# taz.de -- Anschlag an russischem Gymnasium: Bombe zum Gebet | |
> In Russland zündet ein 18-Jähriger in einer Schule einen Sprengsatz. Er | |
> verletzt sich und zwölf weitere Menschen. Angeblich wurde er gemobbt. | |
Bild: Serpuchow, Russland: Polizisten stehen vor dem Kloster, wo der Sprengsatz… | |
Moskau taz | Der Schultag am klassischen orthodoxen Gymnasium am Rande von | |
Serpuchow, knapp 90 Kilometer südlich der russischen Hauptstadt Moskau, | |
beginnt stets ruhig – mit einem Gebet. Die Schule gleich neben dem | |
Wladytschny-Frauenkloster der früheren Festungsstadt ist privat geführt, an | |
der Spitze steht eine Äbtissin. | |
Religiöse wie weltliche Lehrer*innen bringen hier ihren Schüler*innen | |
von der ersten bis zur elften Klasse bei, „hohe moralische Qualitäten in | |
sich zu finden und sich sündiger Wünsche zu enthalten, wie es die Heilige | |
Orthodoxe Kirche lehrt“, so steht es in den „Regeln des Gymnasiasten“. Au… | |
Wladislaw S. kannte die Verhaltensregeln, kannte die biblischen Gesetze, | |
den Tagesablauf, das stetige Gebot, „höflich zu anderen“ zu sein. | |
An diesem Montagmorgen, als sich kurz vor Unterrichtsbeginn viele | |
Schüler*innen und Lehrer*innen zum Gebet in der Eingangshalle | |
versammelt hatten, stand der 18-Jährige vor dem verschlossenen Tor der | |
Schule – mit selbst gebauter Bombe. So werden es später Ermittler*innen | |
berichten. Der Sprengstoff explodierte und verletzte nicht nur den | |
mutmaßlichen Täter schwer, sondern auch einen 15-Jährigen. Die Behörden | |
sprachen später von mindestens zwölf Verletzten. | |
Wladislaw S. hatte erst in diesem Sommer das Gymnasium beendet. Er soll von | |
seinen Mitschüler*innen gemobbt worden sein. Die Behörden sprachen von | |
„Konflikten in der Schule“ als Tatmotiv. Überwachungskameras zeigten einen | |
schmächtigen Jugendlichen, der mit dunkler Jacke und schwarzem Rucksack | |
durch den dunklen Morgen von Serpuchow läuft und hinter die eisernen Tore | |
des Klosters einbiegt. | |
## In der Mensa versteckt | |
Augenzeug*innen berichteten russischen Medien von einer lauten | |
Explosion, nach der sie sich in der Mensa der Schule versteckt hätten oder | |
in Hausschuhen einfach hinausgelaufen seien. Zunächst hatte es | |
widersprüchliche Angaben zum Zustand des mutmaßlichen Täters gegeben, ein | |
Priester sprach vom Tod des Jugendlichen, die Polizei bestätigte die | |
Angaben allerdings nicht. Weil die Ermittler*innen davon ausgegangen | |
waren, dass der 18-Jährige noch weitere Sprengsätze bei sich habe, hatten | |
sie zunächst keine Mediziner*innen zu ihm vorgelassen. | |
Erst im Herbst hatte ein ehemaliger Student an seiner Universität [1][in | |
Perm], 1.200 Kilometer nordöstlich von Moskau, bei einem Amoklauf mehrere | |
Menschen getötet und einige verletzt. Im Mai tötete ein 19-Jähriger an | |
seinem ehemaligen Gymnasium [2][in Kasan] in der Teilrepublik Tatarstan | |
mehrere Kinder. Wie der Täter von Perm hatte auch er kurz zuvor einen | |
Jagdschein erworben. | |
Bildungseinrichtungen in Russland sind geschlossene Systeme voller Zäune, | |
Wachpersonal, Drehsperren und Zugangskarten. Nach jeder Bluttat diskutiert | |
das Land über mehr Sicherheitspersonal und Absperrungen vor Schulen und | |
Universitäten. Zudem suchen viele Beamt*innen nach Möglichkeiten, Kinder | |
und Jugendliche in Ideologiefragen zu schulen. „Unsere Kinder müssen stets | |
beschäftigt werden“, sagen sie gern. | |
13 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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Petro Poroschenko | |
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