Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Münchner Luft
> Lebenslänglich Bayer: Die bayerische Landeshauptstadt hat ihren ganz
> eigenen Geruch nach Weißwurst, immer wieder Weißwurst …
Das ist doch schön, wenn man noch Ziele hat, auch wenn man viel erreicht
hat in seinem Leben. So soll doch die junge Frau, die in München jüngst zur
Miss Weißwurst gekürt worden ist, kurz nach ihrer Inthronisation gesagt
haben, dass sie davon träume, irgendwann einmal auch Bayerische Bierkönigin
zu werden. Das wäre schon allein deshalb einmalig in der Geschichte des
bayerischen Lebensmittelbotschafterinnenwesens, weil der Titel des
Weißwurstfrolleins in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt vergeben worden
ist.
Unfassbar, möchte man meinen, wo die Geschichte, die man sich in München
für die Weißwurst ausgedacht hat, doch schon vor 165 Jahren begonnen hat.
Damals soll am Marienplatz in der Gaststätte „Zum ewigen Licht“ dem
Metzgermeister Moser Sepp der Schafsdarm für die Kalbsbratwürste
ausgegangen sein. Er hat die Wurstmasse dann in Schweinsdarm gefüllt. Weil
der aber beim Braten leicht hätte aufplatzen können, hat er die Würste
gebrüht. Die Weißwurst war erfunden.
So wird es erzählt, und so war es ganz bestimmt nicht. In Wahrheit kannten
die Münchner schon viel früher jenes ganz spezielle Geschmackserlebnis, das
sich auch nach dem Verzehr auch kleinerer Mengen Weißwurst einstellt und
oft den ganzen Tag lang und bisweilen darüber hinaus anhält. Dieses
Aufstoßen, das einen den Geschmack nach Schweinerückenspeck und
Kalbskopffleisch gemischt mit Magensäurearomen durch die Speiseröhre in den
Mund bläst, wird jeder kennen, der schon einmal an der Weißwurst gezuzelt
hat.
Wenn die Luft oben wärmer ist als unten am Boden und keine frischen Winde
durch die Stadt wehen, liegt über ganz München dieser unverwechselbare Duft
nach halb verdauten Weißwürsten. Wollte man gehässig sein, könnte man das
durchaus als Gestank bezeichnen. In München sollte man dies allerdings
nicht allzu laut tun. Denn dort ist man stolz auf die Weißwurst und seine
ausgedachte Geschichte. Wird die Spezialität gefeiert, dann kommen
Vertreter aller Parteien. Und so kam es auch, dass bei der Kür der Miss
Weißwurst zu eben jenem 165. Wurstjubiläum in der traditionsreichen
Touristenfalle „Donisl“ am Marienplatz nicht nur der Wirtschaftsreferent
der Stadt von der CSU und die dritte Bürgermeisterin von der SPD zugegen
waren, als das ehrgeizige Frollein Weißwurst ausgezeichnet worden ist,
sondern auch die Wiesnstadträtin von den Grünen.
Ja, so ist das in der Weißwurstmetropole. Da darf die stärkste Fraktion im
Rathaus den informellen Posten einer Oktoberfeststadträtin besetzen. Die
will, so hat sie es gesagt, mal schauen, ob nicht beim Oktoberfest ein
wenig mehr ökologische Produkte feilgeboten werden können. Eines wird sie
indes wissen: Von Bioweißwürsten stößt man auch nicht anders auf als von
konventionellen. Die Stadt wird ihren Geruch also so schnell nicht
verlieren. Es stinkt halt dann biologischer. In diesem Sinne: Mahlzeit!
24 Feb 2022
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Wurst
München
Bayern
Franz Josef Strauß
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Die Schampuskrise
Lebenslänglich Bayer: Das Lieblingsgetränk des unvergessenen Franz Josef
Strauß ist das eigentliche Bier der Bajuwaren.
Die Wahrheit: Die Bierpreisbombe
Lebenslänglich Bayer: Es gibt Wichtigeres als Putins Krieg – jedenfalls für
Münchner. Schließlich steht bald schon das Oktoberfest an.
Die Wahrheit: Der Watschndepp
Lebenslänglich Bayer: Wenn einer so ausschaut wie der Watschndepp, dann ist
der Watschnbaum nicht weit. Es ist ein Elend im Freistaat.
Die Wahrheit: Alphabet der Alliterationen
Lebenslänglich Bayer: Mich leckst am Arsch – das bayerische Wörterbuch der
Wort-Duos ist nicht aufzuhalten! Ja, Derblecken und Drohnen, auf geht's!
Die Wahrheit: Corona Bavariae
Lebenslänglich Bayer: Ja, was ist denn jetzt recht eigentlich schuld dran,
dass es in Bayern grad net gut läuft? Im Folgenden ein paar Ideen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.