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# taz.de -- Affäre um Marinechef Schönbach: Leerstelle Außenpolitik
> Der Rücktritt von Marine-Inspektor Schönbach war nötig. Schwadronierer
> wie er füllen eine Lücke, die die Bundespolitik in Sicherheitsfragen
> aufmacht.
Bild: Hier redete sich der Ex-Marinechef Schönbach um Kopf und Kragen
Wenn sich Generäle in einem demokratisch verfassten Staat in die Politik
einmischen, haben beide Seiten ein Problem. Der Chef der deutschen Marine,
Vizeadmiral Schönbach, hat bei einem Vortrag in Indien als „ganz radikaler
Katholik“ Russland zum christlichen Bündnispartner gegen China erklärt,
gegen das es Krieg geben werde, und mit huldigenden Äußerungen gegenüber
Putin die Ukraine brüskiert. Seine politische Vorgesetzte,
Bundesverteidigungsministerin Lambrecht, hat [1][seinen Rücktritt
angenommen].
Dass der Admiral es für angebracht hielt, dergestalt über deutsche
Außenpolitik zu philosophieren – in Uniform, [2][vor der Kamera, umgeben
von namhaften Sicherheitsexperten einer Großmacht] –, das ist weder
hinnehmbar noch erstaunlich. Außen- und Verteidigungspolitik ist in der
deutschen Politik eine Leerstelle geworden, die diese Bundesregierung
bislang noch weniger mit einem kohärenten Inhalt füllt als ihre
Vorgängerin.
Ganz unabhängig davon, was man von Schönbachs Weltsicht halten mag: Wieso
hält eigentlich ein deutscher General in Indien eine strategische
Grundsatzrede über den Indopazifik? Hat Deutschland gerade keine Politiker
übrig, die schon mal auf einen Globus geschaut haben?
In diese außenpolitische Leerstelle drängeln in Deutschland seit geraumer
Zeit zahlreiche Nostalgiker, die abwechselnd von den guten alten Zeiten
der Sowjetunion und der Ostpolitik und von der Verteidigung des
christlichen Abendlandes schwadronieren. Sie sehen in Putin den ersehnten
Ersatzführer, der anstelle des schlaff gewordenen liberalen Westens die
Tugenden ihrer jungen Jahre hochhält.
## „Tradition – Strenge – Kampf“
[3][„Tradition – Strenge – Kampf“ schrieb die Bundeswehr] Schönbach als
„Motto“ zu, als er 2018 das Kommando der Marineschule Mürwik in Flensburg
übergab und nach Berlin wechselte, wo er danach bis ganz nach oben
aufstieg.
Schönbach droht nun das Schicksal, von diesem rechten Rand in die lange
Reihe seiner Märtyrer wie zuletzt Hans-Georg Maaßen gehoben zu werden –
noch jemand, der angeblich zur Unperson wird, weil er unbequeme Wahrheiten
ausspricht. Unabhängig davon, ob der Admiral a. D. diesen zweifelhaften
Heldenstatus verdient oder nicht: Es ist richtig, dass sein Auftritt in
Indien seine Karriere beendet. Und nun sollte die Bundesregierung
schleunigst selber eine anständige China- und Russlandpolitik definieren
und vertreten, die diesen Namen auch verdient.
Sonst verstärkt diese unselige Episode nur den ohnehin katastrophalen
Eindruck, den Deutschland in diesen Wochen eines drohenden Krieges immer
deutlicher im Ausland hinterlässt: ein unsicherer, unehrlicher,
selbstbezogener Kantonist, auf den kein Verlass ist, der keine Solidarität
übt und der nicht einmal die eigenen Interessen und Werte überzeugend
darzustellen vermag.
23 Jan 2022
## LINKS
[1] /Vizeadmiral-Kay-Achim-Schoenbach/!5829963
[2] https://www.youtube.com/watch?v=ODmkoGQw1TU
[3] https://augengeradeaus.net/2020/10/schoenbach-als-neuer-marineinspekteur-vo…
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Bundeswehr
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Deutsche Marine
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Russland
Podcast „Bundestalk“
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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