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# taz.de -- Nach Amoklauf in Heidelberg: Studierendenstadt unter Schock
> Zwei Tage nach dem Amoklauf von Heidelberg ist das Motiv des Täters
> weiter unklar. Offen ist auch, bei wem er die Waffen kaufte.
Bild: Trauer in Heidelberg: Menschen legen vor einem Gebäude der Universität …
Karlsruhe taz | Auch zwei Tage nach dem Amoklauf an der Universität
Heidelberg liegt das Motiv des Täters für die Ermittler weiter im Dunkeln.
„Wir wissen nicht, ob der Täter seine Opfer gezielt ausgesucht hat“, sagt
ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Heidelberg.
Das Gerücht, dass Nico G. [1][der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“]
nahegestanden haben könnte, weil sich sein Name auf einer Liste des
bayerischen Landesverbands findet, bringt aus Sicht der Ermittler nur wenig
Licht in die möglichen Motive von G. „Es gibt derzeit keinerlei Hinweise
auf eine politisch motivierte Tat“, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Wenn
der Täter seine Opfer gezielt ausgewählt haben sollte, spräche wenig für
ein fremdenfeindliches Motiv. Nur eins der Opfer, ein leicht verletzter
Student, hat einen deutsch-italienischen Migrationshintergrund.
Am Dienstag war der 18-jährige Student der Biowissenschaften nach 12 Uhr
mit einem Repetiergewehr und einer Schrotflinte in eine Vorlesung der
Biowissenschaften eingedrungen und hatte [2][mindestens dreimal auf die
Kommilitonen geschossen.] Der Hörsaal war zu diesem Zeitpunkt wegen der
Coronamaßnahmen nur mit 30 Studenten besetzt, allesamt
Biowissenschafts-Erstsemester, wie Nico G. Eine Studentin erlag am
Nachmittag ihren Kopfverletzungen, drei andere Erstsemester wurden leicht
verletzt.
Die Polizei war schnell vor Ort. Sie hatte um 12.24 Uhr innerhalb weniger
Sekunden sieben Notrufe aus der Universität. Bereits um 12.43 Uhr stand das
Spezialeinsatzkommando im Hörsaal, weitere sieben Minuten später fanden sie
den toten Schützen außerhalb des Gebäudes.
## Warum hörte der Täter auf, zu schießen?
Der bisher einzig bekannte Hinweis auf ein mögliches Motiv ist eine
Whatsapp-Nachricht, die der Täter an seinen Vater geschrieben hat. „Einige
Leute müssten bestraft werden“, schreibt er darin. Und dass er nicht auf
einem Friedhof bestattet werden will, sondern auf See. Als der Vater die
Polizei über die Nachricht informiert, sind die Schüsse schon gefallen.
Warum sich der junge Mann rächen wollte und an wem genau, ist aber
weiterhin unklar. Die Erstsemester waren für die Vorlesung in
Coronakohorten aufgeteilt, es war nicht die Kohorte von Nico G., die sich
am Dienstag zur Vorlesung versammelte.
Die Ermittler der 32-köpfigen Ermittlungsgruppe „Botanik“ schließen auch
nach erster Sichtung seiner elektronischen Geräte religiöse und politische
Motive sowie weitere Mittäter aus. Ob es psychische Gründe gibt, ist bisher
unklar. Eine entsprechende Erkrankung, die allerdings lange zurückliegt,
könnte ein Hinweis sein. Ebenfalls unklar ist, warum der Täter zwar hundert
Schuss Munition in seinem Rucksack hatte, aber nur drei Schüsse abgegeben
hat. „Hätte er weiter geschossen, hätte ihn in dem Hörsaal keiner aufhalten
können“, sagt ein Ermittler.
Außerdem ungewöhnlich sei bei so einer Tat, dass der Täter laut
Staatsanwaltschaft noch nie zuvor bei Behörden auffällig geworden sein
soll. Keine Vorstrafen, keine Ermittlungsverfahren. Nicht einmal einen
Führerschein habe der junge Mann gehabt, erklärt die Staatsanwaltschaft.
Neben dem Motiv liegt der Schwerpunkt der Ermittlungen nun auf der Herkunft
der Waffen. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Täters im Süden Mannheims
seien Kaufbelege für die beiden Gewehre und die Munition gefunden worden.
„Wir wissen, dass er die Waffen kurz vor der Tat persönlich im Ausland
gekauft hat“, sagt der Mannheimer Polizeipräsident Siegfried Kollmar. Nun
müssten die Ermittlungen zeigen, wer Gewehre ohne jeden Waffenschein
verkauft hat. Diese Leute seien für die Tat mitverantwortlich, so Kollmar.
Sicher ist, dass anders als bei früheren Amokläufen weder der Täter noch
jemand aus seinem direkten Umfeld einen Waffenschein oder Waffen hatte.
Die Studierendenstadt Heidelberg steht auch zwei Tage nach der Tat unter
Schock. Auf den Treppen der alten Universität in der Innenstadt wie auch
vor dem Tatort haben Studierende und Passanten Blumen und Kerzen
hinterlassen. Rektor Bernhard Eitel zeigte sich beeindruckt von der
Anteilnahme, die aus aller Welt bei ihm einging. Jetzt müsse sich zeigen,
wie die Tat an der Hochschule aufgearbeitet werden könne, sagte Eitel. Die
Studierenden, die die Tat unmittelbar miterlebt haben, würden ab sofort
psychologisch betreut, betont Innenminister Thomas Strobl. Auch in der
Universitätskirche boten Seelsorger Studierenden Beistand an.
Die vermeintliche Beliebigkeit, mit der der Täter seine Opfer ausgewählt
hat, empfinden viele als einen Anschlag auf die Hochschule und ihre
akademische Offenheit. Der Vorsitzende der Studierendenschaft, Peter
Abelmann, sagt: „Es wird lange dauern, bis wir dieses Trauma verarbeitet
haben.“
26 Jan 2022
## LINKS
[1] /Rechtsradikale-Kleinstpartei-III-Weg/!5803324
[2] /Nach-dem-Amoklauf-in-Heidelberg/!5830193
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Amoklauf
Heidelberg
Schusswaffen
Ermittlungen
Polizei
Heidelberg
Schwerpunkt Waffen in den USA
Russland
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