| # taz.de -- Gespräche Nordmazedonien und Bulgarien: Der Neue soll's richten | |
| > Dimitar Kovačevski ist nur knapp zum Ministerpräsidenten gewählt worden. | |
| > Er muss nun die Energiekrise überwinden – und Bulgarien besänftigen. | |
| Bild: Vor einem Berg an heiklen Aufgaben: Dimitar Kovačevski im Parlament in S… | |
| Berlin taz | Für Nordmazedoniens neuen Ministerpräsidenten Dimitar | |
| Kovačevski beginnt seine Amtszeit mit einem besonders wichtigen Termin: Am | |
| Dienstag reist sein [1][bulgarischer Amtskollege Kirill Petkow] zu ihm nach | |
| Skopje. Weil Sofia bisher Verhandlungen über einen möglichen EU-Beitritt | |
| Nordmazedoniens blockiert, ist das Verhältnis der beiden Nachbarländer | |
| nicht gerade das beste. Doch Petkow ist selbst erst seit wenigen Wochen im | |
| Amt und hat angekündigt, die Beziehungen zu Nordmazedonien neu aufzurollen. | |
| Dimitar Kovačevski wurde erst in der Nacht zum Montag ins Amt gewählt, wenn | |
| auch denkbar knapp: 62 von 120 Stimmen im Parlament bestätigten den | |
| Sozialdemokraten als neuen Ministerpräsidenten. | |
| Der bisherige Vizefinanzminister ist als politische Figur vielen bislang | |
| unbekannt, gilt aber als unaufgeregter Politiker – und stellte gerade | |
| deshalb für seine Partei, die sozialdemokratische SDSM, die passende Wahl | |
| dar. Denn der Abstimmung ging eine monatelange Krise voran: Der bisherige | |
| Amtsinhaber [2][Zoran Zaev] war nach herben Verlusten der SDSM bei den | |
| Lokalwahlen im Oktober zurückgetreten und hatte daraufhin Kovačevski als | |
| seinen Nachfolger empfohlen. Im Dezember hatte der bereits Zaevs Posten als | |
| Chef der Sozialdemokraten eingenommen. | |
| Zu tun gibt es zur Genüge für Kovačevski und sein zum Teil neu bestücktes | |
| Kabinett, bestehend aus zwölf Ministern der SDSM sowie aus sechs | |
| beziehungsweise drei der Albaner-Parteien DUI und Alternativa. Vor allem | |
| gelte es, die Energiekrise zu überwinden und „den Lebensstandard | |
| sicherzustellen“, sagte Kovačevski in seiner Antrittsrede. Wegen der hohen | |
| Energiepreise besteht in Nordmazedonien die Gefahr, dass bei vielen | |
| Menschen in den kommenden Wintermonaten Heizung und Strom ausfallen | |
| könnten. Kovačevski kündigte dafür umgerechnet 130 Millionen Euro | |
| Soforthilfe an. | |
| Als weitere Prioritäten seiner Amtszeit nannte er den Umgang mit der | |
| Coronapandemie, von der Vorgängerregierung nicht gerade rühmlich gemanagt, | |
| wie der verheerende Brand einer Covidstation in Tetovo im Norden des Landes | |
| zeigte, sowie wirtschaftliche Reformen. Diese sind bitter nötig, damit | |
| [3][junge Menschen nicht weiterhin in großer Zahl in Richtung Westeuropa] | |
| ziehen. | |
| ## Frischer Wind auch in Bulgarien | |
| Auch die Beziehung zu Bulgarien will Kovačevski verbessern. Für Skopje | |
| hätten die EU-Beitrittsgespräche eigentlich längst starten sollen. Doch | |
| Bulgarien beharrt auf seinem Veto. Dabei geht es um einen [4][Streit über | |
| die Sprache und Kultur Nordmazedoniens], die bulgarische Wurzeln hätten. | |
| Ein damit verknüpfter Forderungskatalog dürfte am Dienstag Thema werden, | |
| wenn der [5][bulgarische Regierungschef Petkow] zu Gesprächen in Skopje | |
| eintrifft. | |
| Bei all diesen Herausforderungen genießt Kovačevski allerdings nur einen | |
| schmalen Rückhalt im Parlament. Gegen ihn hatte bei der nächtlichen | |
| Abstimmung die rechte Oppositionspartei VMRO-DPMNE gestimmt und wiederholt | |
| Neuwahlen gefordert. Mehrere kleinere Parteien hatten den Sozialdemokraten | |
| nur unter Vorbehalt unterstützt: Innerhalb von drei Monaten müsse dieser | |
| das Wahlrecht zugunsten kleiner Parteien reformieren. Ansonsten würden sie | |
| ihm ihre Unterstützung entziehen, Neuwahlen wären die Folge. | |
| 18 Jan 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jana Lapper | |
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