# taz.de -- Auskunftsrecht von Adoptivkindern: Schweigen ist feige | |
> Adoptivkinder haben ein Recht auf Kenntnis ihrer leiblichen Eltern, so | |
> der Bundesgerichtshof. | |
Bild: Für viele Kinder ist es wichtig zu wissen, wer ihre leiblichen Eltern si… | |
Die meisten Menschen haben in ihrem Leben zwei bis fünf | |
Sexualpartner:innen. Nur etwa 2 Prozent der Frauen nennen einer Statistik | |
zufolge mehr als 30 Liebhaber. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass | |
man sich ganz gut erinnert, mit wem man im Bett war. | |
Diese Erinnerung forderte eine mittlerweile erwachsene Tochter, die nach | |
ihrer Geburt [1][zur Adoption frei gegeben] worden war, von ihrer | |
leiblichen Mutter ein. Sie möchte wissen, wer ihr biologischer Vater ist. | |
Dessen Identität konnte bislang aber nicht geklärt werden, weil die Mutter | |
sich nicht erinnern will. | |
Aber das muss sie. [2][Der Bundesgerichtshof stellte am Mittwoch in einem | |
Urteil] zu diesem etwas verworrenen Fall fest, dass Adoptivkinder | |
selbstverständlich ein Recht darauf haben, zu erfahren, wer ihre leiblichen | |
Eltern sind. In dem verhandelten Fall, wer der biologische Vater der jungen | |
Frau ist. | |
Dieser Beschluss ist ein weiterer in einer Reihe unterschiedlicher | |
Entscheidungen zum Kindschaftsrecht in den vergangenen Jahren. Er ist so | |
nötig wie richtig. Nötig, weil andere Kinder dieses Recht längst haben, | |
[3][beispielsweise jene aus Samenspenden]. Richtig, weil jedes Kind wissen | |
sollte, woher es kommt, wer seine leiblichen Eltern sind. | |
## Kein Grund, das eigene Kind zu belügen | |
Das Wissen um die biologische Herkunft ist zwingend für die eigene | |
Identität. Viele Menschen, denen diese Auskunft verwehrt bleibt, sind ihr | |
Leben lang damit beschäftigt, sich selbst zu finden. Folgen können sein: | |
ständige Unruhe, Unsicherheit, Aggressivität. Nicht selten sind sie | |
sogenannte Mittelpunktsmenschen. | |
Es mag Gründe geben, warum Mütter ihren Kindern den Namen des leiblichen | |
Vaters verweigern. Peinlicher One-Night-Stand, beschämender Erzeuger, | |
bedrückende Erinnerung. Alles verständlich. Aber kein Grund, das eigene | |
Kind zu belügen. Erst recht nicht, wenn die Mutter – so wie im vorliegenden | |
Fall – nicht einmal mit dem Kind zusammenlebt. | |
Die Zeiten, in denen Frauen mit Kindern aus dubiosen Beziehungen | |
gesellschaftlich geächtet werden, sind längst vorbei. Jedenfalls in | |
westlichen Ländern. Das Schweigen ist nicht mehr als Feigheit. | |
20 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Adoptionsrecht/!t5039715 | |
[2] https://www.presseportal.de/pm/126040/5125676 | |
[3] /BGH-Urteil-zu-Umgangsrecht/!5781712 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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