# taz.de -- Der „Bremen“-Tatort macht es sich schwer: Depressive Sozialisten | |
> Die Dialoggewitter des neuen Teams in Bremen sind erfrischend. Und auch | |
> sonst macht der „Tatort“ Freude, will nur etwas viel auf einmal. | |
Bild: Bremen, Tatort, Leiche, Hafen – so weit vertraut | |
Ein Mann liegt im Hafen mit eingeschlagenem Schädel. Ein guter Mensch war | |
der Tote, engagierter Arzt. Aber an gute Menschen glaubt BKA-Ermittlerin | |
Linda Selb (Luise Wolfram) sowieso nicht. | |
Und wie sie und Kollegin Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) herausfinden, | |
war da auch nicht alles rein und heilig im Leben des Toten. Er war | |
depressiv. „Und Sozialist, was möglicherweise einander bedingt“, heißt es | |
in einem der lakonischen Schlagabtausche, [1][die das Markenzeichen dieses | |
neuen Bremer „Tatort“-Teams sind.] | |
Was bisher geschah: [2][Vor einem Jahr haben sich Luise Wolfram, Jasna | |
Fritzi Bauer und Dar Salim in einer etwas gewollten | |
Mini-Mockumentary-Serie als neues Team vorgestellt.] Dann in ihrem ersten | |
richtigen „Tatort“ die Figuren und ihre Charakterzüge abgesteckt. Liv | |
Moorman ist die Ehrgeizige, die Angst hat, unterschätzt zu werden. Linda | |
Selb ist die coole No-nonsense-Ermittlerin. Mads Andersen (Salim) ist der, | |
der sich gerne gut choreografiert prügelt. | |
In der zweiten Folge dürfen sie sich jetzt miteinander freispielen. Und die | |
superschnellen Dialoggewitter sind erfrischend, verglichen mit der Mehrheit | |
der Krimis, bei der man meistens Zeit zum Mitschreiben hat. Wenn da nur | |
nicht ständig die Krimihandlung im Weg wäre. | |
## Shady Charaktere | |
Im Umfeld des toten Arztes gibt es jede Menge fulminante Verdächtige. Eine | |
einsame Arzthelferin, eine rachsüchtige Aktivistin, eine betrunkene | |
Schiffscrew, eine Tochter aus gutem Hause. Wie schon in der ersten Folge | |
entwirft der Bremen-„Tatort“ ein fast kleinstädtisches Ensemble aus shady | |
Charakteren, die alle irgendwie irgendwas miteinander zu tun haben – ob man | |
das nun glauben kann oder nicht. | |
Schön ist das, weil das Team, anstatt bloß Indizien zu wälzen, die | |
Verdächtigen psychologisch zu fassen versucht. Am interessantesten beim | |
Krimi ist schließlich am Ende immer: das Motiv. Nicht so schön ist, dass | |
das alles recht viel auf einmal wird. Keine der Figuren nimmt so richtig | |
die Geschichte in die Hand, keine gewinnt auch nur ein bisschen Tiefe – | |
oder Sympathie. Obendrein hat Mads Andersen noch mit einem B-Plot aus | |
seiner Vergangenheit zu kämpfen, der der ganzen Geschichte wie ein Klotz am | |
Bein hängt. | |
Der Bremen-„Tatort“ macht es sich schwer. Er will Realismus, Sittengemälde | |
zeichnen, philosophische Fragen aufwerfen, lustig sein – und dabei | |
möglichst „Tatort“-Klischees vermeiden. Und tatsächlich sind da viele neue | |
Ideen zu erkennen. Vielleicht müssen sie ja nicht alle immer in jeden | |
einzelnen Film rein. | |
12 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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