# taz.de -- Querdenkerdemonstration in Köpenick: Menschenkette gegen Coronaleu… | |
> In Köpenick versammeln sich Coronaleugner und Nazis, eine Menschenkette | |
> aus AnwohnerInnen hält dagegen. Um 20 Uhr ist alles vorbei. | |
Bild: Bündnis „Menschenkette der Solidarität“ vor dem Rathaus Köpenick | |
BERLIn taz | In Treptow-Köpenick bilden am Montagabend etwa 40 engagierte | |
AnwohnerInnen eine Menschenkette vor dem Rathaus, um Teilnehmenden | |
[1][einer Demonstration gegen die Coronamaßnahmen Paroli zu bieten]. Unter | |
dem Motto „Mit Nazis marschieren ist kein spazieren“ findet der Protest des | |
Bündnisses „Menschenkette der Solidarität“ statt. Mit rot-weißen | |
Absperrbändern in den Händen stehen sie mit gebührendem Sicherheitsabstand | |
vor der Statue des Hauptmanns von Köpenick vor dem roten Backsteingebäude. | |
Aber ganz im Gegensatz zur Geschichte Friedrich Wilhelm Voigts („Der | |
Hauptmann von Köpenick“), der 1906 als Hauptmann verkleidet den | |
Bürgermeister verhaftete, das Rathaus besetzte und die Stadtkasse stahl, | |
stellen sich die DemonstrantInnen der Menschenkette vor das | |
Regierungsgebäude: „Im Rathaus findet beispielsweise die | |
Bezirksverordnetenversammlung statt. Hier wird Demokratie gemacht und | |
gelebt. Deswegen möchten wir den Eingang des Rathauses vor den | |
antidemokratischen Ansichten der sogenannten SpaziergängerInnen schützen“, | |
erklärt der Organisator der Menschenkette. | |
In erster Linie geht es den Menschen vor dem Rathaus an dem Abend darum, | |
den AnhängerInnen von Verschwörungsmythen und rechtsextremen Meinungen | |
nicht widerstandslos das Feld zu überlassen. Trotzdem: Auch der Dialog soll | |
entstehen, zumindest mit denen, die noch mit sich reden lassen, so die | |
OrganisatorInnen der Menschenkette. Tatsächlich bleiben wenige der | |
„SpaziergängerInnen“ stehen und sprechen mit den AnwohnerInnen und | |
politischen VertreterInnen: Einige wollen provozieren und beleidigen, | |
andere sind tatsächlich an Austausch interessiert – immer wieder | |
diskutieren ein paar der Coronamaßnahmen-SkeptikerInnen mit Lars Düsterhöft | |
und Ralf Thies (beide SPD), die Teil der Kette sind. | |
„Diese Diskussionen machen mich teilweise wahnsinnig, aber nicht | |
sprachlos“, sagt Ralf Thies, der in der BVV Treptow-Köpenick für die | |
Sozialdemokraten sitzt. „Auch wenn durch Corona viele absurde Meinungen zum | |
Vorschein kommen, entsteht zumindest ein politischer Diskurs“, so Thies. | |
„Wir sollten innerhalb der demokratischen Rahmenbedingungen miteinander ins | |
Gespräch kommen.“ Auf der Straße sind an dem Abend die | |
CoronaverharmloserInnen allerdings in der deutlichen Überzahl – eine genaue | |
Zählung fällt der Polizei schwer, da die SpaziergängerInnen recht verteilt | |
sind und keiner genauen Route folgen. | |
## Verschiedenste Gesinnungen | |
Aufseiten der Protestierenden gegen die aktuelle Coronapolitik mischen sich | |
verschiedenste Gesinnungen und Personengruppen: Einerseits laufen Menschen | |
mit, die dem äußerlichen Anschein nach aus der sogenannten bürgerlichen | |
Mitte stammen, andererseits sind auch aggressiv wirkende Personen dabei, | |
die durch Rufe und Äußerungen dem rechten bis rechtsextremen Milieu | |
zuzuordnen sind. Und natürlich sind auch die AnhängerInnen von | |
Verschwörungsmythen vertreten – Nachfragen ergeben sehr schnell Aussagen | |
über einen „deep state“ und Verschwörungen zur Corona-Impfung. | |
Insgesamt sind am Montagabend in Treptow-Köpenick auf der Seite der | |
CoronaleugnerInnen Geschichtsrevisionismus, Pietätlosigkeit – so macht sich | |
ein Mann lautstark über die Ermordung von zwei PolizistInnen in | |
Rheinland-Pfalz lustig – und Besorgtsein zu erkennen. Lars Thies sagt, dass | |
zunehmend die Grenzen in der Debatte überschritten würden, in dem die | |
Coronapolitik mit faschistoider Diktatur verglichen wird. Gleichzeitig gebe | |
es die Sorgen von Menschen, die ernst genommen werden sollten. | |
Schließlich sind die meisten Menschen, die an diesem Abend zusammenkommen | |
und aufeinander stoßen, [2][mehr oder weniger NachbarInnen] – da sollten | |
zumindest, auch im Sinne der eigenen Sicherheit, die ganz harten Fronten | |
geschwächt werden. Viele der Beteiligten der Menschenkette gehen an diesem | |
Abend gegen 20 Uhr nur als geschlossene Gruppen nach Hause. In den letzten | |
Wochen habe es da einige brenzlige Situationen gegeben, erzählt der | |
Organisator. | |
1 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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