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# taz.de -- Trostlosigkeit des Sports: Fußball kann nicht Hoffnung
> Wenn in und trotz der Pandemie Bundesligaspiele stattfinden, würde das
> für Zuversicht sorgen, hieß es. Das ist ja wohl widerlegt.
Bild: Wo soll denn der Optimismus auch herkommen: Bayern-Fans jubeln mit Protes…
Es ist zu vermuten, dass Politik und Sport sich das alles sehr schön
vorgestellt hatten, damals, als die Pandemie noch nicht zum Alltag gehört
hatte und immer mal wieder Argumente gesucht wurden, warum der Profifußball
unbedingt stattfinden sollte, zumindest der in der ganz oberen Liga.
Ablenkung in düsteren Zeiten bieten, Hoffnung machen, Optimismus verbreiten
– so hatte es unter anderem geheißen, und wahrscheinlich dachten die
Verantwortlichen sich das alles in Bildern. Und zwar von glücklichen
Menschen, die wie bei der Weltmeisterschaft gebannt vor dem Fernseher
saßen, vielleicht hin und wieder mit einem Fähnchen wedelten, sich auch mal
umarmten, „Ha!“ riefen und „Ho!“ und am Ende des Tages hochzufrieden zu
Bett gehen würden.
Doch dann sitzt man drei Wellen später da und schaut auf die
Bundesligatabelle und ist doch sehr erstaunt, wie irgendjemand auf die Idee
kommen konnte, dass Profifußball ein steter Quell der Freude sein könnte.
Hoffnung machen nämlich geht so: Wann immer jemand von der allgemeinen
Düsternis der Zustände überwältigt zu werden droht, sagt man aufmunternde
Sätze wie „Wird bestimmt bald alles besser“, „Na ja gut, vielleicht wird…
nicht bald besser, aber viel schlimmer wird es nun sicher auch nicht mehr“
oder „So gesehen ist es doch ein Glück, dass wir sterblich sind und das
Elend nur noch ein paar Jahrzehnte und nicht etwa Jahrtausende lang
ertragen müssen.“
Der Fußball ist dagegen zum Verbreiten von Hoffnungen aller Art nur wenig
geeignet. Auch wenn man es in betont fröhlichem Tonfall ausspricht, zaubern
selbst sich nach diesem Spieltag anbietende Sätze wie „Immerhin bist du
nicht die Spielvereinigung Greuther Fürth“ oder „Was glaubst du erst, wie
sich Jan Morávek fühlt, der am Samstag aus drei Metern, drei Metern!
verschossen hat?“ keinerlei Sonnenstrahlen in eine von dunklen Wolken
überschattete düstere Welt. Das steht mal fest.
## Die meisten werden ja eh nie Meister
Gut, bei manchen Leuten funktioniert „Dafür werdet ihr diese Saison schon
wieder Meister, ist doch auch was“, aber das sind eben bayerische
Einzelfälle, denn die Mehrheit schaut auf die Tabelle und seufzt. Sehr
laut.
Dass alles hoffnungslos wie immer ist, taugt einfach nicht zur
Unterhaltung. Vor allem, wenn das Personal nicht mitspielt und außerhalb
der Stadien keine interessanten, glamourösen Skandale produziert, sondern
allerhöchstens [1][nicht geimpft] ist und dies dann auch noch mit derart
altbekanntem Unfug begründet, dass es damit selbst bei einer noch mehr als
gewöhnlich unter wenigen Teilnehmern leidenden „Querdenker“-Demo vermutlich
nicht ans Mikrofon gelassen würde. Das ist an sich natürlich nicht
schlecht, aber eben weit entfernt von der grenzenlosen, die Lebenslust
fördernden Begeisterung, die sich die Verantwortlichen ausgemalt hatten,
wenn nur weiter gekickt werden dürfe.
Und dabei haben wir noch gar nicht über den MSV Duisburg gesprochen, der
auch schon wieder so trost- und aussichtslos in Liga drei weit unten
rangiert. Monate, ach was, Mooonaaaate wird das alles noch dauern und das
nur, damit das passiert, was am Ende immer passiert, oder wenigstens
meistens. Und dann geht sicher auch noch der nette Erling Haaland weg, zu
irgendeinem Verein, mit dem er dann auch mal Meister wird. Kann man ja
verstehen, immer dieses am Saisonende bedröppelt dastehen ist nun wirklich
kein Lebensentwurf.
Aber vielleicht ändert sich ja alles, wenn die fünfte Welle kommt und der
Profifußball als Hort des Missvergnügens ausgemacht wurde und pausieren
muss. Dann hätte der Fußball wenigstens ausgiebig Zeit, hochwertige und
äußerst unterhaltsame Skandale zu produzieren oder auf Youtube einmal die
Woche lustige Kunststückchen vorzuführen. Kostenlos, für alle, und damit
wäre schon viel gewonnen.
5 Dec 2021
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## AUTOREN
Elke Wittich
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