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# taz.de -- Zuflucht in Berlin: Gefangen in der Warteschlange
> 700 ukrainische Geflüchtete sind mittlerweile in Berlin angekommen. Erst
> am Mittwoch wird klar werden, wie es um ihren Aufenthaltsstatus steht.
Bild: Geflüchtet nach Berlin: „Ich habe nicht geglaubt, dass es zum Krieg ko…
Berlin taz | Vor dem Ankunftszentrum in Reinickendorf hat sich am
Montagmittag eine lange Schlange gebildet. Es sind hauptsächlich Frauen und
Kinder, die aus der Ukraine geflohen sind und nun in Berlin Schutz vor dem
[1][Krieg in ihrem Heimatland] suchen. Mitarbeiter*innen des
Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) informieren die
Neuankömmlinge über das weitere Vorgehen und verteilen Schokolade an die
Kleinen, um die Wartezeit zu überbrücken.
Eine der Frauen in der Warteschlange ist Olena Husk. Die 54-Jährige ist am
Sonntagabend in Berlin angekommen und will sich registrieren lassen. Neben
ihr sitzt ihre 83-jährige Mutter und ihre 32-jährige Tochter. Am
Freitagmorgen seien sie aus Ivano-Frankivsk in der Westukraine geflohen,
berichtet sie der taz. „Ich wollte nicht gehen. Ich habe nicht geglaubt,
dass es zum Krieg kommt.“ Nachdem die Bombardierungen anfingen, hätten sie
es dann doch mit der Angst zu tun bekommen und seien mit dem Zug zur
polnisch-ukrainischen Grenze gefahren und dann zu Fuß weiter. „Wir standen
zwölf Stunden an der Grenze, mitten in der Nacht“, berichtet Husk.
Erst habe man nur Frauen mit kleinen Kindern reingelassen, schließlich
seien auch sie durchgekommen. Im polnischen Auffanglager dann die
Überraschung: „Da war ein Mann aus Berlin, der mit seinem Auto nach Polen
gefahren ist, um zu helfen. Er hat gefragt, ob wir nach Deutschland wollen,
und uns mitgenommen“, erzählt die Englischlehrerin. „Wir sind ihm sehr
dankbar.“ Olena Husk und ihre Familie haben das Glück, bei einer Bekannten
in Berlin unterkommen zu können. Meike Völker kennt die Familie von
Besuchen in der Ukraine und hat nicht gezögert, sie aufzunehmen. „Wir
quetschen uns ganz schön in der Wohnung, aber das geht schon. In so einer
Situation rückt man zusammen“, sagt die 64-Jährige.
Wie es weitergeht, wissen sie nicht. „Uns wurde gesagt, wir sollen noch
keinen Asylantrag stellen und bis nach Mittwoch warten, wenn geklärt ist,
wie wir aufgenommen werden“, sagt Olena Husk und zieht mit ihrer Familie
wieder ab.
## Die wenigsten Ukrainer*innen stellen Asylantrag
So wie ihr geht es den meisten ukrainischen Geflüchteten. Allein am Montag
haben sich laut LAF bis zum Nachmittag 300 Menschen im Ankunftszentrum
gemeldet. Von Freitag bis Sonntagabend waren es 400 Menschen, 355 von ihnen
sind wieder gegangen und warten auf eine Entscheidung der EU und des
Bundesinnenministeriums zu ihrem Aufenthaltsstatus. Lediglich 45
Ukrainer*innen haben Asylanträge gestellt und sich unterbringen lassen.
Denn solange nicht entschieden ist, ob die Schutzsuchenden als Asylsuchende
gelten oder als Kriegsflüchtlinge ankommen können, raten ihnen die
Mitarbeiter*innen des LAF, keinen Asylantrag zu stellen und bei
Freund*innen unterzukommen.
Denn nach der EU-Richtlinie zum „Massenzustrom“ können sie auch ohne
langwieriges Asylverfahren in Deutschland Schutz suchen und dürfen
währenddessen ihren Wohnort frei wählen und arbeiten. „Wir warten dringend
auf eine Entscheidung“, sagt Stefan Strauß, Sprecher der Senatsverwaltung
von Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Montag zur taz. Die
Anerkennung als Kriegsflüchtlinge wäre „eine gute Lösung“. Bereits
eingeleitete Asylverfahren könnten wieder rückgängig gemacht werden,
verspricht er. Unterbringen lassen können sich die Menschen aber so oder
so. „Für sie wird in Kürze eine erste Unterkunft eröffnen, weitere folgen�…
so Strauß.
## Unklare Zuständigkeiten
Von der Entscheidung über den rechtlichen Status der Schutzsuchenden hängt
zudem ab, wer für sie zuständig ist, auch finanziell: das LAF im Falle
eines Asylverfahrens oder die Bezirke im Falle der
Massenzustrom-Richtlinie. Für die Menschen vor Ort ist das alles nur schwer
durchschaubar. „Wir wollen helfen und das geht ins Leere“, empört sich
Günter Fischer. „Man wird von einem Ort zum anderen geschickt.“
Fischer und seine Frau haben die Familie seiner Frau vor zwei Wochen zu
sich eingeladen, als sich die Situation in der Ukraine zuzuspitzen begann.
Nun sitzen die 36-jährige, ihre Nichte, ihr Mann [2][und ihr einjähriges
Kind in Berlin fest]. „Wir können nicht zurück und wissen nicht wohin“,
sagt Olena Didyk. „Wie können wir hier auf Dauer leben ohne Geld?“, fragt
sie und fängt an zu weinen. Ein junger LAF-Mitarbeiter kommt und erklärt
etwas auf Ukrainisch. „Wir müssen warten“, sagt Didyk, die in Kiew als
Ingenieurin gearbeitet hat. „Wir wollen nur, dass dieser Krieg aufhört und
wir wieder nach Hause kommen können.“
28 Feb 2022
## LINKS
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5837896
[2] /Spenden-fuer-die-Ukraine/!5837995
## AUTOREN
Marie Frank
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Willkommenskultur
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)
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Nigeria
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