| ## Keine Kompromisse bei Misogynie | |
| Ja, manchen Frauen wird der Einlass verwehrt, mal subtil, mal gewaltvoll. | |
| Nein, nicht alle, die unter dem Cis-Hetero-Patriarchat leiden, sind Frauen. | |
| Ja, biologistische Argumentationen schmecken völkisch. Nein, ich habe keine | |
| Lust darauf, [2][bei Transfeindlichkeit] und Misogynie Kompromisse | |
| einzugehen. | |
| Die zweite Abwärtsspirale ist [3][Antisemitismus]. Schon zum zweiten Mal in | |
| Folge sucht maus bei der internationalistischen Demo vergebens nach der | |
| Einbindung jüdischer Feminist_innen im Aufruf oder der langen | |
| Redebeitragsliste. Scheint kaum wen zu stören. Gleichzeitig fragt maus sich | |
| bei Demos für Moria, Hanau, Queer Pride, dem 1. Mai und auch am 8. März, ob | |
| maus gerade versehentlich auf einer „Free Palestine“-Demo gelandet sei. | |
| Das Thema erscheint prominenter als das eigentliche. Natürlich wünsche ich | |
| mir, dass Palästinenser_innen in Frieden und Sicherheit leben können. Doch | |
| diese Forderung darf kein Ventil für Antisemitismus sein. | |
| ## Israel-Auslöschungsfantasien | |
| Zum Kotzen, dass es Antisemit_innen gelingt, fast jeden Protest für sich zu | |
| vereinnahmen – egal, wie räudig es ist, auf einer Gedenkdemo für einen | |
| rechtsradikalen Terroranschlag Parolen über Israel-Auslöschungsfantasien zu | |
| chanten. | |
| Auf die Kritik an dieser Instrumentalisierung antworten Anhänger_innen | |
| dieser Ideologie damit, Kämpfe „intersektional“ zu denken. Komischerweise | |
| habe ich bei Kimberlé Crenshaw keinen Hinweis finden können, dass es cool | |
| sei, jedes Thema mit antisemitischer Rhetorik zu derailen und sich zwischen | |
| Bündnissen mit anti-Schwarzen Gruppierungen ein paar Begriffe und Konzepte | |
| aus Schwarzen Widerstandsstrategien und -kämpfen anzueignen. Also lieber zu | |
| Hause bleiben und ihnen die Straßen überlassen? | |
| Die andere Demo, auf der weiße cis Frauen in lila Gauklerinnen-Kostümen | |
| gegen trans Leute und Sexarbeiter_innen Stimmung machen, kommt auch nicht | |
| infrage. Alles sketchy. Ambivalenz macht einsam. Für uns gibt es keine | |
| Großdemo. | |
| 10 Mar 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hengameh Yaghoobifarah | |
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