| # taz.de -- Rückschlag für Wiederaufbau des Staates: Libysche Wahl abgeblasen | |
| > Kommission schlägt eine Verschiebung der Präsidentschaftswahlen um einen | |
| > Monat vor. International wächst die Sorge vor einem neuen Krieg. | |
| Bild: Ein bewaffneter Offizier steht am 16.12.2021 vor dem Büro der Wahlkommis… | |
| Berlin taz | Libyen wird vorerst keinen neuen Präsidenten wählen. Kurz vor | |
| den für den 24. Dezember angesetzten Wahlen hat die zuständige | |
| Parlamentskommission den Termin, an den ohnehin zuletzt niemand mehr | |
| geglaubt hatte, abgesagt. „Es ist unmöglich, die Wahl wie vorgesehen am 24. | |
| Dezember abzuhalten“, hieß es in dem Schreiben der Kommission an | |
| Parlamentspräsident Aguila Saleh, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. | |
| Gennant wurden als Begründung technische und juristische Gründe sowie die | |
| schlechte Sicherheitslage. Libyens Wahlkommission schlug anschließend vor, | |
| die Abstimmung auf den 24. Januar 2022 zu verschieben. | |
| Die Wahlen sollten eigentlich den Friedensprozess für Libyen krönen, der | |
| als einer der seltenen Erfolge deutscher Außenpolitik gilt. Libyen hat seit | |
| dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 keine stabile Regierung | |
| mehr. Ab 2019 spaltete ein Krieg zwischen einer Regierung in der Hauptstadt | |
| Tripolis im Westen des Landes und dem im Osten residierenden Armeechef | |
| Chalifa Haftar das Land. Auf eine Friedenskonferenz in Berlin im Januar | |
| 2020, türkische Militärhilfe für die Regierung und einen Waffenstillstand | |
| im Oktober folgte im März 2021 die Einsetzung einer neuen | |
| Übergangsregierung in Tripolis, unter dem Geschäftsmann Abdulhamid Dbaiba. | |
| Sie sollte freie Wahlen vorbereiten. | |
| Doch Libyens staatliche Institutionen – Regierung im Osten, Parlament im | |
| Westen – wurden nicht wiedervereinigt, ebenso wenig wie die rivalisierenden | |
| Streitkräfte, und es gab keine Einigung auf ein Wahlgesetz. Im Oktober | |
| wurden erst die Parlamentswahlen verschoben, nun auch die | |
| Präsidentschaftswahl. | |
| Ob nun wirklich am 24. Januar 2022 gewählt werden kann, wie es die | |
| Wahlkommission vorschlägt, ist ungewiss. Formal beschließen müsste dies das | |
| Parlament, dem die Wahlkommission untersteht und das im Osten Libyens tagt. | |
| Da sich aber alle politische Akteure bei UN-vermittelten Friedensgesprächen | |
| auf den 24. Dezember als Wahltermin festgelegt hatten, will nun niemand als | |
| derjenige dastehen, der diesen wieder kippt. | |
| ## Kommt die neue Machtverteilung ohne Volksbeteiligung? | |
| Stattdessen werden inoffiziell neue Fakten geschaffen. Am Dienstag trafen | |
| sich mehrere Präsidentschaftskandidaten auf Einladung Haftars in dessen | |
| ostlibyscher Hochburg Bengasi. Dabei soll eine faktische neue Machtteilung | |
| vereinbart worden sein: eine neue Regierung ohne Wahlen, unter Ausschluss | |
| der beiden wichtigsten Präsidentschaftskandidaten neben Haftar, also | |
| Übergangspremier Dbaiba und Gaddafi-Sohn Saif al-Islam. Parallel dazu | |
| marschierten in der Hauptstadt Tripolis Milizen auf. | |
| Die UNO zeigte sich am Dienstag besorgt über einen Zusammenbruch des | |
| Friedensprozesses. Die UN-Gesandte für Libyen, Stephanie Williams, forderte | |
| „freie, faire und glaubwürdige Wahlen“. Der US-Botschafter in Libyen, | |
| Richard Norland, rief am Mittwoch alle Seiten zur Ruhe auf. „Jetzt ist | |
| nicht die Zeit für einseitige Aktionen oder bewaffnete Einsätze“, erklärte | |
| er. | |
| 22 Dec 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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