| # taz.de -- Enthüllungen über Großbank: Die Schweiz und ihre Zebra-Banken | |
| > Medienrecherchen zufolge verdiente die Bank Credit Suisse bis in jüngste | |
| > Zeit an kriminellem Vermögen. Wie kann das sein? | |
| Bild: Das Geschäftsgebaren der Credit Suisse ist nicht so edel wie die Fassade… | |
| Berlin taz | Der Schweizer Bank Credit Suisse, zweitgrößte des | |
| Alpenstaates, informiert auf ihrer Internetseite über saubere | |
| Finanzgeschäfte. „Beim automatischen Informationsaustausch handelt es sich | |
| um eine weltweite Initiative zur Verhinderung der Steuerhinterziehung“, | |
| heißt es da beispielsweise. | |
| Doch nun haben das Geldinstitut und auch die Schweizer Regierung eine | |
| Recherche am Hals, die gewisse Zweifel an solchen Erklärungen aufkommen | |
| lässt. Demnach können in der Schweiz immer noch Diktatoren und Drogenbarone | |
| ihre illegalen Milliarden verstecken. Hat das internationale Abkommen gegen | |
| Steuerhinterziehung von 2014 nichts gebracht, wie ist der Stand heute? | |
| „Suisse Secrets“ heißt das Projekt, dessen Ergebnisse unter anderem die | |
| Süddeutsche Zeitung (SZ), der WDR und NDR sowie Journalistinnen und | |
| Journalisten in Frankreich, Großbritannien und vielen anderen Ländern am | |
| Sonntagabend veröffentlichten. Es gehe um mehr als 18.000 Konten von etwa | |
| 30.000 „Credit Suisse“-Kunden mit einem Gesamtvermögen von über 100 | |
| Milliarden Dollar (heutiger Wert etwa 90 Milliarden Euro). Die Konto-Daten | |
| sollen von den 1940er Jahren bis ins vergangene Jahrzehnt reichen. Die | |
| Quellen der Information wurden nicht genannt. | |
| Die Transaktionen lieferten Hinweise auf Steuerhinterziehung, Geldwäsche | |
| und andere kriminelle Geschäfte, heißt es unter anderem in der SZ. Die | |
| Schweizer Bank habe diese Geschäfte teils wissentlich ermöglicht, lautet | |
| der Vorwurf. Und sie profitierte davon – ebenso wie die Schweiz insgesamt, | |
| deren Reichtum zum Teil auf versteckten Vermögen aus aller Welt basiert. | |
| Ein Beispiel sei der 2008 wegen Bestechung verurteilte frühere, für Nigeria | |
| zuständige Siemens-Manager Eduard Seidel, auf dessen zeitweise sechs | |
| „Credit Suisse“-Konten bis zu 54 Millionen Schweizer Franken lagen | |
| (heutiger Wert 50 Millionen Euro) – Summen, die er durch seine normale | |
| Arbeit nicht habe verdienen können. „Mehr als zwei Drittel“ der fraglichen | |
| Depots sind den Recherchen zufolge nach dem Jahr 2000 eröffnet worden. | |
| ## Bank weist Vorwürfe zurück | |
| Das Geldinstitut wies die Vorwürfe zurück. „Die Berichterstattung basiert | |
| auf unvollständigen, fehlerhaften oder selektiven Informationen, die aus | |
| dem Zusammenhang gerissen sind, um die Bank in tendenziöser Art und Weise | |
| darzustellen“, erklärte das Institut. „Rund 90 Prozent der geprüften Kont… | |
| sind heute geschlossen.“ Bleibt die Frage, was mit den übrigen zehn Prozent | |
| los ist. | |
| Dass die Schweiz und ihre Finanzbranche früher als globale Steueroase | |
| florierten, ist bekannt. Die Recherchen deuten nun aber daraufhin, dass das | |
| Problem in die Gegenwart ragt. Andererseits waren in den letzten zehn | |
| Jahren auch Fortschritte aus der Sicht derjenigen zu verzeichnen, die sich | |
| für faire Finanzgeschäfte einsetzen. | |
| So wurde ab 2014 der Standard für den automatischen | |
| [1][Informationsaustausch der Industrieländer-Organisation OECD] | |
| eingeführt. Dieser sollte weltweit gelten. Nach Druck durch die USA, die EU | |
| und auch Deutschland erklärte sich die Schweiz bereit beizutreten. Ihr | |
| vorher [2][hart verteidigtes Bankgeheimnis] gab sie damit zum Teil auf. | |
| Im Prinzip bedeutet der Standard: Wenn eine Person aus Deutschland ein | |
| Konto in der Schweiz eröffnet oder Geld dorthin überweist, erfährt | |
| automatisch das hiesige Finanzamt davon. Internationale Steuerhinterziehung | |
| wurde viel komplizierter, als sie früher war. | |
| ## Es gibt einen Haken | |
| Aber die Sache hat einen Schweizer Haken. Die Alpenrepublik praktiziert den | |
| Informationsaustausch bisher mit 105 Staaten, mit etwa 90 jedoch nicht. Zu | |
| diesen gehören auch einige der ärmsten und korruptesten Länder der Erde. | |
| Deren Finanzbehörden erfahren nicht, wenn reiche Staatsbürger ihre Vermögen | |
| illegal in der Schweiz parken. „Die Schweiz betreibt eine Zebra-Strategie“, | |
| sagte Konrad Duffy von der Organisation Finanzwende. „Gegenüber westlichen | |
| Ländern wie der Europäischen Union gibt sie sich sauber. Andererseits | |
| akzeptiert sie offenbar weiterhin in großem Umfang Schwarzgeld von | |
| Kriminellen.“ | |
| Zu Wort meldete sich am Montag auch die Europäische Volkspartei im | |
| EU-Parlament. „Schweizer Finanzinstitute haben offensichtlich massive | |
| Defizite im Bereich Geldwäscheprävention“, erklärte der | |
| CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Wegen der engen Beziehungen resultiere | |
| daraus „auch ein Problem für den europäischen Finanzsektor“. Ferber sagte: | |
| „Ich erwarte, dass die Kommission bei der nächsten Überarbeitung der Liste | |
| riskanter Drittstaaten im Bereich Geldwäsche überprüft, die Schweiz als | |
| Hochrisikogebiet einzustufen.“ Das könnte die grenzüberschreitenden | |
| Geschäfte der Schweizer Banken insgesamt erschweren. | |
| 21 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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