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# taz.de -- Corona-Wutausbruch eines Moderators: Für uns alle geschimpft
> Seit zwei Jahren ist fast nichts mehr, wie es war. Der Druck, der sich
> angestaut hat, ist enorm. Ein TV-Moderator in Mexiko hat ihn nun
> abgelassen.
Bild: Sein Wutausbruch im TV machte ihn zum Internet-Star: Moderator Leonardo S…
Der mexikanische Nachrichtensprecher [1][Leonardo Schwebel verlor vor
einigen Tagen vor laufender Kamera die Fassung]. Er ging dicht an die Linse
heran, warf die Arme wie wild in die Luft. Und er schrie. Er schrie die
„verdammten Anti-Vaxer“ an, sie sollen mit dem „Bullshit“ aufhören und
wenigstens die „verdammte Maske“ aufsetzen. Sie! Sollen! Aufhören! Für die
ganze Welt auf die Bremse zu treten!
Seltsam befriedigend, diesem Mann dabei zuzuschauen, wie er sich mit
knallrotem Kopf eine Maske ans Gesicht hält und schreit und schreit. Denn
irgendwie, habe ich das Gefühl, ist uns allen zum Schreien zumute. Eltern,
Lehrer*innen, Pfleger*innen, Kindern, Singles, Schauspieler*innen,
Politiker*innen, Oma und Opa, Ärzt*innen, Journalist*innen,
Busfahrer*innen, Reinigungskräften, körperlich Kranken, psychisch Kranken …
Wir machen zwar weiter. Aber wir können nicht mehr.
Seit zwei Jahren ist fast nichts mehr, wie es vorher war. Die wenigsten
hätten sich wohl vorstellen können, dass wir einmal dauerhaft mit solchen
Einschränkungen leben würden. Der emotionale und psychische Druck, der sich
angestaut hat, ist enorm. Die psychische Seite von Pandemien haben sich nun
kanadische Wissenschaftler*innen angeschaut.
Sie gaben Ende 2021 die Studie „Psychologie der Pandemie“ heraus, die in
ihrer endgültigen Version im Mai veröffentlicht werden wird. Sie schreiben,
dass sich der Effekt der Pandemie auf die mentale Gesundheit der Menschen
in all ihren Facetten vermutlich erst Jahre später zeigen wird. Einer
Prognose aus Großbritannien zufolge werden 20 Prozent der Bevölkerung als
Folge der Pandemie neue oder zusätzliche therapeutische Unterstützung
brauchen.
## Anstieg an Depressionen
Während der Spanischen Grippe, schreiben die Forscher*innen, gab es einen
Anstieg an Depressionen und Angststörungen. Danach wurden mehr Menschen in
psychiatrischen Einrichtungen aufgenommen. Während der Covidpandemie, lässt
sich schon jetzt feststellen, hat der Ge- und Missbrauch von Drogen
zugenommen, zum Beispiel von Alkohol, Cannabis und Opiaten. Psychologische
Faktoren, schreiben die Wissenschaftler*innen, sind zentral für die
Bewältigung einer Pandemie – denn wenn die Menschen die Regeln nicht
befolgen, wie Masken zu tragen oder sich impfen zu lassen, bringt alles
Pandemiemanagement nichts. Außerdem müsse es breite Angebote für psychische
Unterstützung und Beratung geben, online und telefonisch.
Eigentlich müssten genau jetzt politisch die Weichen dafür gestellt werden,
dass es dieses breite Angebot gibt, heute und vor allem in den nächsten
Jahren, um all den emotionalen Druck der Menschen aufzufangen und
Erkrankungen zu verhindern. Aber Therapieplätze sind knapp, Online-Angebote
rar gesät. Und, ehrlich gesagt, [2][vorausschauendes Handeln traut man der
Politik nach zwei Jahren Pandemie kaum noch zu]. Und da ist man wieder bei
Leonardo Schwebel: Man möchte schreien.
24 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=AdqVhw8LFe0
[2] /Coronapolitik-und-Vertrauen/!5814273
## AUTOREN
Gilda Sahebi
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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Mexiko
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Pandemie
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