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# taz.de -- Entlassungen in der Fußball-Bundesliga: Trainer, wechsel dich!
> In der Liga wird zu oft und strategielos der Neuanfang postuliert. In
> Wolfsburg und andernorts erkennt man, dass das eh keiner mehr glaubt.
Bild: Geht das schon wieder los: Florian Kohfeldt sieht die fünfte Niederlage …
Das Schöne am Fußball ist ja, dass es immer noch diese zweite Realität
gibt. Sieht man mal vom FC Bayern München und wohl auch von Greuther Fürth
ab, würden die Verantwortlichen aller anderen Vereine nach dem 15. Spieltag
bestechende Argumente dafür finden, weshalb ihre Teams besser dastehen
könnten oder vielmehr müssten.
Denken Sie nur an jenen oder diesen Pfostenschuss, das schon surreal
anmutende Verletzungspech, dazu die Coronafälle, den schlechten Rasen in
Stuttgart, den Stau bei der Anreise nach Leverkusen, die eigentliche
individuelle Stärke des Kaders, die krassen Fehlentscheidungen des
Schiedsrichters. Würde man die eigentlich wahren Tabellen der
Klubverantwortlichen zusammenziehen, bliebe vermutlich die zweite Hälfte –
bis auf Greuther Fürth eben – einfach unbesetzt.
Aus Gründen der Ohnmacht beschäftigen sich die Vereine auf der zweiten
Realitätsebene vorzugsweise mit dem Gedanken, wie viel besser wohl ein
anderer Trainer mit den Schwierigkeiten umgegangen wäre und ob es nicht
wieder Zeit für einen Neuanfang wäre. Schließlich ist der eigene Einfluss
etwa auf die Torgröße, die Schiedsrichter und die Pandemie begrenzt.
Wobei in dieser Saison auffällt, wie zurückhaltend die T-Frage noch
verhandelt wird. Mit Wolfsburg, Hertha [1][und Leipzig] haben nach fast der
Hälfte der Saison lediglich drei Vereine ihre Trainer entlassen. Die
Vereine mit den besten Aussichten auf die Zweite Liga wie Stuttgart,
Bielefeld und Greuther Fürth beeindrucken dagegen mit stoischer
Gelassenheit. Es ist die Ruhe nach dem nervösen Sturm in der vergangenen
Saison, die mit einem Rekordentlassungswert in die Bundesligageschichte
einging. Während der Saison 20/21 wurden 14 Trainer geschasst und am Ende
der Spielzeit neun Stellen neu besetzt.
## Kaum haltbare Philosophie
Möglicherweise hat der erhöhte Erfolgsdruck durch die immensen
pandemiebedingten finanziellen Einbußen die Nervosität bei den Vereinen
erhöht. Die Werte spiegeln in jedem Fall wider, wie gering das
Haltbarkeitsdatum der häufig hinausposaunten Vereinsphilosophien und
Strategien ist. Es gab vor dieser Saison ein Hauen und Stechen um die
angesagtesten Trainer der Liga, also um Julian Nagelsmann, Marco Rose, Adi
Hütter, Oliver Glasner. Häufig geht es bei der Suche nach Namen und nicht
nach Konzepten. Oder man hat ein Konzept und einen Trainer dazu vor Augen,
es fehlt nur blöderweise der passende Kader dazu.
Die zuletzt auf Ballbesitzfußball getrimmten Gladbacher etwa fremdeln noch
mit dem Umschaltspiel, wie es Adi Hütter vorschwebt. In Leipzig sah die
Klubführung nach dem Abgang von Julian Nagelsmann die Chance, wieder mehr
Tempofußball spielen zu lassen, wie ihn einst Ralf Rangnick bei RB
erfolgreich lehrte. Mit Jesse Marsch glaubte man den richtigen Coach dafür
gefunden zu haben, nur die Mannschaft war blöderweise für diese Art der
Transformation nicht die richtige.
Beim VfL Wolfsburg dagegen wollte man die Fähigkeit zum schnellen
Umschaltspiel mit einer größeren Lösungskompetenz in Ballbesitzphasen
kombinieren. Nach neun Spielen und 13 Punkten sah Manager Jörg Schmadtke
das Experiment unter Mark van Bommel schon gescheitert. Jetzt ist er hell
entsetzt, dass man Florian Kohfeldt nach sechs Spielen und sieben Punkten
und fünf Niederlagen in Serie schon in Frage stellen will. Der arme Mann
könne doch nichts für die großen Umwälzungen im Verein vor seiner Zeit,
argumentiert er.
Die Wolfsburger scheinen im Sinne des Ligatrends erkannt zu haben, dass man
nicht alle sieben Wochen einen Neuanfang postulieren kann, weil es den
Trainerentlassern dann selbst an den Kragen geht. In Wolfsburg forderten
die Fans bereits den Abgang von Schmadtke. Für welchen Fußball Florian
Kohfeldt allerdings steht, kann mit Sicherheit auch keiner sagen. Bei
Werder Bremen hat man ihn vor allem [2][als Notstandsverwalter in
Erinnerung].
12 Dec 2021
## LINKS
[1] /Gescheiterter-Neuanfang-von-RB-Leipzig/!5817147
[2] /Werder-Coach-trotz-Abstiegsplatz-gesetzt/!5659436
## AUTOREN
Johannes Kopp
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