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# taz.de -- Pop-Up-Store für Literatur: Literatur auf Bestellung
> Im Berliner Brecht-Haus eröffnet ein Pop-Up-Store, in dem man
> literarische Texte gegen Spende ordern kann. Der Erlös geht an die
> Flüchtlingshilfe.
Bild: Paula Fürstenberg bei Verfassen eines Texts für den Literatur-Pop-up-St…
Alles begann im Jahr 2015 in Zürich. Die beiden Schweizer
Schriftstellerinnen Gianna Molinari und Julia Weber fragten sich im Zuge
der sogenannten Flüchtlingskrise, was sie tun können, um die Situation der
Migrant:innen zu verbessern. Sie machten einfach das, was sie am besten
können: Texte schreiben.
Gegen eine Spende konnte man literarische Arbeiten bei ihnen in Auftrag
geben – Kurzgeschichten, Gedichte, Liebesbriefe, Pamphlete, Haikus,
Textformen aller Art. Die Erlöse wurden an Flüchtlingsorganisationen
gespendet. [1][„Literatur für das, was passiert“] nannten Molinari und
Weber die Aktion. Sie wollten damit signalisieren: Die Literaturszene ist
mitnichten ein elitärer Zirkel, der nicht registrieren würde, „was
passiert“.
Inzwischen haben die Autorinnen Paula Fürstenberg und Isabel Wanger diese
Initiative auch in Berlin etabliert. Von Montag an eröffnet im Brecht-Haus
wie schon 2020 ein vorweihnachtlicher Pop-Up-Store, in dem man Wunschtexte
bestellen kann. Elf Schriftsteller:innen sitzen im Brecht-Haus hinter
alten Schreibmaschinen und arbeiten Auftrag für Auftrag ab. Telefonische
Order oder Bestellungen per Mail sind ebenfalls möglich, dann bekommt man
die Texte nach Hause geschickt.
## Über 10.000 Euro Spenden
Im vergangenen Jahr sind 182 Texte bestellt worden, auf diese Weise kamen
über 10.000 Euro Spenden zusammen. Dieses Jahr, so sagt Isabel Wanger im
Videochat, wolle man das möglichst noch toppen, die ersten Textwünsche
seien schon eingetroffen. Die Einnahmen gehen in diesem Jahr an die
UNO-Flüchtlingshilfe.
„Uns geht es auch darum, die Aufmerksamkeit für das Thema Flucht
hochzuhalten, gerade nach den Ereignissen von Afghanistan und an der
belarussisch-polnischen Grenze in diesem Jahr“, sagt Wanger. „Wir wollen
mit den Leuten, die vorbeikommen, ins Gespräch kommen, mit ihnen über
Flucht reden.“ Wanger hatte in der Schweiz schon bei „Literatur für das,
was passiert“ mitgewirkt, vor drei Jahren riefen sie und ihre Kollegin
Fürstenberg einen Berliner Ableger ins Leben.
## Von 12.00 bis 18.30 Uhr wird geschrieben
Zunächst sammelten sie vereinzelt bei Veranstaltungen wie beim Sommerfest
des Literarischen Colloquiums oder bei Kiezfesten Spenden. Im Jahr 2019 gab
es erstmals den Literatur-Pop-Up-Store im Brecht-Haus. In diesem Jahr sind
neben den beiden unter anderem die Berliner Schriftstellerinnen Daniela
Dröscher, Yael Inokai, Alisha Gamisch, Anna Hetzer und Lea Schneider dabei,
täglich von 12.00 bis 18.30 Uhr hacken die Schreiber:innen in die Tasten
ihrer anachronistischen Schreibgeräte.
Manche Besteller:innen, so Wanger, hätten sehr konkrete Vorstellungen
davon, wie der Text sein und was darin vorkommen solle. So sei einmal eine
„Liste von Buchtiteln, die es nicht gibt, aber die es geben sollte“
gewünscht worden, und auch abenteuerliche Bestellungen gab es: Einmal hat
sich ein Teenager einen Brief an seine Freundin gewünscht – um mit ihr
Schluss zu machen.
## Man freut sich über Satelliten
Dass sich die Texte auch mit den Themen Flucht und Geflüchtete
auseinandersetzen, sei sehr selten. Im vergangenen Jahr war aber die
syrische Autorin Rabab Haider, selbst eine Geflüchtete, dabei. Sie kam über
die von Annika Reich gestartete Initiative „Weiter Schreiben“ für
geflüchtete Schriftsteller:innen dazu.
Es ist dabei durchaus im Sinne der Macher:innen, dass „Literatur für das,
was passiert“ weiter wächst, man freut sich über Satelliten in anderen
Städten wie zuletzt in München. Auch der Autorenkreis in Berlin, so Wanger,
dürfe sich durchaus noch erweitern.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] https://sites.google.com/view/literaturfuerdaswaspassiert/
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Literatur
Weihnachten
Geflüchtete
Literatur
Schwerpunkt Klimawandel
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